Zusammenfassung
Die gesetzlichen Reisekostenbestimmungen verzichten auf unterschiedliche Reisekostenarten. Sämtliche reisekostenrechtlich relevanten Auswärtssachverhalte (Dienstreise, Einsatzwechseltätigkeit, Fahrtätigkeit) werden unter dem gemeinsamen Reisekostenbegriff "berufliche Auswärtstätigkeit" zusammengefasst. Eine berufliche Auswärtstätigkeit liegt immer dann vor, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig wird.
Der Reisekostenbegriff umfasst auch Arbeitnehmer, die bei ihrer individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise auf einem Fahrzeug tätig sind. Hauptsächlich davon betroffen sind Berufskraftfahrer, aber auch Zug- oder Lokführer sowie das jeweilige Begleitpersonal. Die Reisekosten, die einem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Fahrtätigkeit entstehen, kann der Arbeitgeber steuerfrei erstatten.
Arbeitsrecht: Arbeitsrechtliche Rechtsquellen sind die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 v. 15.3.2006 (ABl. L 102/1 v. 11.4.2006), die Verordnung (EG) Nr. 1073/2009 v. 21.10.2009, die Verordnung (EU) 165/2014, das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), das Fahrpersonalgesetz, die Fahrpersonalverordnung v. 27.6.2005 (BGBl. I S. 1882) und das Europäische Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR) v. 1.7.1970 (BGBl. 1974 II S. 1473).
Lohnsteuer: § 3 Nr. 13 EStG (öffentlicher Dienst) und § 3 Nr. 16 EStG (Privatwirtschaft) regeln den Umfang des steuerfreien Arbeitgeberersatzes. Das BMF-Schreiben v. 25.11.2020, IV C 5 - S 2353/19/10011 :006, BStBl 2020 I S. 1228, gibt Antworten und Hilfestellung für die in der Lohnsteuerpraxis bedeutsamen Reisekostenfragen.
Sozialversicherung: § 14 Abs. 1 SGB IV definiert das zur Beitragspflicht in der Sozialversicherung heranzuziehende Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung. In § 1 Abs. 1 Satz 1 SvEV ist normiert, unter welchen Bedingungen bestimmte Entgeltbestandteile kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt darstellen. § 23a Abs. 1 SGB IV legt fest, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Auswirkungen Arbeitsentgelt als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt zu betrachten ist.
Entgelt |
LSt |
SV |
Fahrtätigkeit als berufliche Auswärtstätigkeit |
frei |
frei |
Fahrtkostenerstattung für Fahrten zur Fahrzeugübernahme |
frei |
frei |
Erstattung von Verpflegungspauschalen |
frei |
frei |
Übernachtungskosten in tatsächlicher Höhe oder Pauschbetrag von 20 EUR pro Übernachtung |
frei |
frei |
Arbeitsrecht
1 Arbeitsrechtliche Definition
Als Fahrtätigkeit wird eine berufliche Tätigkeit von Arbeitnehmern bezeichnet, die ihre regelmäßige Arbeitsstätte in einem Fahrzeug haben. Verbringt der Arbeitnehmer durchschnittlich mehr als 80 % seiner vertraglichen Arbeitszeit im Fahrzeug, kann im Regelfall von einer Fahrtätigkeit ausgegangen werden. Tätigkeiten an einem ortsfesten Arbeitsplatz, wie das Be- und Entladen des Fahrzeugs oder der Bereitschaftsdienst gehören nicht dazu.
Ob und inwieweit ein Mitarbeiter zur Fahrtätigkeit verpflichtet ist, ergibt sich aus den getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen sowie dem Direktionsrecht des Arbeitgebers.
2 Lenk- und Ruhezeiten
Für die Lenk-, Pausen- und Ruhezeiten können neben dem nationalen Recht – hier ist vor allem § 21a ArbZG zu beachten – auch europäische Regelungen, insbesondere die VO (EG) Nr. 561/2006 eingreifen.
2.1 Arbeitszeitrecht EG-Recht
Für alle innergemeinschaftlichen Beförderungen auf Personen- oder Lastkraftwagen (leer oder beladen) auf öffentlichen Straßen findet die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 vom 15.3.2006 Anwendung. Diese Verordnung gilt für
- die Güterbeförderung mit Fahrzeugen, deren zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt,
- die Personenbeförderung mit Fahrzeugen für die Beförderung von mehr als 9 Personen einschließlich des Fahrers.
Sie gilt hingegen nicht für Fahrzeuge, die zur Personenbeförderung im Linienverkehr verwendet werden, wenn die Linienstrecke nicht mehr als 50 km beträgt, nicht für Fahrzeuge mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 40 km/h, ferner nicht für diverse Fahrzeuge, die öffentlich-rechtliche Versorgungsleistungen zu erbringen haben.
Ausnahmen: Handwerkerklausel
Nach der Handwerkerklausel gilt die Verordnung nicht für Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen mit einer zulässigen Höchstmasse von nicht mehr als 7,5 Tonnen, wenn sie die folgenden Bedingungen erfüllen: