Entscheidungsstichwort (Thema)

"Umgekehrte" Familienheimfahrten (Besuchsfahrten) bei doppelter Haushaltsführung - Fernsehgebühren für Wohnung am Arbeitsort keine Werbungskosten wegen doppelter Haushaltsführung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die steuerliche Berücksichtigung "umgekehrter" Familienheimfahrten fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Insbesondere können Kosten derartiger Besuchsreisen nicht auf der Grundlage einer jahresbezogenen Durchschnittsbetrachtung beurteilt werden (gegen BFH-Urteil vom 28. Januar 1983 VI R 136/79, BFHE 137, 496, BStBl II 1983, 313).

2. Derartige Reisen können auch nicht als "Beförderungskosten für Bekleidung" berücksichtigt werden, wenn der Arbeitnehmer aus unvorhersehbaren Gründen an der Familienheimfahrt gehindert war und wegen des verlängerten Aufenthalts am Arbeitsort zusätzlicher Kleidung bedarf.

3. Ein Arbeitnehmer, der aus beruflichen Gründen einen doppelten Haushalt führt, kann Fernsehgebühren für die Wohnung am Arbeitsort nicht als Werbungskosten geltend machen.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 3 Nr. 5, § 12 Nr. 1 S. 2; EStG 1987 § 9 Abs. 3 Nr. 5, § 12 Nr. 1 S. 2; EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5; EStG 1987 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5

 

Tatbestand

Der Kläger ist Professor für Wirtschaftstheorie an der Technischen Universität in Berlin. Seine Ehefrau ist Verwaltungsdirektorin einer Klinik. Der Familienwohnsitz befindet sich in ...

Der Kläger unterhält aus beruflichen Gründen in B eine Zweitwohnung. Die damit verbundenen Aufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung hat der Beklagte für das Streitjahr 1989 im wesentlichen anerkannt.

Im Streit befinden sich lediglich 380 DM für Kosten eines Besuchs des Sohnes des Klägers in B in der Zeit vom 12. bis 21. Mai 1989. Insoweit hat der Kläger in der Einkommensteuererklärung folgende Aufwendungen geltend gemacht:

Benachrichtigung des Sohnes durch Telegramm 16 DM

Flug S - B 353 DM

Bus Wohnung - Flughafen 3 DM

PKW Flughafen - Wohnung 8 DM

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380 DM

Am 12. Mai 1989 war auch die Ehefrau des Klägers nach B geflogen, wo sie bis zum 15. Mai 1989 verweilte. Die damit verbundenen Kosten hat der Beklagte im Rahmen des Einspruchsverfahrens anerkannt.

Die Reisen seiner Ehefrau und des Sohnes nach B hat der Kläger damit begründet, daß er bei seiner Ankunft am 8. Mai 1989 in B ein Telegramm seines amerikanischen Kollegen aus St. Louis, ..., bei dem er im Jahre 1987 einen Forschungsaufenthalt verbracht hatte, vorgefunden habe, mit dem dieser seinen Besuch in B ankündigte. Da er nur auf einen dreitägigen Aufenthalt in B eingerichtet gewesen sei und - wegen des Besuchs von Prof. Dr. ... - dort habe 17 Tage verbringen müssen, habe ihm seine Frau zusätzliche Kleidung nach Berlin bringen müssen. Wegen dieses Besuches sei er auch an einer Familienheimfahrt über Pfingsten gehindert gewesen, weshalb sein Sohn nach B gekommen sei.

Im Streit sind ferner 199 DM Rundfunk- bzw. Fernsehgebühren für die Wohnung in B.

Am 29. November 1991 hat der Kläger seine Klage bei dem Beklagten zur Niederschrift erklärt (Bl. 2).

Der Kläger beantragt (Bl. 13),

unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids 1989 vom 28. Mai 1991 in Form der Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 1991 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 579 DM bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit festzusetzen.

Zur Begründung trägt er vor, aufgrund des überraschenden Besuchs von Prof. Dr. ... habe ihm für einen - gegenüber seiner Planung - verlängerten B-Aufenthalt Kleidung gefehlt. Insofern habe es sich bei der Reise des Sohnes um einen Kurierdienst gehandelt (Bl. 13). Die Kosten hierfür müßten zumindest in angemessener Höhe berücksichtigt werden (Bl. 23). Hilfsweise sei die Reise des Sohnes als "umgekehrte" Familienheimfahrt im Rahmen der doppelten Haushaltsführung anzuerkennen, da er selbst nicht alle möglichen Familienheimfahrten ausgeschöpft habe. Darauf, daß - im Gegensatz zu dem vom BFH (BStBl II 1983 S. 313) entschiedenen Falle - sein Sohn nicht mehr minderjährig sei, könne es nicht ankommen.

Nach heutiger Auffassung gehöre ein Fernsehgerät zu einer "menschenwürdigen" Unterbringung; insoweit sei es auch unpfändbar. Konsequenterweise müsse auch die Fernsehgebühr in die Kosten der doppelten Haushaltsführung eingehen (Bl. 14). Hätte er eine Hotelunterkunft der Zweitwohnung vorgezogen, wären die Kosten für die Anschaffung des Geräts und die Fernsehgebühr in den Übernachtungspreis eingegangen (Bl. 24). Die Anerkennung der Gebühr als Werbungskosten bei der Alternative "Hotel" und die Nichtanerkennung dieser Gebühr bei der Alternative "Mietwohnung" würde eine verfassungswidrige Diskriminierung darstellen.

Der Beklagte beantragt (Bl. 20),

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung im übrigen vertritt er die Auffassung, daß sich bei Anerkennung von "Kurierkosten" dem Grunde nach noch die Frage der Notwendigkeit stellen würde. Die Frage der Anerkennung "umgekehrter" Familienheimfahrten sei im übrigen in Literatur und Rechtsprechung umstritten.

Die...

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