Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansatz der verkehrsgünstigeren, anstelle der kürzesten Strecke bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
Leitsatz (redaktionell)
Dem Werbungskostenabzug eines Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte kann nur dann statt der kürzesten Straßenverbindung eine offensichtlich verkehrsgünstigere längere Strecke zugrundegelegt werden, wenn deren Benutzung zu einer täglichen Zeitersparnis von mindestens 20 Minuten führt.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4
Streitjahr(e)
2003
Tatbestand
I.
Strittig ist, ob bei der Berechnung der Aufwendungen des Klägers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für die Bestimmung der Entfernung eine andere als die kürzeste Straßenverbindung zugrunde gelegt werden kann.
Der Kläger erzielte im Streitjahr (2003) als Polizeibeamter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er wohnt in der A-Straße in B. Seine Arbeitsstätte ist das Polizeipräsidium C in der D-Straße. Der Kläger gab die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in der Anlage N zur Einkommensteuererklärung mit 35 km an.
Der Beklagte teilte dem Kläger mit, dass die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach einem Routenplaner 17 km betrage. Er beabsichtige, diese Entfernung zugrunde zu legen, falls der Kläger nicht nachweise, dass er eine verkehrsgünstigere Straßenverbindung benutze. Der Kläger machte geltend, dass die Fahrzeit bei Benutzung der kürzesten Straßenverbindung während des Berufsverkehrs ca. 45 bis 60 Minuten betrage. Er benutze deshalb eine Straßenverbindung, die weitgehend über Autobahnen führe. Diese Strecke - die er seit Jahren benutze - betrage 34,5 km und sei in einer Zeit von 20 bis 25 Minuten zu schaffen. Der Beklagte erwiderte dazu, dass die Entfernung, die sich bei weitgehender Benutzung von Autobahnen ergebe, 28 km betrage und eine Fahrzeit von 39 Minuten erfordere. Es sei unglaubwürdig, dass der Kläger diese Strecke benutze, weil die Autobahn während des Berufsverkehrs stauanfällig sei. Der Beklagte bat darum, die gefahrenen Kilometer - z. B. durch Vorlage von Inspektionsrechnungen - glaubhaft zu machen. Wegen der Stellungnahme des Klägers dazu wird auf sein Schreiben vom 25. November 2004 verwiesen.
Der Beklagte ließ Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nur unter Ansatz einer Entfernung von 17 km zum Abzug zu. Den Einspruch wies er durch Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2005, auf deren Gründe Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.
Mit seiner daraufhin erhobenen Klage hält der Kläger an seinem Begehren fest, bei der Berechnung der nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abziehbaren Werbungskosten eine Entfernung von 35 km zugrunde zu legen. Wegen seines Vorbringens im Klageverfahren wird auf die Klageschrift sowie die Schriftsätze vom 17. Februar und 5. März 2005 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 13. Dezember 2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2005 dahin zu ändern, dass Werbungskosten aufgrund von Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf der Grundlage einer Entfernung von 30 km statt 17 km angesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen seines Vorbringens im Klageverfahren wird auf die Schriftsätze vom 24. Februar, 1. April und 25. Mai 2005 Bezug genommen.
Das Gericht hat die den Streitfall betreffende Einkommensteuerakte des Beklagten beigezogen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet. Die Ermittlung der Aufwendungen des Klägers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch den Beklagten lässt keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil erkennen. Der angefochtene Bescheid verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG sind Werbungskosten auch Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 0,36 Euro für die ersten 10 km und 0,40 Euro für jeden weiteren Kilometer anzusetzen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung). Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte maßgebend; eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt wird.
Der Gesetzgeber hatte bei Einführung der Entfernungspauschale zum 1. Januar 2001 zunächst nur den Ansatz der kürzesten Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vorgesehen. Durch das Steueränderungsgesetz 2001 (StÄndG 2001) vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3794) hat er es dann zugelassen, dass ...