Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung der Lohnsteueranmeldung nach Ausstellung und Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung – Minderung der Entrichtungsschuld – Sperrwirkung des § 41c Abs. 3 EStG, Rechtslage für bis zum 31.12.2013 endende Lohnsteuerzahlungszeiträume
Leitsatz (redaktionell)
- Aus der bis zum Jahr 2013 geltenden Fassung des § 41 c Abs. 3 EStG ergibt sich keine Einschränkung der Änderbarkeit von Lohnsteueranmeldungen nach § 164 Abs. 2 Satz 1 AO mit dem Ziel der Minderung der Entrichtungsschuld.
- Die zeitliche Beschränkung der Zulässigkeit der Änderung des Lohnsteuerabzugs bis zur Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung in § 41 c Abs. 3 Satz 1 EStG betrifft nicht das Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber als Entrichtungsschuldner und der Finanzbehörde.
- Die in § 41c Abs. 3 Satz 4 EStG i.d.F. vom 25.07.2014 enthaltenen Einschränkungen gelten erst für Änderungen des Lohnsteuerabzugs für nach dem 31.12.2013 endende Lohnsteuerzahlungszeiträume.
Normenkette
EStG § 41b Abs. 1 S. 2, § 41c Abs. 3 S. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 4a, § 50d Abs. 1 S. 2, § 41c Abs. 3 S. 4 Fassung: 2014-07-25, § 52 Abs. 1 S. 2 Fassung: 2014-07-25; AO § 164 Abs. 2, § 168 S. 1, § 218 Abs. 1 S. 2; DBA Österreich Art. 15 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger als Arbeitnehmer ein Anspruch auf Änderung der Lohnsteueranmeldung für September 2012 zusteht.
Der Kläger hat seinen ausschließlichen Wohnsitz in Österreich und ist dort unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. In Deutschland hat er - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt. Im Jahr 2012 war er bei der A GmbH mit Sitz in ..., Österreich, angestellt und für diese tätig. Ab September 2012 wurde er im Auftrag der B GmbH im Rahmen einer befristeten Mitarbeiterentsendung zu dem aufnehmenden Unternehmen C AG nach Deutschland entsandt.
Die C AG unterwarf das gesamte, für den Zeitraum 01.09. bis 31.12.2012 vom Kläger bezogene Gehalt (43.149,96 €) der deutschen Besteuerung und behielt dabei die hierauf entfallende Lohnsteuer einschließlich des Solidaritätszuschlags ein und führte diese Beträge an das beklagte Finanzamt ab. Hierbei unterstellte die C AG, dass der Kläger in diesem Zeitraum ausschließlich in Deutschland beruflich tätig gewesen sei. Tatsächlich war der Kläger von insgesamt 76 Arbeitstagen lediglich an 40 Arbeitstagen in Deutschland tätig (vgl. Reisekalender; Bl. 37 - 49 d. Gerichtsakte -GA-).
Im Einzelnen war der Kläger im Monat September 2012 an 12 von insgesamt 20 Arbeitstagen in Deutschland tätig. Laut Lohnkonto bezog er für alle Arbeitstage im September 2012 einen Nettolohn in Höhe von 6.834,50 €. Auf die 12 Arbeitstage in Deutschland entfällt ein steuerpflichtiges Nettogehalt in Höhe von 4.100,70 €, unter Hinzurechnung geldwerter Vorteile in Höhe von insgesamt 4.813,12 €. Unter Anwendung der Lohnsteuerklasse I ergeben sich hierauf ein Lohnsteueranspruch in Höhe von 2.222,41 € und ein Anspruch auf Solidaritätszuschlag in Höhe von 122,23 €. Tatsächlich meldete die C AG einbehaltene Lohnsteuer in Höhe von 4.556,41 € und Solidaritätszuschlag in Höhe von 250,60 € an und führte diese Beträge an den Beklagten ab (Differenz: Lohnsteuer in Höhe von 2.334 € und Solidaritätszuschlag in Höhe von 128,37 €).
Diese Beträge und Daten sind zwischen den Beteiligten unstreitig (Bl. 19 - 20 und 57 d. GA).
Mit Schreiben vom 07.03.2014 beantragte der Kläger beim Beklagten die Erstattung der für September bis Dezember 2012 zu viel einbehaltenen und abgeführten Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlags nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO). Er war der Auffassung, dass diese Abgaben ohne rechtlichen Grund gezahlt worden seien.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14.03.2014 ab. Zur Begründung verwies er auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17.06.2009 VI R 46/07 (Bundessteuerblatt -BStBl- II 2010, 72), mit welchem entschieden worden sei, dass durch die Ausstellung und Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung endgültig feststehe, dass die Lohnsteuer verfahrensrechtlich mit Rechtsgrund entrichtet worden sei. Eine Erstattung sei nur noch im Rahmen des Veranlagungsverfahrens möglich.
Hiergegen legte der Kläger fristgemäß Einspruch ein und beantragte zunächst das Ruhen des Einspruchsverfahrens bis zur Entscheidung des Klageverfahrens mit dem Aktenzeichen 9 K 1832/12 AO (zuletzt 13 K 1832/12 AO). Nachdem die Klage in diesem Verfahren zurückgenommen worden war, stimmten die Beteiligten dahingehend überein, das hier anhängige Verfahren als Musterverfahren zu behandeln.
Mit Entscheidung vom 28.07.2015 wies der Beklagte den Einspruch gegen die Ablehnung des Antrags auf Änderung der Lohnsteueranmeldung für September 2012 zurück. Er ist der Auffassung, dass dem Kläger kein Anspruch auf Änderung der Lohnsteueranmeldung für September 2012 zustehe. Im Einzelnen führte er Folgendes aus:
Die Änderung der im Streitfall zu Unrecht angemeldeten und einbehaltenen Steuerbeträge sei aufgrund des § 41c Abs. 3 Satz 1 des Einkomm...