Seit 1.1.2001 wird in der Rentenversicherung zwischen teilweiser und voller Erwerbsminderung unterschieden. Die Einstufung, ob teilweise oder volle Erwerbsminderung vorliegt, wird anhand der verbliebenen Arbeitskraft, dem sog. Restleistungsvermögen, für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beurteilt und hat entscheidende Auswirkungen auf die Höhe der Rente.
1.1 Volle Erwerbsminderung
Volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mind. 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Da bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgrund des Gesundheitszustands regelmäßig keine nennenswerte Erwerbstätigkeit mehr ausgeübt werden kann, hat diese Rente die Aufgabe, den Lebensunterhalt der versicherten Person auf Dauer zu sichern. Sie hat daher den Rentenartfaktor von 1,0 und ist unter Berücksichtigung der Zurechnungszeit der Höhe nach mit einer Altersrente vergleichbar.
1.2 Teilweise Erwerbsminderung
Teilweise Erwerbsminderung liegt vor, wenn Versicherten wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mind. 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist darauf ausgerichtet, dass die versicherte Person mit dem verbliebenen Restleistungsvermögen noch eine leistungsgerechte Erwerbstätigkeit ausübt. Sie ist demzufolge nur als Ausgleich für den niedrigeren Verdienst durch eine Teilzeittätigkeit oder eine schlechter bezahlte Tätigkeit gedacht. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist mit einem Rentenartfaktor von 0,5 nur halb so hoch wie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
1.3 Teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit
Da es nach der Reform zu den Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Jahr 2001 das Ziel war, langfristig keine Beurteilung von Berufsunfähigkeit mehr vorzunehmen, wird eine Berufsunfähigkeit aus Gründen des Vertrauensschutzes nur noch für Versicherte geprüft, die bei der Reform bereits 40 Jahre alt waren, also vor dem 2.1.1961 geboren sind. Besteht Anspruch auf eine solche Rente nach § 240 SGB VI, weil das Restleistungsvermögen im bisherigen Beruf und auch in sozial zumutbaren Verweisungstätigkeiten unter 6 Stunden täglich liegt, ist auch diese Rente nur halb so hoch wie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und damit niedriger als die "alte" Rente wegen Berufsunfähigkeit.
1.4 Arbeitsmarktrente
Die Frage, ob eine volle Erwerbsminderung vorliegt, ist auch von der Lage am Arbeitsmarkt abhängig. Der Rentenversicherungsträger prüft, ob die betroffene Person mit ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung überhaupt noch eine Chance auf dem Arbeitsmarkt hat (konkrete Betrachtungsweise). Dies wird nur bei einem Leistungsvermögen von 3 bis unter 6 Stunden geprüft, da bei einer unter 3-stündigen Leistungsfähigkeit ohnehin ein Anspruch auf volle Erwerbsminderungsrente besteht. Liegt neben der eingeschränkten Leistungsfähigkeit auch noch Arbeitslosigkeit vor, wird der Teilzeitarbeitsmarkt als verschlossen angesehen. Die betroffene Person kann das reduzierte Leistungsvermögen nicht in eine Erwerbstätigkeit umsetzen. Durch den als verschlossen geltenden Teilzeitarbeitsmarkt schlägt die teilweise Erwerbsminderung zu einem Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung durch.
1.5 Arbeitserprobung (Wiedereingliederungsversuch)
Bezieher einer Erwerbsminderungsrente können sich mind. 6 Monate lang ausprobieren, ob sie noch in der Lage sind, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, die über ihrem aktuellen Restleistungsvermögen liegt. Die Arbeitserprobung hat keinen negativen Einfluss auf den Rentenanspruch. Die gilt sowohl bei Bezug einer vollen als auch teilweisen Erwerbsminderungsrente.
Kontakt mit dem Rentenversicherungsträger aufnehmen
Auch wenn die Arbeitserprobung nicht explizit beim Rentenversicherungsträger beantragt werden muss, so ist dem Rentenversicherungsträger bei Bezug einer Erwerbsminderungsrente gleichwohl die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit mitzuteilen.
Handelt es sich um eine Arbeitserprobung mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit über dem der Erwerbsminderungsrente zugrunde liegenden Restleistungsvermögen, dann sollte auch dieser Aspekt dem Rentenversicherungsträger mitgeteilt werden.
Sollte eine längere Zeit erforderlich sein, um zuverlässig einschätzen zu können, ob eine Arbeitserprobung erfolgreich ist, kann selbst eine längere Arbeitserprobung als 6 Monate unschädlich für den Rentenanspruch sein. War die Arbeitserprobung erfolgreich, dann fällt die jeweilige Erwerbsminderungsrente mit Wirkung für die Zukunft weg.
Die während der Arbeitserprobung erzielten (höheren) Verdienste sind Hinzuverdienst und den maßgebenden Hinzuverdienstgrenzen gegenüberzustellen.
1.6 Wartezeit/Versicherungsrechtliche Voraussetzung
1.6.1 Allgemeine Wartezeit und 3/5-Belegung
Die Wartezeit ist erfüllt, wenn die versicherte Person die Mindestversicherungszeit von 5 Jahren zurückgelegt hat (allgemeine Wartezeit), bevor die Erwerbsminderung eingetreten ist. Darüber hinaus müssen als versicherungsrechtliche Voraussetzung in den letzten 5 ...