rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungen aus Chefarzt-Pool als steuerfreie Trinkgelder. Fahrtkosten eines Oberarztes als Werbungskosten
Leitsatz (redaktionell)
1. Poolvergütungen, die ein Oberarzt für seine Leistungen an einen Chefarzt erhält, sind keine steuerfreien Trinkgelder nach § 3 Nr. 51 EStG.
2. Aufwendungen für Fahrten zur Rufbereitschaft eines Oberarztes, die zusätzlich zu dem regulären Dienst geleistet werden, können nicht als Werbungskosten abgesetzt werden.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 51, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 Sätze 1-2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Fahrtkosten eines Oberarztes zum Krankenhaus im Rahmen der Rufbereitschaft als Werbungskosten abziehbar sind, sowie ob Vergütungen, die ein angestellter Arzt aus einem Chefarzt-Pool erhält, als Trinkgelder steuerfrei sind.
Der in A. wohnhafte Kläger war im Streitjahr 2005 zunächst als Assistenzarzt in einem Krankenhaus in B. und sodann ab März im Krankenhaus C. abhängig beschäftigt. Mittels Änderungsvertrages zum Arbeitsvertrag vom 17. Juni 2005 (Bl. 41 der Akten) wurde der Kläger ab dem 1. Juli 2005 als Oberarzt der Abteilung für Anästhesie weiterbeschäftigt. Er wurde aber bereits zuvor als Oberarzt behandelt und erbrachte deshalb seit März 2005 die Rufbereitschaft. Diese zeichnete sich dadurch aus, dass der Kläger außerhalb seiner regulären Dienstzeiten (montags bis freitags von 7.30 Uhr bis 16.00 Uhr) sich bei Bedarf an seinen Arbeitsplatz begeben musste. Fahrtkostenersatz erhielt er von seinem Arbeitgeber hierfür nicht. Bezüglich der Anzahl der Fahrten pro Tag wird auf die Anlage zur Einkommensteuererklärung (Bl. 46 der Akten) Bezug genommen.
Von welchem Ort aus der Kläger jeweils die Fahrt zum Krankenhaus im Rahmen der Rufbereitschaft antrat, konnte von ihm nicht mehr ermittelt werden. In den allermeisten Fällen fahre er im Falle eines Anrufs von zuhause aus mit dem Pkw in die Klinik. Die Beteiligten haben sich dahingehend verständigt, dass der Kläger jeweils 16 Entfernungskilometer zum Rufdienst zurückgelegt hat. Zu der Frage, an welchen bzw. an wie vielen Tagen der Kläger bezüglich des Rufdienstes zur Klinik gefahren ist, an denen er frei hatte, d.h. nicht schon einmal im Wege des regulären Arbeitsdienstes dorthin gefahren war, wird auf Anlage 2 des Schriftsatzes vom 21. Januar 2009 Bezug genommen (22 Tage).
In der Einkommensteuererklärung 2005, eingegangen beim Beklagten am 16. Mai 2006, beantragte der Kläger die Berücksichtigung von 172 Fahrten im Rahmen der Rufbereitschaft. Im Einkommensteuerbescheid vom 17. Juli 2006 berücksichtigte der Beklagte 30 Fahrten, so dass der Kläger im Rahmen der Klage folgende zusätzliche Werbungskosten geltend macht:
142 × 16 km × 0,30 EUR/km = |
681,60 EUR |
In diesem Bescheid berücksichtigte das Finanzamt u.a. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 EUR als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit. Die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit dieser Kosten stellt das Finanzamt im Klageverfahren nunmehr in Abrede (vgl. unten).
Des Weiteren wurden als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit ein Abzugsbetrag bezüglich eines Palm-Organizers als geringwertiges Wirtschaftsgut in Höhe von 424,91 EUR und zusätzlich diesbezügliche Abschreibung für Abnutzung (AfA) in Höhe von 213 EUR berücksichtigt. Im Rahmen des Klageverfahrens erzielten die Beteiligten Übereinstimmung darüber, dass der AfA-Betrag nicht als Werbungskosten zusätzlich berücksichtigungsfähig ist.
Der Einspruch des Klägers gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 17. Juli 2006 ging am 28. Juli 2006 beim Finanzamt ein. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens trug der Kläger vor, er habe im Streitjahr einen Betrag von 1.894,03 EUR als sog. Chefarztvergütung bezogen, die er als steuerfreie Trinkgelder behandelt haben wolle. Diese Beträge seien vom Krankenhaus, also nicht vom Chefarzt selbst, überwiesen worden und auf den Gehaltsabrechnungen des Krankenhauses ausgewiesen. Die Poolvergütung sei nicht Bestandteil der Gehaltszahlungen, die der Kläger von seinem Arbeitgeber erhalte; die Zahlung über das Krankenhaus sei eine organisatorische Maßnahme der Krankenhausverwaltung. Schriftliche Vereinbarungen bzw. Beziehungen zwischen dem Kläger und dem Chefarzt gebe es nicht. Der Kläger sei nach seinem Dienstvertrag verpflichtet, auch dem Chefarzt zur Verfügung zu stehen. Diese Tätigkeit sei mit der Vergütung, die der Kläger von seinem Arbeitgeber, dem Krankenhaus erhalte, abgegolten. Er habe keinen Rechtsanspruch auf eine Zusatzvergütung für seine Tätigkeit für den Chefarzt. Dieser zeige sich dem Kläger gegenüber für dessen Mitarbeit dadurch erkenntlich, dass er ihm eine Vergütung von sich aus, d.h. nicht vom Krankenhaus und auch nicht auf dessen Rechnung, freiwillig zukommen lasse.
Am 9. Februar 2007 erging ein Teilabhilfebescheid, der die oben geschilderten Sachverhalte unberührt ließ.
Der Einspruch wurde in der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2007 (Mon...