Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuhwerk keine typische Berufskleidung eines Postzustellers. Einkommensteuer 1991
Leitsatz (amtlich)
Bequeme und (wetter-)feste Schuhe sind für einen Briefträger keine typische Berufskleidung i. S. des § 9 Abs. 1 Nr. 6 EStG. Auch ein besonders hoher beruflich veranlasster Verschleiß von bürgerlichem Schuhwerk führt nicht zu einem Werbungskostenabzug.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Nr. 6, § 12 Nr. 1
Tenor
Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Der Kläger ist beamteter Postzusteller, seine Ehefrau Hausfrau (Bl. 22 FG, 17 ESt 91). In ihrer Einkommensteuer(ESt)-Erklärung für 1991 machte der Kläger u. a. Aufwendungen für Arbeitsschuhe geltend. Als Nachweis legte er drei Kassenzettel eines Schuhgeschäftes über den Erwerb von insgesamt vier paar Arbeitsschuhen zum Gesamtbetrag von 583 DM vor (Bl. 14 Rs. 18–20 ESt 91).
Im – wegen anderer Punkte vorläufigen – ESt-Bescheid für 1991 vom 23. Juli 1992 ließ der Beklagte die Aufwendungen für die Arbeitsschuhe nicht zum Werbungskosten(WK)-Abzug zu. Den hierwegen fristgerecht (Bl. 2 Rb) eingelegten Einspruch des Klägers wies er durch Einspruchsentscheidung vom 11. Januar 1993, als einfacher Brief am 15. Januar 1993 zur Post gegeben, als unbegründet zurück (Bl. 8ff., 7 FG). Hierzu führte er im wesentlichen aus, die Schuhe gehörten nicht zur typischen Berufskleidung eines Postbeamten. Sie könnten vielmehr von jedermann in und außerhalb eines Berufes getragen werden. Auch könne ein durch die Berufstätigkeit des Klägers verursachter erhöhter Verschleiß der Schuhe nicht nach objektiven Maßstäben zutreffend und leicht nachprüfbar abgegrenzt werden. Deshalb handele es sich bei den Aufwendungen für die Schuhe nicht um WK, sondern um Kosten der allgemeinen Lebensführung im Sinne des § 12 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG).
Hiergegen hat der Kläger am 12. Februar 1993 beim Finanzgericht (FG) Klage erhoben.
Er macht geltend (Bl. 21f. FG): Bei einem Briefzusteller gehörten die Schuhe zur typischen Berufskleidung und seien demzufolge gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG (1990) als WK anzuerkennen. Postbeamte im Briefzustelldienst müßten nämlich, insbesondere in ländlichen Gebieten, täglich mindestens 25 km zu Fuß zurücklegen. Dies sei ohne ordentliches Schuhwerk nicht möglich. Wegen dieser übermäßig langen Tagesstrecke sei auch ein erhöhter Verschleiß nach objektiven Maßstäben leicht nachprüfbar festzustellen. Deshalb könne es keine Rolle spielen, daß die von ihm in Ausübung seines Dienstes getragenen Schuhe auch im Bereich der privaten Lebensführung hätten benutzt werden können. Vielmehr komme es lediglich darauf an, daß das Schuhwerk durch die berufliche Tätigkeit des Klägers in erhöhtem Maße in Mitleidenschaft gezogen worden sei, so daß diesbezüglich erbrachte Aufwendungen als WK absetzbar seien. Damit im Einklang stehend, seien denn auch in den Vorjahren die Aufwendungen für Schuhwerk als WK anerkannt worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß (Bl. 1 mit 21 FG),
unter Abänderung des vorläufigen ESt-Bescheides für 1991 vom 23. Juli 1992 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 11. Januar 1993 die Einkommensteuer für 1991 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten von 583 DM für Schuhwerk neu festzusetzen.
Der Beklagte beantragt (Bl. 24 FG),
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung und ein damit im Einklang stehendes abschlägiges Urteil des FG Nürnberg betreffend weiße Schuhe einer medizinisch-technischen Klinik-Assistentin (Bl. 24 FG).
Wegen weiterer Sachverhaltseinzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die vorgelegten Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Bei den streitbefangenen Aufwendungen für Schuhwerk handelt es sich nicht um WK für typische Berufskleidung im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG (1990), sondern um Kosten der allgemeinen Lebensführung, die gemäß § 12 Nr. 1 EStG dem Abzugsverbot unterliegen.
1. WK sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen sowie – darüber hinausgehend – sämtliche Aufwendungen, die durch den Beruf veranlaßt sind (BFH-Urteil vom 14. Mai 1991 VI R 119/88, BStBl. II, 837 m.w.N.). Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG zählen auch die Aufwendungen für typische Berufskleidung zu den WK. Hiervon abzugrenzen sind die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine allgemeine Lebensführung. Diese Aufwendungen dürfen nach § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG grundsätzlich nicht von den Einnahmen abgezogen werden. Nach Satz 2 der vorgenannten Vorschrift gilt das auch für solche Aufwendungen der Lebensführung, die im Rahmen der wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Stellung des Steuerpflichtigen anfallen und dabei auch zur Förderung des Berufes des Steuerpflichtigen getätigt werden. Mithin verbietet § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG grundsätzlich die anteilige Aufteilung von einheitlichen Aufwendungen in sol...