rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Stipendiatszahlungen zur Unterhaltssicherung während eines Medizinstudiums als Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Stipendiatszahlungen zur Unterhaltssicherung während eines Medizinstudiums führen zu Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit, wenn nach dem Vertrag über die Studienbeihilfe bereits während des Studiums eine Eingliederung des Stipendiaten in den Betrieb des Förderers angelegt ist, der Förderer das Recht hat, den Einsatzbereich des Stipendiaten als Weiterbildungsarzt zu bestimmen und ein konkreter Veranlassungszusammenhang des Stipendiums mit einer Entlohnung der künftig vorgesehenen Beschäftigung als Arzt auf einer Weiterbildungsstelle begründet worden ist.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; LStDV § 1 Abs. 1-2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten vertreten unterschiedliche Meinungen dazu, ob ein dem Kläger gewährtes Stipendium zu steuerbaren Einkünften in den Streitjahren 2018 und 2019 geführt hat.
Der Kläger verfügt über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Krankenpfleger und studiert seit dem 02.09.2016 an der Universität Y in Ungarn allgemeine Humanmedizin.
Wegen der Gewährung eines Stipendiums hatte der Kläger mit dem Klinikum X, einem Eigenbetrieb der Stadt, am 03.08.2017 einen Vertrag über Studienbeihilfe im Rahmen eines Förderprogramms „Klinikstudent” (StipV) geschlossen.
Nach § 1 StipV wurde dem Kläger eine Studienbeihilfe über die Regelstudienzeit im vorklinischen Abschnitt des Studiums der Humanmedizin (1.-4. Semester) von 300 EUR/Monat zum Zweck der Unterhaltssicherung eingeräumt, die sich ab Beginn der klinischen Ausbildung (nach dem 1. Staatsexamen) frühestens ab dem 5. Semester auf 400 EUR/Monat erhöht und längstens bis zum 12. Semester monatlich am Monatsende gezahlt wird. Als Beginn der Vertragslaufzeit wurde der 01.09.2017 vereinbart.
Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger gem. § 2 Abs. 1 StipV, für die Dauer von mindestens drei Jahren nach Abschluss des Medizinstudiums eine Weiterbildungsstelle beim Klinikum anzutreten im Minimum als 50% Teilzeitstelle (vgl. § 4 Abs 6 Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns). Entsprechend verpflichtete sich das Klinikum (§ 2 Abs. 3 StipV), dem Kläger eine Assistenzstelle auf Grundlage des gültigen Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte anzubieten. Dabei wurde dem Kläger aufgegeben, sich spätestens bis 6 Monate vor Abschluss seines Studiums nach § 2 Abs. 4 StipV aus dem vorgehaltenen Angebot des Klinikums eine Weiterbildungsstelle auszuwählen. Erfolgte keine Auswahl wurde dem Klinikum eingeräumt die geeignete Weiterbildungsstelle festzulegen. Dem Kläger wurde ein kontinuierlicher Ansprechpartner (§ 2 Abs. 2 StipV) und ärztlicher Mentor während des Studiums zur Verfügung gestellt. Es wurde als „erwünscht” bezeichnet, dass der Kläger die im Rahmen des Studiums vorgesehenen Praktika innerhalb des Klinikums ableiste, wobei für diesen Fall eine Honorierung als vereinbart galt, wie sie sich nach den jeweils gültigen Bedingungen des Klinikums für den jeweiligen Ausbildungsabschnitt als üblich erwiese.
Die vollständige Rückzahlung des Stipendiums war vorgesehen für den ausbleibenden Antritt einer Assistenzstelle (§ 3 Abs. 1 StipV) und im Falle des vollständigen Abbruchs des Studiums der Humanmedizin (§ 3 Abs. 3 StipV). Eine nur teilweise Verpflichtung zur Rückzahlung war für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf des Dreijahreszeitraums nach § 2 Abs. 1 StipV vereinbart (§ 3 Abs. 2 StipV). In diesem Fall reduzierte sich die Rückzahlungsverpflichtung je Kalendermonat, in welchem das Arbeitsverhältnis vollständig vollzogen war, um jeweils 1/36.
In beiden Streitjahren war der Kläger im Rahmen eines geringfügigen Arbeitsverhältnisses gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV für das Klinikum tätig; dabei 2018 befristet vom 18.06.2018 bis 8.07.2018 (vgl. Arbeitsvertrag) und im Jahr 2019 entsprechend der erfolgten Entgeltabrechnung.
Für seine Betätigung und wegen des Stipendiums waren dem Kläger von der Klinikverwaltung im Streitjahr 2018 5.957,31 EUR ausbezahlt worden, dabei 4.000 EUR wegen des Stipendiums und im Streitjahr 2019 ein Gesamtbetrag von 5.070,97 EUR, dabei 4.800 EUR wegen des Stipendiums.
Mit Einkommensteuererklärung 2018 machte der Kläger Werbungskosten im Zusammenhang mit dem Medizinstudium und der Tätigkeit am Klinikum geltend und ordnete das erhaltene Entgelt inklusive Stipendium den Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit zu.
Mit Einkommensteuerbescheid 2018 vom 31.05.2019 nahm das Finanzamt Kürzungen bei den erklärten Werbungskosten vor, setzte die Einkommensteuer auf 0 EUR fest und erhöhte mit gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Einkommensteuer zum 31.12.2018 den bereits bestehenden Verlustvortrag aus 2017 um 6.686 EUR auf 25.629 EUR.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit Einspruch vom 03.06.2019 (Eingang beim Fin...