rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Schätzung der ortsüblichen Miete für eine Wohnung in einem Zweifamilienhaus in Berlin
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Schätzung der ortsüblichen Miete für eine in einem Zweifamilienhaus in Berlin belegene Wohnung ist auf Grundlage des Berliner Mietspiegels vorzunehmen, auch wenn Wohnungen in Zweifamilienhäusern nicht in seinen Anwendungsbereich fallen.
2. Es ist auf den Erhebungsstichtag, nicht auf den Veröffentlichungszeitpunkt des Mietspiegels abzustellen, wobei keine unterjährige, nach einzelnen Monaten differenzierende, sondern eine ganzjährige Betrachtungsweise geboten ist.
3. Findet sich im Mietspiegel selbst eine Anleitung zur Spanneneinordnung, so ist diese vorzunehmen und nicht eine Schätzung anhand des unteren Spannenendes.
4. Beim Berliner Mietmarkt 2013 und 2014 ist für Wohnungen in Zweifamilienhäusern kein Zuschlag auf die Werte des Berliner Mietspiegels vorzunehmen.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 2; AO § 162
Tenor
Die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 vom 23.12.2015, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2019 und für 2013 erneut geändert mit Bescheid vom 30.01.2020, werden dahingehend geändert, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Ehemannes im Jahr 2013 statt in Höhe von ./. 1.843 EUR nunmehr in Höhe von ./. 2.642 EUR und im Jahr 2014 statt in Höhe von 0 EUR nunmehr in Höhe von ./. 2.751 EUR zugrunde gelegt werden.
Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Von den Kosten des Verfahrens tragen die Kläger 69 %, der Beklagte 31 %.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten nach Beseitigung anderer Streitpunkte noch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wegen einer vom beklagten Finanzamt – FA – angenommenen verbilligten Vermietung einer in einem Zweifamilienhaus gelegenen Wohnung an die Schwester des Klägers um zahlreiche Einzelfragen im Rahmen der Bestimmung der ortsüblichen Marktmiete gemäß § 21 Abs. 2 Einkommensteuergesetz – EStG – sowie weiter um die Abgrenzung von Herstellungskosten und Erhaltungsaufwand bei Aufwendungen für Bauarbeiten an einem Schuppen.
Bei der Bestimmung der ortsüblichen Miete ist insbesondere streitig, ob bei der Herleitung der ortsüblichen Miete aus dem Berliner Mietspiegel, der nach seinem Geltungsbereich nur für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, nicht in Ein- und Zweifamilienhäusern, anwendbar ist, für Wohnungen in Zweifamilienhäusern gegenüber solchen in Mehrfamilienhäusern ein Zuschlag angebracht ist, ggf. ein absoluter oder ein relativer und in welcher Höhe, ferner ob in Bezug auf die im Mietspiegel angegeben Spanne der untere Wert zugrunde zu legen ist oder aber – weil im Mietspiegel selbst Merkmale für die Spanneneinordnung angegeben sind, die im Mietrecht beachtet werden – die sich aus dieser Spanneneinordnung ergebende Miete, und schließlich, welcher Mietspiegel in zeitlicher Hinsicht anzuwenden ist mit Blick auf Erhebungsstichtag oder Veröffentlichung der in Berlin alle zwei Jahre erscheinenden Mietspiegel.
Nach Vorlage der Barquittungen während des Klageverfahrens macht das FA nicht mehr geltend, dass das Mietverhältnis nicht fremdüblich sei. Nach Beweiserhebung im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter macht das FA nicht mehr geltend, die von der Mieterin vorgenommene Mietminderung wegen Lärm und Staub aufgrund von Baumaßnahmen sei unangemessen gewesen. Soweit zwischenzeitlich im Wege der Klageerweiterung auch der Bescheid über Zinsen zur Einkommensteuer – ESt – 2013 angefochten war, haben die Kläger nach Hinweis des Berichterstatters die Klage wieder zurückgenommen.
I.1.
Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute. Sie haben das Zweifamilienhaus in Berlin, D…-straße, im Jahr 2005 erbaut. Die Wohnung im Erdgeschoss, nach Anbau ca. 114 m², bewohnen sie selbst mit ihren beiden Kindern, die Wohnung im 1. OG, nach Anbau 116,51 m², ist seit 2005 vermietet an die Schwester E… des Klägers, anfänglich auch an deren Ehemann bis zur Trennung. Infolge eines Mieterhöhungsverlangens von Dezember 2011 beträgt die Kaltmiete seit 01.03.2012 und damit in den Streitjahren 2013 und 2014 596,53 EUR. Für Betriebs- und Heizkosten sind monatliche Vorauszahlungen zu leisten, über die jährlich abgerechnet wird. Bei dieser Gelegenheit werden die Vorauszahlungen entsprechend angepasst (vgl. die Abrechnungen 2013 bis 2015 für 2012 bis 2014 und die tabellarischen Zusammenstellungen für 2013 und 2014).
2.a)
In Berlin werden in zweijährigem Turnus von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Mietspiegel erstellt und veröffentlicht, und zwar als qualifizierte Mietspiegel gemäß § 558d Abs. 1 BGB. Die Berliner Mietspiegel 2011, 2013 und 2015 geben ein...