Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkte/unbeschränkte Einkommensteuerpflicht; vorweggenommene Werbungskosten als Einkünfte i.S. von § 49 EStG
Leitsatz (amtlich)
Kann ein erwachsener Steuerpflichtiger in der im Inland befindlichen Wohnung seiner Mutter ein Zimmer nutzen, lebt aber weiterhin im Ausland, so begründet er keinen Wohnsitz im Inland.
Vorab entstandene Werbungskosten - hier Aufwendungen für ein im Ausland durchgeführtes Aufbaustudium - führen nur dann zu inländischen Einkünften i.S. von § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG, wenn ein konkreter Bezug zu einer bestimmten Tätigkeit im Inland besteht. Hieran fehlt es, wenn nach dem Studium erstmals Bewerbungen bei Firmen im Inland vorgenommen werden.
Normenkette
EStG §§ 1, 49
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob für die Streitjahre ein verbleibender Verlustabzug zur Einkommensteuer (ESt)1995 und 1996 festzustellen ist.
Der 1966 geborene Kläger ist amerikanischer Staatsbürger und wuchs in den Vereinigten Staaten von Amerika auf. Sein Vater ist Amerikaner und lebt in Las Vegas, seine Mutter ist deutscher Herkunft, die Ehe ist seit 1985 geschieden. Im Verlaufe des Jahres 1993 kehrte die Mutter des Klägers nach Deutschland zurück.
Der Kläger schloss ein betriebswirtschaftliches Studium an der Universität Oregon im August 1990 mit einem Bachelor-Examen ab. In der Folgezeit arbeitete er in Singapur und Japan als Trainee bei verschiedenen Firmen, um kaufmännische Erfahrungen im asiatischen Raum zu sammeln. Vom 01.01.1993 bis 01.10.1994 war er bei der Firma A in Japan als Analyst tätig. Ab 30.01.1995 nahm der Kläger ein wirtschaftswissenschaftliches Aufbaustudium an der American Graduate School of International Management in Glendale (Arizona) auf, das er im Mai 1996 mit dem Titel Master of International Management abschloss. Am 12.08.1996 meldete sich der Kläger in München unter der Adresse seiner Mutter X-Straße an, zugezogen aus Alto Loma, Charleston. Ab 01.05.1997 nahm der Kläger eine nichtselbstständige Arbeit bei der Firma B in Rüsselsheim auf und bezog eine Wohnung in Frankfurt.
Am 16.04.1998 reichte der Kläger die Einkommensteuererklärung für 1997 beim zuständigen Finanzamt Frankfurt/Main ein mit dem Hinweis, dass es sich um seine erste Steuererklärung in Deutschland handele. Das Finanzamt teilte daraufhin mit, dass wegen des Zuzuges aus dem Ausland im Kalenderjahr 1997 ein Wechsel von der beschränkten zur unbeschränkten Steuerpflicht eingetreten sei und bat um Auskunft, ob und ggf. in welcher Höhe welche Einkünfte während der beschränkten Steuerpflicht erzielt worden seien. Der Kläger erklärte daraufhin auf dem übersandten Formblatt, dass er keine Einkünfte in der Zeit der beschränkten Steuerpflicht erzielt habe. Mit der Einkommensteuererklärung machte er u.a. Fortbildungskosten von 2.349,00 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Weil der Kläger eine Nachfrage des Finanzamtes zu den Fortbildungskosten unbeantwortet ließ, erging der Einkommensteuerbescheid 1997 am 31.07.1998 ohne Berücksichtigung der Fortbildungskosten. Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 30.08.1998. Im Einspruchsverfahren machte der Kläger nunmehr Aufwendungen für das Aufbaustudium von insgesamt 98.822,85 DM geltend. Am 05.05.1999 erließ das Finanzamt Frankfurt/Main einen Änderungsbescheid, mit dem die ursprünglich geltend gemachten Fortbildungskosten in Höhe von 2.349 DM nunmehr als Werbungskosten berücksichtigt wurden. Hiergegen richtete sich der "weitere Einspruch" des Klägers vom 15.10.1999, in dem es unter anderem heißt: "Richtig ist, dass ich seit 1997 in der Bundesrepublik Deutschland wohne und seitdem hier unbeschränkt steuerpflichtig bin. Dies gibt mir allerdings auch die Möglichkeit, meine Werbungskosten einkunftsmindernd geltend zu machen ... und zwar auch so genannte vorab veranlasste Werbungskosten."
Während des Einspruchsverfahrens gegen den ESt-Bescheid 1997 stellte der Kläger fest, dass der Großteil der Aufwendungen für das Aufbaustudium in den Jahren 1995 (49.559,29 DM) und in 1996 (13.352 DM) gezahlt worden waren. Diese Aufwendungen sind der Höhe nach unstreitig. Daraufhin reichte der zwischenzeitlich eingeschaltete steuerliche Bevollmächtigte des Klägers am 16.02.2000 Einkommensteuererklärungen für 1995 und 1996 ein, mit denen die entsprechenden Beträge als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend gemacht wurden und beantragte, die sich daraus ergebenen Verlustvorträge festzustellen und auf das Jahr 1997 vorzutragen. Nachdem das Finanzamt mit Schreiben vom 13.04.2000 darauf hingewiesen hatte, dass der Kläger 1995 und 1996 weder beschränkt noch unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen sei und die geltend gemachten Werbungskosten folglich nicht zum Verlustabzug herangezogen werden könnten, teilte der Bevollmächtigte am 26.04.2000 erstmals mit, dass der Kläger 1995 und 1996 einen Wohnsitz be...