rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nur geschäftlicher Aufenthalte sowie Besuchsreisen begründen keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Bescheinigung nach § 1 Abs. 3 EStG ist materielle Tatbestandsvoraussetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird das Inland nur zu geschäftlichen Zwecken sowie zu Besuchsreisen aufgesucht, liegt kein Wohnsitz und damit eine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG vor.

2. Die Bescheinigung der ausländischen Steueerbehörde ist im Rahmen des § 1 Abs. 3 EStG materielle Tatbestandsvoraussetzung für die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG.

 

Normenkette

AO § 8; EStG § 1 Abs. 3-4

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Kläger im Streitjahr unbeschränkt steuerpflichtig war. Er erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit im Inland als Architekt, die für das Architekturbüro „… und Partner” einheitlich und gesondert festgestellt wurden. Daneben erzielt er Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung. Er wird beim Beklagten, dem Finanzamt Kaufbeuren, zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger reichte am 22.3.2010 für das Jahr 2008 eine Einkommensteuererklärung beim beklagten Finanzamt (FA) ein, in der er als Anschrift des Architekturbüros und auch als Wohnsitz … angab und die Zusammenveranlagung mit seiner Ehefrau beantragte. Bei diesem Gebäude handelt es sich um ein Wohn- und Firmengebäude (Firma …). Der Beklagte gibt an, er habe bei einer Ortsbesichtigung am 25. Februar 2009 kein Firmenschild o.ä. des Architekturbüros dort sehen können (vgl. BNV-Prüfungsfeststellung vom 19. März 2010). Im Rahmen einer Prüfung des Architekturbüros für die Jahre 2005 bis 2007 hatte er festgestellt, dass dieses in diesem Zeitraum ausschließlich für Auftraggeber und Objekte aus Tschechien tätig gewesen sei. Die Rechnungstellung und Zahlung sei in tschechischer Währung erfolgt, die Zahlungen seien auch auf dort geführten Konten eingegangen. Für das Architekturbüro sind für die Streitjahre unter der Steuernummer … jeweils Feststellungsbescheide über inländische Einkünfte ergangen.

Der Beklagte setzte die Einkommensteuer 2008 mit Bescheid vom 22. März 2010 und 2009 mit Bescheid vom 13. Oktober 2011 fest und verneinte hierbei das Vorliegen eines inländischen Wohnsitzes. Es werde eine Veranlagung zur beschränkten Steuerpflicht durchgeführt, soweit inländische Einkünfte erzielt würden. In den hiergegen erhobenen Einsprüchen beantrage der Kläger die unbeschränkte Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Auch in seiner für 2009 abgegebenen Einkommensteuererklärung beantragte der Kläger die Veranlagung nach § 1 Abs. 3 EStG. Der Kläger führte aus, er habe sich überwiegend in Frankreich aufgehalten und dort eine private Fortbildung absolviert. Eine Bescheinigung über seine Einkünfte, die der tschechischen Einkommensteuer unterlägen, würden die dortigen Behörden nicht erteilen, da sie hierfür nicht zuständig seien, da der Kläger in den Streitjahren nicht dort gelebt habe.

Die Einsprüche wurden in der Einspruchsentscheidung vom 25. April 2012 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der Klage trägt der Kläger weiter vor, er habe im ganzen Jahr 2008 sowie 2009 einen Wohnsitz im … innegehabt. Zum Nachweis legte er eine Bestätigung der Eigentümer des Hauses, …, vor. Demnach sei die Wohnung im Erdgeschoss von den Eigentümern … an ihn, seine Ehefrau … (Schwester des Eigentümers) sowie den Mitgesellschafter des Architekturbüros, …, seit 1999 kostenfrei zur Nutzung als Wohnraum sowie für die Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit zur Verfügung gestellt worden. Einen weiteren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt habe er nicht gehabt, da er sich überwiegend dem Buddhismus-Studium in Frankreich gewidmet habe. In den übrigen Zeiten sei er in Kaufbeuren ansässig gewesen. Daneben habe er sich bei seiner Mutter im Raum … (Inland) und an den Tagen der Tätigkeit in Tschechien in der dortigen Wohnung seiner Frau aufgehalten. Die Aufenthalte seien jeweils von kurzer Dauer gewesen, da er sich überwiegend in Frankreich aufgehalten habe. Ende Oktober 2009 sei er von Frankreich zu seiner Wohnung in Kaufbeuren zurückgekehrt und habe „die Wohnung dann bis zu seiner Umsiedlung nach Tschechien genutzt” (Umsiedelung nach Tschechien angabegemäß am 21. April 2010). An welchen Tagen er konkret die Wohnung benutzt habe, lasse sich im Nachhinein nicht mehr feststellen, zumal „er in dieser Rückkehrzeit relativ viele Besuche abgestattet” habe, um seine Kontakte „nach einer fast dreijährigen weitgehenden Abwesenheit” wieder aufzufrischen. Da lediglich in Deutschland Einkünfte erzielt worden seien, sei der Kläger hier auch unbeschränkt nach § 1 Abs. 1 EStG einkommensteuerpflichtig.

Der Kläger beantragt,

die Einkommensteuerbescheid 2008 vom 26. Juli 2010 und 2009 vom 13. Oktober 2011 und die Einspruchsentscheidung vom 25. April 2012 zu ändern und den Kläger zur unbeschränkten Einkomme...

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