Entscheidungsstichwort (Thema)

Lohnsteuer: Besteuerung der unentgeltlichen Überlassung eines Dienstwagens an Gesellschafter-Geschäftsführer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Über die Frage, ob und welches betriebliche Fahrzeug dem Arbeitnehmer ausdrücklich oder zumindest konkludent auch zu privaten Nutzung überlassen ist, entscheidet das FG unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; es gilt kein Beweis des ersten Anscheins für eine private Nutzung.

2. Die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung führt unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer den betrieblichen Pkw tatsächlich privat nutzt, zu einem lohnsteuerlichen Vorteil.

 

Normenkette

EStG § 8 Abs. 2, § 19 Abs. 1, § 38 Abs. 1, 3, § 41a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 42d Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Haftungsinanspruchnahme im Hinblick auf Kfz-Sachwertbezüge an zwei ihrer Gesellschafter-Geschäftsführer.

Die Klägerin wurde am ... 2002 gegründet. Gesellschafter-Geschäftsführer sind Herr A und Herr B. In dem zwischen der Klägerin und Herrn B am ... 2003 geschlossenen Geschäftsführervertrag war unter Ziff. 4 (Dienstwagen) Folgendes vereinbart:

Als Geschäftsführer steht Herrn B ab Ende Januar zur Erfüllung seines dienstlichen Auftrages ein Kraftfahrzeug zur Verfügung.

Es wird davon ausgegangen, dass das Fahrzeug von Herrn B ausschließlich für geschäftliche Zwecke genutzt wird. Zum Nachweis wird Herr B ein Fahrtenbuch führen. Sollte sich dabei herausstellen, dass ein merkbarer Anteil der Fahrten privaten Nutzungszwecken dient, werden diese entsprechend den steuerlichen Vorschriften als Sachbezug abgerechnet.

Der mit Herrn A am ... 2002 abgeschlossene Geschäftsführervertrag enthielt keine Bestimmung bzgl. eines Dienstwagens.

Am 4. Juli 2012 erwarb die Klägerin ein gebrauchtes Fahrzeug-1 der Marke Y (Modell ..., Erstzulassung am 23. März 2007), das Herrn A als Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt wurde, und am 28. Dezember 2011 ein gebrauchtes Fahrzeug-2 der Marke Z (Modell ..., Erstzulassung am 29. März 2011), das Herrn B als Firmenfahrzeug überlassen wurde.

In den Lohnsteueranmeldungen für 2013 setzte die Klägerin durchgehend nur einen Sachbezug für die Privatnutzung des Firmenfahrzeugs durch Herrn A in Höhe von ... € monatlich an.

Das Finanzamt Hamburg-1 führte bei der Klägerin eine Lohnsteuer-Außenprüfung für die Anmeldungszeiträume Januar 2010 bis September 2014 durch. Der Prüfer kam zu dem Ergebnis, dass für die geldwerten Vorteile in Form der unentgeltlichen Nutzung der Firmenfahrzeuge durch die Geschäftsführer Lohnsteuer festzusetzen sei. Für Herrn A legte der Prüfer den Bruttolistenpreises des Fahrzeugs-1 nach der Schwacke-Liste in Höhe von ... € zu Grunde und errechnete einen monatlichen Sachbezug in Höhe von ... €. Abzüglich des bereits von der Klägerin berücksichtigten Sachbezugs von ... € ermittelte er einen zusätzlichen geldwerten Vorteil für 2013 in Höhe von ... €. Für Herrn B belief sich der nach Auffassung des Prüfers nachzuversteuernde geldwerte Vorteil für 2013 auf ... € (monatlich 1 % des Bruttolistenpreises des Fahrzeugs-2 nach der Schwacke-Liste in Höhe von ... €). Des Weiteren sah der Prüfer die von der Klägerin an die beiden Geschäftsführer gezahlten Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung als steuerpflichtigen Arbeitslohn an.

Das Finanzamt erließ am 29. April 2016 einen Haftungsbescheid, in dem es die Klägerin für die Lohnsteuer und sonstigen Lohnabzugsbeträge für die Zeit von Januar 2010 bis September 2014 in Höhe von insgesamt ... € in Haftung nahm. Zur Begründung führte das FA aus, dass die Voraussetzungen des § 42d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erfüllt seien; die Klägerin hafte für die Lohnsteuer, weil sie diese in unzutreffender Höhe einbehalten und abgeführt habe. Da kein Haftungsausschluss vorliege, werde die Klägerin anstelle des Arbeitnehmers in Anspruch genommen. Die Inanspruchnahme sei nicht unbillig, zumal die Klägerin sich damit einverstanden erklärt habe. Den Prüfungsbericht vom 15. April 2016 über die Lohnsteuer-Außenprüfung fügte das Finanzamt dem Bescheid bei.

Hiergegen legte die Klägerin am 31. Mai 2016 Einspruch ein, den sie trotz entsprechender Aufforderung nicht begründete.

Mit Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 2016 wies das Finanzamt Hamburg-1 den Einspruch als unbegründet zurück.

Nach Abschnitt. XVI Abs. 1 der Anordnung über die Zuständigkeit der Finanzämter (ZAO) in der geänderten Fassung vom 13. Juni 2016 (Amtlicher Anzeiger Nr. 55 vom 12. Juli 2016, S. 1197) ging die Zuständigkeit für die Verwaltung der Lohnsteuer einschließlich der lohnsteuerlichen Haftungsverfahren u. a. vom Finanzamt Hamburg-1 mit Wirkung zum 16. August 2016 auf den Beklagten über.

Die Klägerin hat am 31. August 2016 Klage gegen das Finanzamt Hamburg-1 erhoben.

Sie trägt vor, dass die Lebensgefährtin des Herrn A über einen ... (Fahrz...

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