rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Entfernungspauschale für Fahrten eines Gerichtsvollziehers zwischen Wohnung und Amtsgericht. Abgeltung der Ausgaben des Gerichtsvollziehers für Drucker und Computer durch Bürokostenentschädigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Muss ein Gerichtsvollzieher, der ein Geschäftszimmer in seiner Wohnung unterhält, nach der für ihn geltenden Dienstvorschrift täglich das Amtsgericht aufsuchen, bei dem er beschäftigt ist, um u.a. seine Vollstreckungsaufträge und sonstige Post abzuholen, so ist das Amtsgericht eine „Arbeitsstätte” im Sinne von § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG. Wird die Entfernungspauschale für Fahrten von der Wohnung zum Amtsgericht geltend gemacht, ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte maßgebend.
2. Da die Fahrten des Gerichtsvollziehers von der Wohnung zum Amtsgericht weder durch die vom Arbeitgeber gezahlte pauschale Bürokostenerstattung noch durch das „Wegegeld” mit abgedeckt werden, ist ein Steuerabzug der Entfernungspauschale nicht durch § 3c EStG ausgeschlossen.
3. Die Ausgaben eines Gerichtsvollziehers für Drucker und Computer in seinem Geschäftszimmer sind auch dann durch die nach der Verordnung zur Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher gezahlte pauschale Aufwandsentschädigung abgegolten und können deswegen nicht als Werbungskosten abgezogen werden, wenn der Gerichtsvollzieher eine Bürokraft beschäftigt und diese die Geräte nutzt. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Vollzieher nicht nachweist, dass seine tatsächlichen Bürokosten der Höhe nach die pauschale Aufwandsentschädigung übersteigen.
Normenkette
GVEntSchV §§ 1, 5 Sätze 1-2; EStG 1999 §§ 3c, 3 Nr. 13 S. 1, Nr. 12, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, S. 1; GvKostG 2001 § 9
Tenor
Abweichend von dem Bescheid vom 24.09.2001 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 27.09.2002 wird die Einkommensteuer 2000 unter Berücksichtigung von weiteren Werbungskosten in Höhe von 1.390,10 EUR (= 2.718,80 DM) festgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berechnung der Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 Finanzgerichtsordnung – FGO – dem Beklagten übertragen.
Die bis zum 20.10.2005 entstandenen Kosten des Verfahrens werden zu 27% den Klägern und zu 73% dem Beklagten auferlegt. Die danach entstandenen Kosten des Verfahrens werden zu 16% den Klägern und zu 84% dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die Klägerin als Obergerichtsvollzieherin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000 machte die Klägerin Werbungskosten unter anderem für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem privaten PKW geltend, und zwar bis zum 21.11.2000 von der Wohnung in L. (a) und ab dem 22.11.2000 von der neuen Wohnung in M. (b) jeweils zum Amtsgericht N., O.-Strasse. 3. Angegeben wurden
- 232 Tage bei einer einfachen Entfernung von 17 km sowie
- 28 Tage bei einer einfachen Entfernung von 22 km.
Weitere Werbungskosten machte sie unter anderem geltend in Höhe von
- 353,80 DM AfA für Drucker (wie Vorjahr) und
- 349,50 DM AfA für Computer (wie Vorjahr).
Mit Bescheid vom 24.09.2001 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2000 auf 19.514,– DM fest. Dabei erkannte er weder die angeführten Fahrten zum Amtsgericht noch die bezeichneten Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin an. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Den hiergegen erhobenen Einspruch der Kläger vom 24.10.2001, der nicht begründet wurde, wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 27.09.2002 zurück. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Mit der am 28.10.2002 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Soweit in der Klageschrift das Finanzamt P. als Beklagter bezeichnet ist, haben die Kläger unter Hinweis auf die ebenfalls angegebene Steuernummer des Beklagten klargestellt, dass die Klage gegen Letzteren gerichtet ist. Zur Begründung führen sie aus, die Fahrten von der jeweiligen Wohnung, in der stets auch das Geschäftszimmer unterhalten worden sei, zum Amtsgericht N. seien in der begehrten Höhe zu berücksichtigen, insbesondere seien die Aufwendungen für die Fahrten nicht gemäß § 1 der Verordnung zur Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher (– GVEntSchV – vom 27.12.1999 [GVBl. II 2000, 44] in der Fassung der Änderungsverordnung vom 28.11.2000 [GVBl. II 2000, 434]) abgegolten. Hierzu verweisen die Kläger auf eine Verfügung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 15.11.2001 – 2343 E – 10.84 –, wo unter Hinweis auf eine Mitteilung des Landesjustizministeriums ausgeführt wird, die Fahrtkosten der Gerichtsvoll...