Entscheidungsstichwort (Thema)
Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit, Entschädigung, Fünftelregelung
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Pauschalvergütung für eine Arbeitnehmererfindung kann bei fehlenden Anhaltspunkten für eine Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit nicht tarifbegünstigt nach § 34 Abs. 1, 2 EStG (Fünftelregelung) besteuert werden.
2) Eine solche Vergütung ist bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis und erstmaliger vertraglicher Anspruchsfeststellung auch keine begünstigt zu besteuernde Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG.
Normenkette
EStG § 34 Abs. 1, 2 Nrn. 2, 4; ArbnErfG § 9 Abs. 1; EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a
Tatbestand
Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger, ein DiplomIngenieur, war bei der Firma U GmbH & Co. KG (U) in B, die u. a. Sicherheitsglas für gepanzerte Militärfahrzeuge und Winkelspiegel herstellt, als Produktionsleiter beschäftigt.
In den Jahren 2003 bis 2005 hatte der Kläger im Rahmen seiner Beschäftigung bei der U ein sog. „Aluminium Silicon Tape” zur Verbesserung eines von der U produzierten Verbundsicherheitsfensters entwickelt. Die Diensterfindung des Klägers wurde von der U nach §§ 4 Abs. 2, 6 Abs. 1 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen („ArbnErfG”) in Anspruch genommen. Für die U wurde beim Deutschen Patent- und Markenamtes unter der Nr. … für ein Verbundsicherheitsfenster ein ab dem 09. März 2005 laufendes Patent durch Erteilungsbeschluss vom 14. März 2008 (Az. …) eingetragen. Das Patent ist wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr im Jahr 2011 erloschen.
Der Kläger machte gegenüber der U im November 2010 seinen Vergütungsanspruch nach § 9 ArbnErfG für die Diensterfindung geltend, den er nach dem sog. Lizenzanalogieverfahren gemäß den Richtlinien für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst berechnete und auf 514.080 EUR bezifferte. Die Berechnung legte der Kläger gegenüber der U mit Schreiben vom 22. November 2010 dar, auf welches wegen Einzelheiten Bezug genommen wird (Einkommensteuerakte des Bekl). Zum Zeitpunkt der Anspruchsstellung befürchtete der Kläger, seinen Arbeitsplatz wegen einer geplanten Umstrukturierung des Betriebs und Verkaufs der Sicherheitsglassparte zu verlieren. Das Arbeitsverhältnis endete im Frühjahr 2011.
Der Kläger und die U einigten sich auf einen pauschalen Abfindungsbetrag i. H. v. 286.000 EUR. Mit Zahlung des Betrags sollte die Inanspruchnahme der vorgenannten, patentierten Diensterfindung sowie weiterer, nicht im Einzelnen genannter Diensterfindungen und Verbesserungsvorschläge des Klägers abgegolten werden. Die weiteren, nicht im Einzelnen genannten Diensterfindungen waren durch die U zum Zeitpunkt der Vereinbarung nicht kommerziell verwertet worden; eine wirtschaftliche Nutzung der Patente war auch nicht absehbar. Das Patent für das Verbundsicherheitsglas war aus Sicht der Beteiligten die wirtschaftlich bedeutendste Diensterfindung des Kl. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Vereinbarung vom 07. Dezember 2010 (Bl. 26 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Die vereinbarte Vergütung wurde dem Kläger mit seinem Dezemberlohn 2010 ausgezahlt.
Bei der Einkommensteuererklärung 2010 machte der Kläger die Vergütung als Entschädigung i. S. v. § 24 Nr. 1 Buchst a, 24 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) geltend.
Der Beklagte folgte dem Kläger nicht und besteuerte die Vergütung zusammen mit dem übrigen Arbeitslohn entsprechend der Eintragung in der Lohnsteuerkarte (379.071,22 EUR).
Der Kläger machte im Einspruchsverfahren geltend, es läge eine Vergütung für eine mehrjährige Erfindungstätigkeit vor, die ihm zusammengeballt zugeflossen sei. Die Tätigkeit habe sich angefangen von der Idee über die Entwicklung bis zur Patentreife, der Patentierung bis zur Vergütung im Jahr 2010 über mehrere Jahre (2003 bis 2010) erstreckt.
Daneben war ein hier nicht zu entscheidender Punkt (Investitionsabzugsbetrag) streitig.
Der Beklagte wies den Einspruch durch Teileinspruchsentscheidung vom 16. April 2012 als unbegründet zurück. Unter Bezugnahme auf die BFH-Entscheidung vom 26. Januar 2005 (VI R 43/00, BFH/NV 2005, 888) verweist der Beklagte im Wesentlichen darauf, dass durch die Vergütung nach § 9 ArbnErfG nicht die geleisteten Dienste in den Jahren der Entwicklung der Erfindung bis zur Patentierung und danach bis zur Vergütung honoriert worden seien, sondern dass die dem Arbeitgeber kraft Gesetz zugewachsene wirtschaftliche Monopolstellung aus dem Patent abgegolten worden sei. Nach der Rechtsprechung sei unerheblich, wie lange der Arbeitnehmer für seine Erfindung benötigt habe.
Mit seiner dagegen gerichteten Klage macht der Kläger geltend, den Anspruch auf die Sonderzahlung in der Zeit von März 2003 bis November 2010 erworben zu haben. Durch den Zufluss im Dezember 2010 komme es zu einer Zusammenballung, so dass die Voraussetzungen nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG erfüllt seien und die Versteuerung nach § 34 Abs. 1 EStG zu erfolgen habe. Der Streitfall sei mit dem Urteilsfall des BFH (VI R 43/00) nicht vergleichbar,...