(1) § 9 Abs. 1 AÜG ergänzt die gewerberechtlichen Vorschriften über die Erlaubnispflicht nach § 1 AÜG und die Versagungsgründe nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AÜG durch zivilrechtliche Regelungen, um ein gesetzmäßiges Verhalten von Verleihern und Entleihern zu erreichen. Ferner werden Wettbewerbsabreden zum Nachteil des Leiharbeitnehmers für unwirksam erklärt.
(2) Die BA ist nicht befugt, sich hieraus ergebende Fragen zu klären. Anfragende sind auf die Möglichkeit, sich an die Angehörigen der rechtsberatenden Berufe sowie Gewerkschaften und Verbände zu wenden, hinzuweisen.
(3) Ergeben sich aus dem Auskunftsersuchen Hinweise für Verstöße gegen das AÜG, ist diesen nachzugehen. Gleiches gilt für Anhaltspunkte für Verstöße gegen das AÜG, die sich aus der Vorlage einer Festhaltenserklärung bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 9 Abs. 2 AÜG ergeben.
(4) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG sind die Überlassungsverträge und Arbeitsverträge mit Leiharbeitskräften unwirksam, wenn der Verleiher nicht die erforderliche Erlaubnis nach § 1 AÜG besitzt. Diese Vorschrift greift nur ein, wenn die Erlaubnis tatsächlich nicht vorliegt. Die Geschäftstätigkeit im Rahmen der Abwicklungsfrist wird hiervon nicht erfasst.
(4a) Wird ein Leiharbeitnehmer aus dem Ausland nach Deutschland überlassen und ist der ausländische Verleiher nicht im Besitz einer deutschen Erlaubnis, führt das nicht zur Unwirksamkeit des Leiharbeitsvertrages nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG, wenn das Leiharbeitsverhältnis dem Recht eines anderen Mitgliedsstaats der EU unterliegt (BAG-Urteil vom 26.04.2022 – 9 AZR 228/21). Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 AEntG gelten nationale Regelungen nur dann vorrangig, wenn sie die Bedingungen "für" die Überlassung von Leiharbeitskräften regeln. Dazu zählen nationale Regelungen, die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen von Leiharbeitnehmern oder gewerbe- bzw. erlaubnisrechtliche Voraussetzungen der Arbeitnehmerüberlassung regeln. Nationale Regelungen, die wie § 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG den Bestand des Leiharbeitsverhältnisses betreffen, fallen nicht darunter. § 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG ist auch keine Eingriffsnorm im Sinne von Art. 9 Abs. 1 ROM I-VO.
(5) § 1 Abs. 1 Satz 5 und 6 AÜG bestimmen das Pflichtenprogramm, welches vor Einsatz des Leiharbeitnehmers zu erfüllen ist. So ist der Vertrag zwischen Ver- und Entleiher ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zu bezeichnen und die Leiharbeitskraft zu konkretisieren. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG sind Arbeitsverträge mit Leiharbeitskräften unwirksam, wenn dieses Pflichtenprogramm nicht vollständig erfüllt ist.
(6) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG werden Arbeitsverträge mit Leiharbeitskräften ab dem Zeitpunkt unwirksam, zu dem die zulässige Überlassungshöchstdauer nach § 1 Abs. 1b AÜG überschritten wird.
(7) In den Fällen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis 1b AÜG wird dem Leiharbeitnehmer ein Widerspruchsrecht eingeräumt. Die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrags tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer schriftlich und fristgerecht gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem Vertrag festhalten will (Festhaltenserklärung). Die Erklärung kann nach § 9 Abs. 3 Satz 1 AÜG erst während des Laufs der jeweiligen Monatsfrist wirksam abgegeben werden.
(8) Die Abgabe einer Festhaltenserklärung hat nur zivilrechtliche Folgen und kann eine rechtswidrige Überlassung weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft legalisieren. Verstöße gegen § 1 Abs. 1 Satz 1, Satz 5 und 6 oder Abs. 1b AÜG können demzufolge auch bei Abgabe einer Festhaltenserklärung mit einer Ordnungswidrigkeit geahndet werden und erlaubnisrechtliche Maßnahmen begründen. Auch kommt es nach § 9 Abs. 3 Satz 2 AÜG trotz Abgabe der Festhaltenserklärung zu einer Unwirksamkeit des Leiharbeitsverhältnisses nach § 9 AÜG, wenn die rechtswidrige Überlassung nach der Festhaltenserklärung fortgesetzt wird. Eine erneute Festhaltenserklärung ist nach § 9 Abs. 3 Satz 3 AÜG unwirksam.
(9) § 9 Abs. 2 AÜG beschreibt weitere Voraussetzungen für eine wirksame Festhaltenserklärung. Die Tätigkeit der Agentur für Arbeit beschränkt sich insoweit darauf, auf der schriftlichen Erklärung das Datum der Vorlage und die Feststellung der Identität des persönlich erschienenen Leiharbeitnehmers zu vermerken. Für die fristwahrende Übermittlung der Erklärung an den Verleiher oder den Entleiher ist der Leiharbeitnehmer selbst verantwortlich.
(10) § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis 1b AÜG ist über § 10a AÜG entsprechend anzuwenden, wenn der Leiharbeitnehmer entgegen § 1 Abs. 1 Satz 3 AÜG von einem anderen als seinem vertraglichen Arbeitgeber verliehen wird (vgl. FW 1.1.2 Abs. 11f) und der Weiterverleiher dabei gegen die Erlaubnispflicht, die Überlassungshöchstdauer oder die Offenlegungspflicht verstößt.
(11) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 AÜG sind Vereinbarungen unwirksam, die für den Leiharbeitnehmer schlechtere als die ihm nach § 8 AÜG zustehenden Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgeltes vorsehen. Die Unwirksamkeit einer solchen Vereinbarung führt nicht zur Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages i...