Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkünfte als Chefarzt

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Chefarzt erzielt auch durch seine Privatliquidationen Arbeitslohn, wenn sich sein Liquidationsrecht aus seinem Arbeitsvertrag ableitet, er in den geschäftlichen Organismus des Krankenhauses eingebunden ist, er kein Unternehmerrisiko trägt und eine entsprechende Unternehmerinitiative fehlt.

 

Normenkette

EStG § 38 Abs. 3, § 41a Abs. 1, § 19

 

Tatbestand

Streitig ist die Lohnsteuerabzugspflicht der Beigeladenen für Einnahmen des Klägers aus Privatliquidation als Chefarzt.

Der Kläger ist Chefarzt und damit leitender Abteilungsarzt im Krankenhaus der Beigeladenen. Er liquidiert für stationär erbrachte wahlärztliche Leistungen. Daneben erhält er eine Vergütung von der Beigeladenen.

Ausweislich des vorliegenden Dienstvertrages des Klägers mit der Beigeladenen vom 10.8.1998 (Vertragsakte) ist er als Chefarzt angestellt. Als Chefarzt ist er dabei in seiner ärztlichen Tätigkeit grundsätzlich unabhängig (§ 2 Abs. 1 Nr. 1), untersteht aber der Dienstaufsicht des Trägers, hat die Anordnungen der vom Träger bestellten Betriebsleitung/des Direktoriums zu beachten und für deren Durchführung zu sorgen (§ 2 Abs. 1 Nr. 2). Zu seinen Dienstaufgaben gehört gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1a die Behandlung aller Patienten seiner Abteilung im Rahmen der Krankenhausleistungen sowie gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1f die nichtstationäre Untersuchung und Behandlung von Patienten anderer Krankenhäuser, auch fremder Träger, soweit die Untersuchung und Behandlung auf Veranlassung des anderen Krankenhauses in seiner Abteilung erfolgt. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 ist er verpflichtet, die notwendigen Visiten bei allen Patienten seiner Abteilung persönlich durchzuführen. Es ist Sorge dafür zu tragen, dass eine Krankengeschichte für jeden stationären Patienten der Abteilung geführt wird. Dieses Krankengeschichte ist Eigentum des Krankenhauses ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 4). Der Chefarzt entscheidet über die Aufnahme und Entlassung von Patienten seiner Abteilung unter ärztlichen Gesichtspunkten. Das allgemeine Weisungsrecht des Trägers bleibt unberührt (§ 2 Abs. 2 Nr. 5). Die Mitarbeiter für den stationären und ambulanten Dienst stellt nur der Träger ein. Die in § 3 des Dienstvertrages vom 10.8.1998 genannte Vergütung gilt alle Dienstleistungen des Chefarztes ab, die dieser für das Krankenhaus und seine Einrichtungen nach diesem Dienstvertrag zu erbringen hat, so u.a. ausdrücklich Bereitschaftsdienste, Rufbereitschaften, Überstunden, Unterrichtserteilung sowie Dienstaufgaben nach § 2 Abs. 2.

In § 4 des Dienstvertrages ist die gesonderte Berechnung ärztlicher Leistungen geregelt. Hiernach besteht ein Liquidationsrecht des Klägers im vollstationären, teilstationären, vor- und nachstationären Bereich für ärztliche Leistungen bei den Patienten, die eine persönliche Behandlung ausdrücklich gewählt und dies mit dem Krankenhaus vereinbart haben (§ 4 Abs. 1). Hierbei trägt der Chefarzt das Risiko für den Umfang der Inanspruchnahme gesondert berechenbarer ärztlicher Leistungen und für die Höhe sowie den Eingang seiner Einnahmen aus dem Liquidationsrecht. Ein Ausgleichsanspruch bei Änderung des Liquidationsrechts besteht nicht (§ 4 Abs. 2). Gemäß § 4 Abs. 3 ist der Chefarzt nach dem ärztlichen Berufsrecht verpflichtet, die nachgeordneten Ärzte und Mitarbeiter seiner Abteilung an den Einnahmen aus dem Liquidationsrecht angemessen zu beteiligen.

§ 5 regelt das Nutzungsentgelt, welches der Chefarzt an den Träger zu zahlen hat. Hiernach ist der Chefarzt verpflichtet, an den Träger ein „Nutzungsentgelt (Kostenerstattung und Vorteilsausgleich)” zu entrichten (§ 5 Abs. 1). Neben einer Kostenerstattung (§ 5 Abs. 2) ist ein pauschalierter Vorteilsausgleich (§ 5 Abs. 3) zu zahlen. Die Liquidationseinnahmen sind auf ein Treuhandkonto des Krankenhauses gemäß § 5 Abs. 3 einzuzahlen, was auch geschieht. Über dieses Konto haben allein der Krankenhausträger und die Chefärzte ein gemeinsames Verfügungsrecht. Von diesem Konto sind zunächst die Abgaben an den Krankenhausträger und die Abgaben an die nachgeordneten Mitarbeiter zu zahlen. Auf dieses Konto fließen sowohl die Einnahmen aus ambulanter wie auch stationärer Behandlung, soweit der Arzt liquidationsberechtigt ist.

Tätigkeiten außerhalb der Dienstaufgaben bedürfen der Nebentätigkeitserlaubnis des Trägers (§ 6). Eine solche Nebentätigkeitserlaubnis hat der Kläger für die ambulante Beratung und Behandlung im Krankenhaus (Sprechstundentätigkeit), für ambulante Gutachtertätigkeit und Konsiliartätigkeit am 10.8.1998 erhalten.

Der Kläger ermittelte den Gewinn aus dem Liquidationsrecht nach § 4 Abs. 3 EStG. Für das Jahr 2005 bildete er eine § 7g-Rücklage, die er in 2007 aufgelöst hat.

Die Beigeladene reichte am 31.1.2008 berichtigte Lohnsteueranmeldungen für den Streitzeitraum Januar 2007 bis Dezember 2007 bei der Beklagten ein. Dies erfolgte unter Bezug auf das BFH-Urteil vom 5.10.2005 (VI R 152/01, BStBl II 2006, 94) zur Besteuerung von Einnahmen von Chefärzten aus dem Liquidationsrech...

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