Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer. Arbeitszeitgestaltung. Wöchentliche Ruhezeit. Jahresurlaub. Bezahlter Sonderurlaub, der es ermöglicht, der Arbeit fernzubleiben, um bestimmten Bedürfnissen und Verpflichtungen nachzukommen
Normenkette
Richtlinie 2003/88/EG Art. 5, 7
Beteiligte
Federación de Trabajadores Independientes de Comercio (Fetico) |
Federación Estatal de Servicios, Movilidad y Consumo de la Unión General de Trabajadores (FESMC-UGT) |
Federación de Servicios de Comisiones Obreras (CCOO) |
Tenor
Die Art. 5 und 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung sind dahin auszulegen, dass sie nicht auf eine nationale Regelung anzuwenden sind, die es Arbeitnehmern nicht erlaubt, den in dieser Regelung vorgesehenen Sonderurlaub an Arbeitstagen der Arbeitnehmer in Anspruch zu nehmen, sofern die Bedürfnisse und Verpflichtungen, die dem Sonderurlaub zugrunde liegen, während der wöchentlichen Ruhezeit oder des bezahlten Jahresurlaubs im Sinne der genannten Artikel eintreten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof, Spanien) mit Entscheidung vom 3. September 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 20. September 2018, in dem Verfahren
Federación de Trabajadores Independientes de Comercio (Fetico),
Federación Estatal de Servicios, Movilidad y Consumo de la Unión General de Trabajadores (FESMC-UGT),
Federación de Servicios de Comisiones Obreras (CCOO)
gegen
Grupo de Empresas DIA SA,
Twins Alimentación SA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Kammerpräsidenten M. Vilaras, E. Regan (Berichterstatter), M. Safjan, S. Rodin und I. Jarukaitis, der Richterin C. Toader, der Richter D. Šváby und F. Biltgen, der Richterin K. Jürimäe sowie des Richters C. Lycourgos,
Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 2019,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Federación de Trabajadores Independientes de Comercio (Fetico), vertreten durch J. I. Quintana Horcajada und D. Cadierno Pájaro, abogados,
- der Federación Estatal de Servicios, Movilidad y Consumo de la Unión General de Trabajadores (FESMC-UGT), vertreten durch B. García Rodríguez und J. F. Pinilla Porlan, abogados,
- der Federación de Servicios de Comisiones Obreras (CCOO), vertreten durch P. Caballero Marcos, abogada,
- der Grupo de Empresas DIA SA und der Twins Alimentación SA, vertreten durch A. I. Pérez Hernández, abogada,
- der spanischen Regierung, vertreten durch L. Aguilera Ruiz als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch N. Ruiz García und M. van Beek als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. Dezember 2019
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 5 und 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. 2003, L 299, S. 9).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen Gewerkschaften, und zwar der Federación de Trabajadores Independientes de Comercio (Fetico), der Federación Estatal de Servicios, Movilidad y Consumo de la Unión General de Trabajadores (FESMC-UGT) und der Federación de Servicios de Comisiones Obreras (CCOO), auf der einen Seite sowie der Unternehmensgruppe DIA SA und der Twins Alimentación SA auf der anderen Seite wegen kollektivarbeitsrechtlichen Streitigkeiten über die Voraussetzungen, unter denen der in Art. 46 des Convenio colectivo del grupo de empresas Dia SA y Twins Alimentación SA (Tarifvertrag für die Unternehmensgruppe Dia SA und Twins Alimentación SA) vom 13. Juli 2016 (im Folgenden: Tarifvertrag vom 13. Juli 2016), registriert und veröffentlicht durch die Resolución de la Dirección General de Empleo (Beschluss der Generaldirektion Beschäftigung) vom 22. August 2016 (BOE Nr. 212 vom 2. September 2016, S. 63357), vorgesehene bezahlte Sonderurlaub zu gewähren ist.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 2003/88
Rz. 3
Im fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/88 heißt es:
„Alle Arbeitnehmer sollten angemessene Ruhezeiten erhalten. Der Begriff ‚Ruhezeit’ muss in Zeiteinheiten ausgedrückt werden, d. h. in Tagen, Stunden und/oder Teilen davon. Arbeitnehmern in der [Union] müssen Mindestruhezeiten – je Tag, Woche und Jahr – sowie angemessene Ruhepausen zugestanden werden. In diesem Zusammenhang muss auch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit festgelegt werden.”
Rz. 4
Art. 1 Abs. 1 und 2 der Richtlinie sieht vor:
„(1) Diese Richtli...