Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitwertkonten des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers
Leitsatz (redaktionell)
Die Vereinbarung zwischen einer GmbH und ihrem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer über die Ansammlung von Wertguthaben auf Zeitwertkonten ist durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und führt zum Ansatz verdeckter Gewinnausschüttungen.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1; KStG § 8 Abs. 3 S. 2; AO § 191 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids über Lohnsteuer. Streitentscheidend ist, ob einem Zeitwertkonto zugeführte Beträge Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 des Einkommensteuergesetzes, EStG) oder verdeckte Gewinnausschüttungen und demzufolge Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) darstellen.
Gegenstand des klägerischen Unternehmens ist laut Handelsregister der Verkauf, Einbau und die Wartung umweltrelevanter Betriebstechniken sowie die dazugehörige Beratung und Planung. Außerdem bietet die Klägerin den schlüsselfertigen Einbau von Kleinkläranlagen, Abwasserpumpstationen und Regenwassersammelanlagen an. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war im Streitzeitraum Herr K. C.. Nach dem Geschäftsführervertrag erhält er ein monatliches Gehalt und eine Gewinnbeteiligung (Tantieme).
In 2006 vereinbarten die Klägerin und ihr alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer die Möglichkeit, im Wege der Entgeltumwandlung Wertguthaben im Rahmen eines Zeitwertkontos anzusammeln. Verwendungszweck dieses Zeitwertkontos sollte sein,
die persönliche Lebensarbeitszeit des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers zu verkürzen, indem er zu einem noch zu bestimmenden Zeitpunkt aus der aktiven Arbeitsphase ausscheidet und in eine ausfinanzierte Freistellung tritt,
und/oder die Inanspruchnahme eines Sabbaticals, in welchem der alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer zu einem noch zu bestimmenden Zeitpunkt eine zeitlich begrenzte und ausfinanzierte Freistellung in Anspruch nimmt,
und/oder die nicht für Freistellungen verwendeten Wertguthaben zur Finanzierung einer betrieblichen Altersversorgung heranzuziehen, indem die Klägerin das auf dem Zeitwertkonto angesammelte Wertguthaben in einen Durchführungsweg der betrieblichen Altersvorsorge überführt.
Der Aufbau des Wertguthabens konnte nach der Vereinbarung seitens des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers durch Verzicht auf Auszahlung von Teilen des laufenden Gehalts, Bonus-/Tantiemezahlungen und eventuell anfallender Urlaubsabgeltung erfolgen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vereinbarung zur Ansammlung von Wertguthaben auf Zeitwertkonten vom 07.06.2006 verwiesen (Bl. 37 der Lohnsteuerakte des Beklagten).
In dem Zeitraum Februar 2009 bis Dezember 2010 führte die Klägerin dem Zeitwertkonto Beträge i. H. v. xxx € (2009) und xxx € (2010) zu.
Der Beklagte führte bei der Klägerin für diesen Zeitraum eine Lohnsteuer-Außenprüfung durch. Der Prüfer stellte fest, dass für die dem Zeitwertkonto zugeführten Beträge keine Lohnsteuer einbehalten und abgeführt wurde. Nach dem BMF-Schreiben vom 17.06.2009, BStBl. I 2009, 1286 (A. IV. 2. b), c); F. I.) sei dies ab dem 31.01.2009 bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht mehr möglich. Die Vereinbarung eines Zeitwertkontos für als Geschäftsführer beschäftigte beherrschende Gesellschafter sei mit deren Aufgabenbild nicht vereinbar. Im Ergebnis seien die dem Zeitwertkonto zugeführten Beträge nachzuversteuern. Die Klägerin war mit einer Inanspruchnahme als Haftungsschuldnerin einverstanden. Sie behielt sich jedoch ausdrücklich vor, Rechtsmittel einzulegen.
Nachfolgend erließ der Beklagte einen dementsprechenden Haftungsbescheid über Lohnsteuer. Zur Begründung führte der Beklagte an, dass die Klägerin Lohnsteuer in unzutreffender Höhe einbehalten und abgeführt habe. Sie werde anstelle des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers in Haftung genommen, weil ein Haftungsausschluss nicht vorliege und sie sich hiermit einverstanden erklärt habe. Im Übrigen verwies er wegen der geprüften Sachverhalte und der Berechnungsgrundlagen auf den beigefügten Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung.
Das hiergegen durchgeführte Einspruchsverfahren endete erfolglos. Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen an, dass es sich um eine Lohnverwendungsabrede handle und der Arbeitslohn im Zeitpunkt der Fälligkeit zufließe. Im Übrigen verweist der Beklagte auf FG Münster, Urteil vom 16.09.2015 7 K 2113/13 L, EFG 2015, 2073.
Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH-Urteil vom 11.11.2015 I R 26/15, BFHE 252, 359) verdeckte Gewinnausschüttungen vorliegen und somit keine Lohnsteuer anfalle. Jedenfalls würden die Einzahlungen auf dem Zeitwertkonto auch bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer im Einzahlungsjahr noch nicht zu einem steuerpflichtigen Zufluss von Arbeitslohn führen (Hessisches Finanzgericht, Urteil ...