Zusammenhang mit Wirtschaftlichkeit (96.23)
(1) Die Unvermeidbarkeit des Arbeitsausfalls muss im Zusammenhang mit der Wirtschaftlichkeit (Kostenbelastung) für den Arbeitgeber gesehen werden. Eine Kurzarbeitsphase bringt nicht nur eine Entlastung bei den Lohnkosten mit sich, sondern bedingt auch eine erhebliche finanzielle Belastung für den Betrieb bei der alleinigen Kostenübernahme von 80% der auf die Ausfallzeit entfallenden Sozialversicherungsbeiträge, dies auch vor dem Hintergrund einer verminderten Ertragslage. Bereits aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass der Betrieb bestrebt sein wird, den Arbeitsausfall im unumgänglichen Umfang zu reduzieren.
Schadensminderungspflicht (96.24)
(2) Um die Unvermeidbarkeit gemäß § 96 Abs. 4 Satz 1 sicherzustellen, hat der Betrieb vor Beginn und während des Arbeitsausfalls alles in seiner Kraft Stehende zu unternehmen, um den Arbeitsausfall zu vermindern oder zu beheben. Unterlässt es der Betrieb, geeignete und wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen durchzuführen, die den Arbeitsausfall mit Wahrscheinlichkeit abgewendet hätten, so entfällt die Gewährung von Kug (BSG vom 21.02.1991 – 7 RAr 20/90). Die darin zum Ausdruck kommende Schadensminderungspflicht trifft nicht nur den Arbeitgeber, sondern auch die Betriebsvertretung und den einzelnen Arbeitnehmer (z.B. 2.7.2). Dies gilt auch in Fällen, in denen der Arbeitsausfall auf einem unabwendbaren Ereignis beruht (vgl. 2.3). Die wirtschaftliche Zumutbarkeit ist zu beachten. Einem Arbeitgeber darf nicht abverlangt werden, was die betrieblichen Strukturen wirtschaftlich nicht zulassen (siehe vorstehende Rechtsprechung). Eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit kann auch vorliegen, wenn die kurzfristige Liquidität des Arbeitgebers durch die Maßnahme zur Vermeidung der Kurzarbeit (z.B. Vorfinanzierung von Minusguthaben) gefährdet ist.
Maßnahmen zur Vermeidung von Arbeitsausfällen (96.25)
(3) Zur Vermeidung des Arbeitsausfalls kommen insbesondere folgende betriebliche Maßnahmen in Betracht:
1. |
Arbeit auf Lager, soweit dies räumlich und wirtschaftlich vertretbar ist; |
2. |
rechtzeitige und ausreichende Beschaffung von Rohstoffen oder von Heiz- oder Betriebsstoffen; |
3. |
wirtschaftlich zumutbare Umstellung auf andere Energiequellen oder Transportwege (z.B. Schiene statt Straße) bei Heiz- oder Betriebsstoffmangel; |
4. |
Umsetzung der Kurzarbeiter in andere, vollarbeitende Betriebsabteilungen, soweit dies arbeitsrechtlich zulässig und betriebstechnisch möglich ist; |
5. |
Aufräumungs-, Instandsetzungs- oder Füllarbeiten (vgl. hierzu jedoch 1.2.5 Abs. 4). |
Nicht einzufordern ist dagegen,
a) |
die Freistellung von Zeitarbeitnehmern, die im kurzarbeitenden Betrieb beschäftigt werden bzw. |
b) |
das Auslaufenlassen von befristeten Beschäftigungsverhältnissen (vgl. 4.2 Abs. 3). |
Vor- oder Nacharbeit (96.26)
(4) Vor- oder Nacharbeit widerspricht im Allgemeinen der Unvermeidbarkeit des Arbeitsausfalls. Wird jedoch die Arbeitszeit im Rahmen der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) verlegt, steht dies der Unvermeidbarkeit des Arbeitsausfalls jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Betriebsvereinbarung über die Verlegung der Arbeitszeit abgeschlossen worden ist, als Kurzarbeit noch nicht geplant war. Zum Beispiel wird in einer gemeinsamen Erklärung der Tarifvertragsparteien des GaLaBau vom 03.06.2013 dargelegt, "… dass sowohl gem. § 4 als auch § 4a des BRTV GaLaBau die Arbeitszeit auf Samstage verteilt werden kann. Die Aufzählung der Arbeitstage "Montag bis Freitag" in § 4a Nr. 1.2 Satz 1 BRTV GaLa-Bau dient ausschließlich der Berechnung des Jahresarbeitszeitsolls."
Begrenzung auf betroffene Bereiche (96.27)
(5) Arbeitnehmer, deren Arbeitsplatz weder unmittelbar noch mittelbar vom Arbeitsausfall betroffen ist, können kein Kug erhalten (z.B. die Bereiche Forschung und Entwicklung, wenn nur die Produktion von Kurzarbeit betroffen ist). Solidaritätserwägungen rechtfertigen ebenfalls nicht die Einbeziehung dieser Personenkreise in die Kurzarbeit.
Auszubildende (96.28)
(6) Auszubildende sind grundsätzlich zum Kug zugelassen. Aufgrund der besonderen Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses wird Kurzarbeit für diesen Personenkreis faktisch ausgeschlossen, vgl. 1.2.4.
besondere Personengruppen (96.29)
(7) Bei bestimmten Personengruppen (z.B. Akquisiteure und Fremd-Geschäftsführer) ist der Arbeitsausfall vermeidbar, da es gerade deren Aufgabe ist, (neue) Kunden zu finden, um die Kurzarbeit zu vermindern oder zu beenden. Hier trifft die Schadensminderungspflicht insbesondere den Arbeitnehmer. Die Einbeziehung dieses Personenkreises in Kurzarbeit ist nur in Ausnahmefällen (z.B. bei einem unabwendbaren Ereignis, wie Fabrikbrand) begründbar.