Entscheidungsstichwort (Thema)
Anteiliger Sonderausgabenabzug bei Studiengebühren für private Hochschule
Leitsatz (redaktionell)
Studiengebühren für den Besuch einer nach Landesrecht anerkannten wissenschaftlichen Hochschule in privater Trägerschaft können nur anteilig als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn die zuständigen Kultusbehörden der Länder die Hochschule als Ersatzschule genehmigt haben.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 9; GG Art. 7 Abs. 4
Streitjahr(e)
1992
Nachgehend
Tatbestand
Die Sache befindet sich im zweiten Rechtszug. Streitig ist noch, ob Studiengebühren an einer Wissenschaftlichen Hochschule in privater Trägerschaft im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommensteuergesetz - EStG - als Sonderausgaben abzugsfähig sind.
Die Kläger werden als Eheleute für das Streitjahr 1992 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer Einkommensteuererklärung machten sie u. a. 1.650 DM als Sonderausgaben im Sinn des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG („Schulgeld”) geltend; hierbei handelte es sich um 30 % der Studiengebühren von 5.500 DM für ihren Sohn, der ab Oktober 1992 ein Studium an der wissenschaftlichen Hochschule für…- im Folgenden WHU - begonnen hatte.
Der Beklagte - das Finanzamt - berücksichtigte diese Aufwendungen nicht; Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht führte aus (Urteil vom 23. November 2001 18 K 9791/97 E, EFG 2002, 398), der Gesetzgeber knüpfe in § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG erkennbar an schulrechtliche Begriffe („Ersatzschule”, „Ergänzungsschule”) an, die durch Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes - GG - vorgeprägt und in den Gesetzen der Bundesländer, welche die staatliche Schulaufsicht über Schulen in freier Trägerschaft regeln, konkretisiert seien. Danach seien gemäß Art. 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigte Ersatzschulen Schulen, die nach dem mit ihrer Errichtung verfolgten Gesamtzweck als Ersatz für eine in dem jeweiligen Bundesland vorhandene oder grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule dienen sollten; nach Landesrecht erlaubte Ersatzschulen seien Privatschulen, die die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 GG deswegen nicht erfüllten, weil eine vergleichbare Schule in dem jeweiligen Bundesland weder vorhanden noch vorgesehen sei, die aber nach dem Landesrecht als Ersatzschulen erlaubt seien. Die von dem Sohn der Kläger besuchte private Hochschule sei indes schon begrifflich keine Ersatzschule, weil es sich dabei gar nicht um eine Schule handele; Hochschulen stünden außerhalb des von Art. 7 GG geregelten Schulwesens. Dass nach Art. 30 Abs. 1 Satz 1 der A Landesverfassung mit staatlicher Genehmigung auch private Hochschulen als Ersatz für öffentliche Hochschulen errichtet und betrieben werden können, ändere an der grundgesetzlich verankerten Unterscheidung zwischen Schulwesen und Hochschulwesen nichts.
Der Bundesfinanzhof (Urteil vom 5. November 2002 IX R 32/02, BFH/NV 2003, 599) hat die Entscheidung des Finanzgerichts aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Er hat dargelegt, die Entscheidung, ob eine Schule als Ersatzschule i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu qualifizieren sei, sei den zuständigen Kultusbehörden der Länder vorbehalten, mit Bindungswirkung für die Finanzbehörden. Das Finanzgericht hätte deshalb prüfen müssen, ob für die vom Sohn der Kläger besuchte private Hochschule „eine Genehmigung als Ersatzschule” vorliege; diese Prüfung sei nachzuholen.
Im zweiten Rechtszug haben die Beteiligten alle anderen streitigen Punkte einvernehmlich erledigt (Einkommensteuer-Änderungsbescheid 1992 vom 5. Mai 2004). Daneben hat das Finanzgericht bei dem Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur A-Landes angefragt, ob für die WHU eine staatliche Genehmigung als Ersatzschule vorliege. Das Ministerium hat mitgeteilt, dass eine landesrechtliche Genehmigung der WHU als Ersatzschule zu keinem Zeitpunkt erfolgt sei. Allerdings sei der WHU die staatliche Anerkennung für ihre Errichtung und ihren Betrieb als staatlich anerkannte Hochschule in freier Trägerschaft erteilt worden (Anerkennungsbescheid vom 20.08.1984). Denn Art. 30 Abs. 1 der Landesverfassung lasse auch die private Trägerschaft von Hochschulen an der grundrechtlichen Freiheit teilnehmen. Darin liege jedoch keine landesrechtliche Genehmigung als Ersatzschule. Dem Art. 30 der Landesverfassung könnten insoweit nur die Möglichkeit zur Gründung privater Hochschulen und ein entsprechender Genehmigungsvorbehalt entnommen werden. Die WHU könne nach Landesrecht schon nicht als Ersatzschule genehmigt werden, weil es sich bei ihr gerade nicht um eine Schule, sondern um eine Hochschule handele.
Die Kläger sind der Auffassung, nach der „eindeutigen Entscheidung des BFH” stehe die Hochschuleigenschaft der Einordnung als Ersatzschule nicht entgegen. Es sei selbstverständlich, dass eine Hochschule nicht als Ersatzschule im Sinne des Schulrechts genehmigt werden könne. Ausgehend von der BFH-Entscheidung müsse es ...