rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbliches Unternehmen
Leitsatz (redaktionell)
Abgrenzung zwischen selbständiger und nichtselbständiger Arbeit (hier: Tätigkeit in einem Call-Center)
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1, § 15 Abs. 2
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin im Rahmen einer Beschäftigung für die … GmbH bzw. deren Rechtsvorgängerinnen (im Folgenden „GmbH”) nichtselbständig tätig geworden ist oder selbständig war und deshalb Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat.
Die Klägerin war vom 1. Januar 2000 bis 30. Oktober 2003 für die GmbH tätig. Bei der GmbH handelt es sich um ein Unternehmen, das im Bereich des Telefonsex tätig ist. Ob die Klägerin einen schriftlichen Vertrag abgeschlossen hat, ist nicht aufklärbar. Der Beklagte hat einen Vertrag zu den Akten gereicht, den die GmbH üblicherweise mit den bei ihr beschäftigten Damen geschlossen hat. Auf diesen Vertrag, der mit „Freier Mitarbeitervertrag” überschrieben ist, wird Bezug genommen. Die Klägerin hat vorgetragen, dass die tatsächliche Durchführung dem Inhalt des Vertrages in keinster Weise entsprochen habe. Wegen der Einsatzbedingungen und -durchführung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 30.9.2005 Bezug genommen.
Die Preise für ein Telefongespräch setzten sich wie folgt zusammen:
Preise |
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Standardgespräch |
(bis zu 20 min) |
EUR 30,00 |
Kurzgespräch |
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EUR 25,00 |
Dreier |
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EUR 40,00 |
Fotos |
Je 5 Stück |
EUR 5,00 |
Nach einer Kurzanleitung der GmbH (Blatt 64 der Gerichtsakten) beruht die Grundlage für den Honoraranspruch an den Kunden auf dem von der Telefonistin getätigten Rückruf. Jeder Kunde musste für jedes Gespräch zurückgerufen werden. Wenn ein Kunde nicht zurückgerufen wurde, bekam die Telefonistin für dieses Gespräch auch kein Honorar. Außerdem musste sie jedes Gespräch am selben Tag im PC erfassen. Alle Gespräche, die einen oder mehrere Tage später eingegeben wurden, konnten von der GmbH nicht mehr bearbeitet werden, so dass auch ein Honoraranspruch für die Telefonistin entfiel.
Die Kläger wurden zunächst mit Bescheiden vom 29. Mai 2001 für das Kalenderjahr 2000, vom 29. April 2002 für das Kalenderjahr 2001 und vom 10. April 2003 für das Kalenderjahr 2002 entsprechend den eingereichten Einkommensteuererklärungen zur Einkommensteuer veranlagt. In diesen Erklärungen hatte die Klägerin Einnahmen aus ihrer Tätigkeit im Callcenter der GmbH nicht angegeben.
Im Rahmen eines gegen die Klägerin eingeleiteten Steuerstrafverfahrens teilte die Klägerin mit Schreiben vom 4. September 2003 dem Beklagten folgende Einnahmen aus der Tätigkeit als Telefonistin mit:
2000 |
2001 |
2002 |
brutto 17.528,64 DM |
Brutto 42.724,08 DM |
brutto 39.200,78 EUR |
In Höhe der Nettobeträge von 15.110,– DM, 36.800,39 DM und 33.793,– EUR erklärte die Klägerin diese als Einkünfte aus selbständiger Arbeit.
Der Beklagte erließ am 26. November 2004 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Kalenderjahre 2000 bis 2002. Hierin berücksichtigte er die nacherklärten Nebeneinkünfte mit 13.146,– DM für 2000, 32.051,– DM für 2001 und 29.400,– EUR für 2002 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Dabei hatte er die Bruttoeinnahmen um geschätzte Betriebsausgaben in Höhe von 25 % gekürzt. Gleichzeitig setzte der Beklagte mit Bescheid vom 26. November 2004 auf der Basis der Besteuerungsgrundlagen für 2002 nachträgliche Einkommensteuervorauszahlungen für das Kalenderjahr 2003 fest.
Der Beklagte setzte ebenfalls mit Bescheid vom 26. November 2004 für 2002 einen Gewerbesteuermessbetrag von 49,– EUR gegen die Klägerin fest.
Mit den gegen die vorgenannten Bescheide eingelegten Einsprüchen trug die Klägerin vor, dass sie ausschließlich und zu jeder Zeit nichtselbständig tätig gewesen sei. Die einzubehaltende Lohnsteuer sei bei der Arbeitgeberin als Haftungsschuldnerin festzusetzen und einzutreiben. Ferner sei davon auszugehen, dass die an sie ausgezahlten Beträge Nettobeträge seien.
Der Beklagte wies mit Einspruchsentscheidungen vom 22. Juni 2005 die Einsprüche gegen die Einkommensteueränderungsbescheide bzw. den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2003 und den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2002 als unbegründet zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidungen Bezug genommen.
Die Klägerin trägt vor: Der Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass sie gewerbliche Einkünfte gehabt habe. Dies sei vorliegend schon deshalb nicht der Fall, weil sie keine selbständige Tätigkeit als „Telefonberaterin” ausgeübt habe. Die Firmen B. und … GmbH hätten sich die Pflichten als Arbeitgeberin vom Hals halten wollen und zu diesem Zweck einen Vertrag über sog. freie Mitarbeit abgeschlossen, der aber in sämtlichen wesentlichen Vertragspositionen mit der Wirklichkeit nicht übereingestimmt habe. Durch den Vertrag sei nur eine Scheinselbständigkeit begründet worden.
Der Vertrag sehe vor, dass die jeweilige Vertragspartnerin der GmbH keinen Weisungen der GmbH unterliege und in der Gestaltung ihrer Tätigkeit und in der Gestaltung der Preise selbständig und vollkommen frei sein solle. Nichts a...