Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Begriff ‚für die Verarbeitung Verantwortlicher’. Betreiber einer Website, der in diese ein Social Plugin eingebunden hat, das die Weitergabe personenbezogener Daten des Besuchers dieser Website an den Anbieter des Plugins erlaubt. Zulässigkeit der Verarbeitung von Daten. Berücksichtigung des Interesses des Betreibers der Website oder des Interesses des Anbieters des Social Plugins. Einwilligung der betroffenen Person. Information der betroffenen Person. Nationale Regelung, wonach Verbände zur Wahrung von Verbraucherinteressen klagebefugt sind
Normenkette
Richtlinie 95/46/EG Art. 2 Buchst. d, Art. 7 Buchst. f, Art. 2 Buchst. h, Art. 7 Buchst. a, Art. 10
Beteiligte
Verbraucherzentrale NRW e. V |
Tenor
1. Die Art. 22 bis 24 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung, die es Verbänden zur Wahrung von Verbraucherinteressen erlaubt, gegen den mutmaßlichen Verletzer von Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten Klage zu erheben, nicht entgegenstehen.
2. Der Betreiber einer Website wie die Fashion ID GmbH & Co. KG, der in diese Website ein Social Plugin einbindet, das den Browser des Besuchers dieser Website veranlasst, Inhalte des Anbieters dieses Plugins anzufordern und hierzu personenbezogene Daten des Besuchers an diesen Anbieter zu übermitteln, kann als für die Verarbeitung Verantwortlicher im Sinne von Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 95/46 angesehen werden. Diese Verantwortlichkeit ist jedoch auf den Vorgang oder die Vorgänge der Verarbeitung personenbezogener Daten beschränkt, für den bzw. für die er tatsächlich über die Zwecke und Mittel entscheidet, d. h. das Erheben der in Rede stehenden Daten und deren Weitergabe durch Übermittlung.
3. In einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, in der der Betreiber einer Website in diese Website ein Social Plugin einbindet, das den Browser des Besuchers dieser Website veranlasst, Inhalte des Anbieters dieses Plugins anzufordern und hierzu personenbezogene Daten des Besuchers an diesen Anbieter zu übermitteln, ist es erforderlich, dass der Betreiber und der Anbieter mit diesen Verarbeitungsvorgängen jeweils ein berechtigtes Interesse im Sinne von Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 wahrnehmen, damit diese Vorgänge für jeden Einzelnen von ihnen gerechtfertigt sind.
4. Art. 2 Buchst. h und Art. 7 Buchst. a der Richtlinie 95/46 sind dahin auszulegen, dass in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, in der der Betreiber einer Website in diese Website ein Social Plugin einbindet, das den Browser des Besuchers dieser Website veranlasst, Inhalte des Anbieters dieses Plugins anzufordern und hierzu personenbezogene Daten des Besuchers an diesen Anbieter zu übermitteln, die nach diesen Vorschriften zu erklärende Einwilligung von dem Betreiber nur in Bezug auf den Vorgang oder die Vorgänge der Verarbeitung personenbezogener Daten einzuholen ist, für den bzw. für die dieser Betreiber tatsächlich über die Zwecke und Mittel entscheidet. Darüber hinaus ist Art. 10 dieser Richtlinie dahin auszulegen, dass in einer solchen Situation auch die in dieser Bestimmung vorgesehene Informationspflicht den Betreiber trifft, wobei dieser die betroffene Person jedoch nur in Bezug auf den Vorgang oder die Vorgänge der Verarbeitung personenbezogener Daten informieren muss, für den bzw. für die dieser Betreiber tatsächlich über die Zwecke und Mittel entscheidet.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberlandesgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 19. Januar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Januar 2017, in dem Verfahren
Fashion ID GmbH & Co. KG
gegen
Verbraucherzentrale NRW e. V.,
beteiligt:
Facebook Ireland Ltd,
Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zweiten Kammer, der Richterinnen A. Prechal und C. Toader sowie der Richter A. Rosas (Berichterstatter) und M. Ilešič,
Generalanwalt: M. Bobek,
Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. September 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Fashion ID GmbH & Co. KG, vertreten durch die Rechtsanwälte C.-M. Althaus und J. Nebel,
- der Verbraucherzentrale NRW e. V., vertreten durch die Rechtsanwälte K. Kruse, C. Rempe und S. Meyer,
- der Facebook Ireland Ltd, vertreten durch die Rechtsanwälte H.-G. Kamann, C. Schwedler und M. Braun sowie I. Perego, avvocatessa,
- der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfrei...