Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnsitz von technischen Fachkräften i. S. des Art. 73 ZA-NATOTrStat
Leitsatz (redaktionell)
Die Frage des Wohnsitzes einer für die amerikanische Armee tätigen, ausländischen technischen Fachkraft, die mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, richtet sich danach wo dessen Mittelpunkt der Lebensinteressen ist. Die Heirat und die Berufstätigkeit des deutschen Partners können nicht allein für einen dauerhaften Aufenthalt im Inland sprechen.
Normenkette
AO § 8; EStG § 1 Abs. 1 S. 1, § 26 Abs. 1 S. 1, § 26b; NATOTrStat Art. X Abs. 1 S. 1; ZA-NATOTrStat Art. 73
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger in den Streitjahren 1998 bis 2000 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war.
Der Kläger ist amerikanischer Staatsbürger und war von Oktober 1990 an als Soldat der US-Streitkräfte in Deutschland stationiert. Er heiratete im März 1994 die Klägerin, eine deutsche Staatsangehörige, und wohnte mit ihr außerhalb der Housing-Area der amerikanischen Streitkräfte in einer Zwei-Zimmer-Wohnung, die der Klägerin und ihren Eltern jeweils zur Hälfte gehörte. Nach Beendigung seines Militärdienstes trat der Kläger im Mai 1998 bei einer US-amerikanischen Firma, die die US-Streitkräfte in technischen Fragen beriet, eine Stelle als Betreuer für Kampfsimulationssysteme an. Dort war er bis März 2001 beschäftigt. Die Klägerin war in den Streitjahren ebenfalls in Deutschland berufstätig. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers verließen beide Ehegatten die Bundesrepublik, der Kläger im April 2001, die Klägerin zwei Monate später.
In den Einkommensteuererklärungen der Streitjahre beantragten die Kläger Zusammenveranlagung. Als Beruf gab der Kläger "Zivilist bei der US-Army" an. Er erklärte steuerfreie US-Bezüge von 3.279 $ für 1998, 17.440 $ für 1999 und 17.640 $ für 2000. Die Veranlagungen 1998 und 1999 erfolgten erklärungsgemäß.
Die Oberfinanzdirektion Nürnberg teilte dem beklagen Finanzamt im Juli 2000 mit, dass der Kläger als technische Fachkraft anzusehen sei. In der Kontrollmitteilung wurde sein Beschäftigungszeitraum vom 13.05.1998 bis 01.03.2001, seine Privilegien mit 10.185 $ und sein Lohn mit 24.720 $ angegeben. Auf die Gewährung des rechtlichen Gehörs reagierten die Kläger zuerst nicht. Im Mai 2001 erklärte der steuerliche Vertreter des Klägers, dass nach seiner Ansicht der Kläger keinen Wohnsitz in Deutschland begründet habe. Er sei seit 07.04.2001, die Klägerin seit Juni 2001 in die Vereinigten Staaten abgereist.
Das Finanzamt änderte mit Bescheiden vom 03.07.2001 die Veranlagungen 1998 und 1999 und erließ erstmalig für 2000 einen Einkommensteuerbescheid, in dem es die Einkünfte des Klägers bei der Firma… steuerpflichtigen Lohn erfasste. Es schätzte die Höhe der Einnahmen, indem es die Summe aus Lohn und Privilegien durch den Beschäftigungszeitraum von 34 Monaten teilte und anteilig in den Streitjahren erfasste. Die Einspruchsverfahren blieben ohne Erfolg.
Im Klageverfahren änderte das Finanzamt mit Bescheiden vom 20.12.2002 die Veranlagungen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und setzte für 1998 33.810 DM, für 1999 62.037 DM und für 2000 71.892 DM als Einkünfte des Klägers aus steuerpflichtiger, nichtselbständiger Tätigkeit an.
Mit ihrer Klage machen die Kläger geltend, der Kläger habe in Deutschland keinen Wohnsitz begründet; weil er sich nur in seiner Eigenschaft als Angehöriger der Truppe oder als technische Fachkraft hier aufgehalten habe. Nach dem Notenwechsel zu Art. 73 des Zusatzabkommens zum Nato-Truppenstatut (ZA-NTS) seien die Gesamtumstände abzuwägen, um beurteilen zu können, ob der Kläger den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen nach Deutschland verlegt habe. Von den neun Prüfungskriterien lt. Notenwechsel sprächen nur zwei, nämlich die Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen und ihre Anstellung bei einem inländischen Arbeitgeber für einen inländischen Wohnsitz. Die übrigen Punkte sprächen eindeutig dagegen. So habe sich der Kläger hier niemals ohne den Status als Truppenangehöriger oder Angehöriger des zivilen Gefolges aufgehalten oder sei einer anderen Beschäftigung nachgegangen. Er habe hier kein Grundeigentum besessen, sondern im Gegenteil sogar im Jahr 2001 ein Grundstück in Florida erworben. Er habe keine deutschen Sozialleistungen in Anspruch genommen. Die Ehe sei kinderlos. Andere Einkünfte beziehe er nur in den Vereinigten Staaten in Form einer Rente der US-Armee auf ein Konto in Florida. Der Schwerpunkt seiner sozialen und gesellschaftlichen Beziehungen liege in den Vereinigten Staaten, wo er regelmäßig Kontakt zu Verwandten und Freunden unterhalten habe und die Kläger ihren Urlaub verbracht hätten. Der Kläger sei der deutschen Sprache nicht mächtig und habe durch seine intensive Reisetätigkeit von 150 Tagen pro Jahr in ganz Europa keine Kontakte in Deutschland knüpfen können. Die Rechtsprechung, die allein die Ehe mit einer Deutschen zur Wohnsitzbegründung habe genügen lassen, sei durch die deutsch-amerikanische Vereinbarung von 1998 überholt.
Darüber hin...