Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbeziehung von nach § 32d Abs. 1 EStG besteuerten Kapitalerträgen in den erweiterten Härteausgleich im Sinne des § 46 Abs. 5 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Kapitaleinkünfte, die nach § 32d Abs. 1 EStG mit 25 % besteuert wurden, stellen keine "einkommensteuerpflichtigen Einkünfte" im Sinne von § 46 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 EStG i.V.m. § 70 Satz 1 EStDV dar, so dass kein Härteausgleich zu gewähren ist.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 5b, § 32d Abs. 1, § 46 Abs. 5, 2 S. 1; EStDV § 70
Tatbestand
Streitig ist die Einbeziehung von Kapitalerträgen, die nach § 32d Abs. 1 EStG besteuert wurden, in den erweiterten Härteausgleich im Sinne von § 46 Abs. 5 EStG i.V.m. § 70 EStDV.
Die Klägerin ist Steuersekretärin und wird im Streitjahr 2014 bei dem beklagten Finanzamt einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit und Kapitalvermögen.
Die Einkommensteuererklärung 2014 reichte sie am 24.06.2015 ein. Darin gab sie u.a. Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 1.439 € (korrigiert: 1.410 €), den in Anspruch genommenen Sparer-Pauschbetrag mit 831 € sowie abgeführte Kapitalertragsteuer (152,06 €) und Solidarzuschlag (8,36 €) an. Sie beantragte die Günstigerprüfung.
Am 07.07.2015 erließ der Beklagte einen der Steuererklärung folgenden Einkommensteuerbescheid, in dem die Einkommensteuer 2014 mit 2.123 € festgesetzt wurde. Auf die Kapitalerträge in Höhe von 609 € (1.410 € - 801 €) entfiel nach § 32d Abs. 1 EStG eine Einkommensteuer von 149 €. Die angegebene Kapitalertragsteuer sowie der Solidaritätszuschlag wurden von der festgesetzten Einkommensteuer in Abzug gebracht.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 10.07.2015 Einspruch ein.
Zur Begründung führte sie aus, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 46 Abs. 5 EStG i.V.m. § 70 EStDV wie in der beigefügten ELSTER-Steuerberechnung berücksichtigt werden sollten. Für den Fall, dass die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG den Härteausgleich ausschließe, ziehe sie den Antrag zurück.
Mit Schreiben vom 20.07.2015 wies das Finanzamt darauf hin, dass der Härteausgleich nach § 46 Abs. 3, 5 EStG i.V.m. § 70 EStDV ab VZ 2014 dahingehend eingeschränkt worden sei, dass einkommensteuerpflichtige Einkünfte vorliegen müssten, von denen der Steuerabzug vom Lohn nicht vorgenommen worden sei und die nicht nach § 32d Abs. 6 EStG der tariflichen Einkommensteuer unterworfen worden seien.
Die Klägerin entgegnete, dass sie aufgrund eines Programmfehlers in ELSTER-Formular fälschlicherweise die Günstigerprüfung beantragt habe. Sie bat darum, den Einkommensteuerbescheid 2014 nach § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO zu ändern, da sich der Ausschluss des Härteausgleichs nur auf die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG und nicht auf Einkünfte aus Kapitalvermögen im Allgemeinen beziehe.
Das Finanzamt teilte der Klägerin mit Schreiben vom 14.03.2016 mit, dass ihr persönlicher Steuersatz über 25 % betrage und die Versteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen daher mit dem Abgeltungssteuersatz erfolge. Auch wenn der Antrag auf Günstigerprüfung zurückgenommen werde, verbleibe es bei dieser Besteuerung.
Mit Schreiben vom 04.04.2016 erwiderte die Klägerin, dass nach ihrem Verständnis die Kapitaleinkünfte nach § 32d Abs. 1 EStG mit 25 % zu versteuern seien und der Härteausgleich in Höhe von 211 € (820 € - 609 €) zu berücksichtigen sei.
Das Finanzamt erläuterte mit Schreiben vom 14.04.2016, nur nach Durchführung der Günstigerprüfung könne die Kapitalertragsteuer auf die festgesetzte Einkommensteuer angerechnet werden. Anderenfalls verbliebe es bei der bisherigen Versteuerung nach der Abgeltungssteuer ohne Anrechnung der gezahlten Kapitalertragsteuer und es ergäbe sich eine Nachzahlung von 4 €.
Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 25.04.2016, ihre Kapitaleinkünfte nach § 32d Abs. 4 EStG zu prüfen und reichte sämtliche Nachweise ein. Dies stehe weder der Anwendung des erweiterten Härteausgleichs gemäß § 46 Abs. 5 EStG i.V.m. § 70 EStDV noch der Anrechnung der Kapitalertragsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG entgegen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 23.08.2016 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Er führte zur Begründung aus, dass die Besteuerung der Kapitaleinkünfte mit 25 % günstiger sei, da der persönliche Steuersatz der Klägerin darüber liege. Da der Abzug der Kirchensteuer von den Kapitaleinkünften noch nicht vorgenommen worden sei, sei die Klägerin zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet gewesen. Durch die beantragte Prüfung nach § 32d Abs. 4 EStG sei die Abgeltungssteuer nach § 32d Abs. 1 EStG neu berechnet worden. Dies habe jedoch nicht dazu geführt, dass die Kapitaleinkünfte in das zu versteuernde Einkommen einbezogen worden seien.
Die tarifliche Einkommensteuer bemesse sich gemäß § 32a EStG nach dem zu versteuernden Einkommen. Darin seien die Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht enthalten, sondern in § 32d EStG gesondert geregelt. Unter der "Summe der Einkünfte" im Sinne des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG sei derjenige Sal...