Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslohn durch Übertragung einer Versorgungszusage auf einen Pensionsfonds
Leitsatz (redaktionell)
Arbeitslohn ist gegeben, wenn der Arbeitgeber eine Versorgungszusage an einen Pensionsfonds überträgt und der Arbeitnehmer durch die Übertragung einen eigenen Anspruch auf Leistungen gegen den Pensionsfonds erwirbt.
Normenkette
EStG §§ 11, 19 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger war Gesellschafter und Geschäftsführer der A 1 GmbH, welche ihm im Jahr 1993 – seinerzeit noch als A 2 GmbH firmierend – eine Pensionszusage erteilt hatte.
Im April 2010 wurde die A 1 GmbH an die B GmbH veräußert. Gleichzeitig wurde die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer beendet. Anlässlich dieser Veräußerung und der damit verbundenen Beendigung der Geschäftsführerstellung des damals 54-jährigen Klägers wurde die dem Kläger gegenüber eingegangene Pensionsverpflichtung auf einen Pensionsfonds, die C Pensionsfonds AG, übertragen.
Als Gegenleistung für die Übertragung trat die A 1 GmbH ihre Ansprüche aus einer zur Deckung der Pensionszusage des Klägers abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung i.H.v. 257.644,– € an den Pensionsfonds ab. Der Kläger zahlte an den Pensionsfonds aus eigenen Mitteln einen Einmalbetrag i.H.v. 167.695,– €, um die Versorgungsanwartschaft bis zum Eintritt seiner Versorgungsberechtigung beitragsfrei zu stellen.
Die A 1 GmbH löste in ihrer Buchführung die für die Pensionsverpflichtung des Klägers gebildete Rückstellung in Höhe von 233.680,– € auf. Demgemäß ergab sich bei ihr ein Aufwand i.H.v. 23.964,– € (Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung 257.644,– € abzüglich Pensionsrückstellung 233.680,– €). Einen Antrag auf Verteilung dieses Aufwands gemäß § 4e Abs. 3 EStG auf zehn Jahre stellte die A 1 GmbH nicht.
Nachdem der Beklagte durch eine Kontrollmitteilung des Finanzamts für Groß- und Konzernbetriebsprüfung D von dem Sachverhalt Kenntnis erlangt hatte, änderte er mit Bescheid vom 11.01.2016 den Einkommensteuerbescheid 2010 der Kläger gemäß § 164 Abs. 2 AO und rechnete dem steuerpflichtigen Arbeitslohn des Klägers einen Betrag in Höhe der bei der A 1 gebildeten Rückstellung von 233.680,– € zu. Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger nach erfolglosem Vorverfahren die vorliegende Klage.
Die Kläger vertreten die Ansicht, es liege schon kein Arbeitslohn des Klägers vor. Der Kläger habe durch die Überführung der Pensionsverpflichtung auf den Pensionsfonds keine Verfügungsmacht über finanzielle Mittel erlangt. Seine Leistungsfähigkeit habe sich nicht erhöht. Er habe vor der Übertragung der Pensionsverpflichtung eine Anwartschaft besessen. Diese Situation habe sich auch durch die Übertragung nicht geändert. Gegenüber dem Pensionsfonds habe er ebenfalls nur eine Anwartschaft, die erst mit dem Erreichen des Pensionsalters zum Zufluss von verfügbaren Mitteln führe.
Für den Fall, dass gleichwohl Arbeitslohn anzunehmen sei, sei dieser gemäß § 3 Nr. 66 EStG steuerfrei. Zu dieser Rechtsauffassung sind die Kläger in der (falschen) Annahme gelangt, der A 1 GmbH sei im Zusammenhang mit der Übertragung der Pensionszusage kein Aufwand entstanden, der gemäß § 4e Abs. 3 EStG verteilt hätte werden können. Sie meinen, eines Antrags des Arbeitgebers auf Verteilung des Aufwands bedürfe es jedenfalls dann nicht, wenn und soweit dem Arbeitgeber kein Aufwand entstanden sei und es demgemäß nichts zu verteilen gebe. Denn der Antrag ginge in einem solchen Fall erkennbar ins Leere. Nachdem sie darauf hingewiesen wurden, dass bei der A 1 GmbH nach Verrechnung mit der Rückstellung ein Aufwand i.H.v. 23.964,– € entstanden ist, haben sie ihren Vortrag dahingehend ergänzt, wenn überhaupt steuerpflichtiger Arbeitslohn anzunehmen sei, sei dieser jedenfalls auf 23.964,– € zu begrenzen. Es sei unverhältnismäßig, beim Arbeitnehmer einen Betrag i.H.v. 233.680,– € der Steuerpflicht zu unterwerfen, weil der Arbeitgeber einen vergleichsweise geringen Aufwand i.H.v. 23.964,– € nicht auf zehn Jahre verteilt habe.
Abschließend berufen sich die Kläger darauf, der Arbeitgeber des Klägers schulde gemäß § 40b Abs. 4 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 EStG als Steuerschuldner Lohnsteuer auf die Zahlung an den Pensionsfonds. Das jedenfalls befreie den Kläger von einer möglichen Steuerschuld.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2010 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um 233.680,– € herabgesetzt werden,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte sieht in der Übertragung der Pensionszusage auf den Pensionsfonds steuerpflichtigen Arbeitslohn des Klägers, denn durch die Übertragung habe er einen unmittelbaren Rechtsanspruch gegen den Pensionsfonds erworben. Eine Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 66 EStG komme mangels Antrags des Arbeitgebers nach § 4e Abs. 3 EStG nicht in Betracht. Die Antragstellung sei eine formale Voraussetzung für die...