Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzicht auf Berücksichtigung von Werbungskosten zum Zweck der Überschreitung der Veranlagungsgrenze
Leitsatz (amtlich)
Sind nach den Umständen des Einzelfalles Werbungskosten nachgewiesen, ist ein Verzicht des Steuerpflichtigen auf diese mit dem Ziel, dadurch die Veranlagungsgrenze des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG zu überschreiten, unbeachtlich.
Normenkette
EStG § 46 Abs. 2 Nrn. 1, 8
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 13.12.2006; Aktenzeichen VI R 36/06) |
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger zur Einkommensteuer für die Jahre 1998 bis 2000 zu veranlagen ist.
Der Kläger erzielte in den Streitjahren neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Anästhesist an der Krankenanstalt T auch solche aus Vermietung und Verpachtung, selbständiger Tätigkeit und aus Kapitalvermögen.
Weil der Kläger keine Einkommensteuererklärungen für diese Jahre abgab, forderte der Beklagte ihn wie folgt zur Einreichung der Erklärungen auf:
- für 1998 am 26.01.2000 zum 28.02.2000
- für 1999 am 06.12.2000 zum 08.01.2001
- für 2000 am 14.11.2001 zum 17.12.2001
Der Kläger kam diesen Aufforderungen und auch den später erfolgten Zwangsgeldandrohungen durch den Beklagten nicht nach.
Der Beklagte erließ daraufhin am 21. Juli 2003 eine Nichtveranlagungsverfügung für die Streitjahre mit der Begründung, es habe sich ohne besondere Prüfung ergeben, dass für das zu versteuernde Einkommen bei Anwendung der Grundtabelle eine Einkommensteuer nicht festzusetzen und Kapitalertragsteuer, Körperschaftsteuer und/oder Solidaritätszuschlag nicht anzurechnen seien.
Den hiergegen erhobenen, nicht begründeten Einspruch wies der Beklagte mit Entscheidung vom 11. Dezember 2003 zurück. Die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung des Klägers gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1-7 EStG lägen nicht vor, der Kläger habe auch keinen fristgerechten Antrag auf Durchführung der Veranlagung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG gestellt.
Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger das Ziel weiter, in den Streitjahren zur Einkommensteuer veranlagt zu werden. Im Verlauf des Klageverfahrens hat er am 14.02.2004 von ihm unterzeichnete Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre am 20.02.2004 bei dem Beklagten eingereicht. Hierin hat er, neben den Angaben zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, u.a. folgende Angaben gemacht:
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1998 |
1999 |
2000 |
Einkünfte aus Kapitalvermögen |
2.120,- |
348,- |
2.922,- |
Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Unterricht am E-Krankenhaus) |
360,- |
522,- |
360,- |
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Objekt N |
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- Mieteinnahmen |
7.447,- |
8.009,- |
7.974,- |
- Werbungskosten |
- lt. Anlage V Rückseite |
2.745,- |
2.745,- |
2.745,- |
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- lt. Anlage V Vorderseite |
2.745,- |
2.970,- |
2.970,- |
- Überschuss |
4.702,- |
5.039,- |
5.004,- |
Dabei setzen sich die auf den jeweiligen Anlagen V angegebenen Werbungskosten ausschließlich aus AfA und Grundsteuer zusammen. Bei der Werbungskostenposition Schuldzinsen sind für 1998 7.180.- DM, für 1999 5.167.- DM und für 2000 3.014.- DM angegeben, dahinter befindet sich jeweils der Hinweis: "Schuldzinsen werden nicht nachgewiesen (vgl. BFH BStBl II 1993, S. 738; FG Hamburg, VI 116/02, U.v. 4.9.2003)."
Der Kläger war zudem an mehreren Gesellschaften beteiligt. Nach den den Steuererklärungen beigefügten Anlagen und den in der Steuerakte befindlichen Mitteilungen der jeweiligen Feststellungsfinanzämter waren in den Einkommensteuererklärungen des Klägers hieraus folgende Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bzw. Kapitalvermögen zu berücksichtigen:
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1998 |
1999 |
2000 |
M Rendite Fonds Nr. 2 |
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- Vermietung und Verpachtung |
- 2.979,86 |
- 3.729,17 |
- 1.919,16 |
- Kapitalvermögen |
73,66 |
73,19 |
26,02 |
M Rendite Fonds Nr. 4 |
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- Vermietung und Verpachtung |
- 1.513,19 |
- 1.682,90 |
- 1.176,25 |
- Kapitalvermögen |
109,52 |
104,45 |
102,93 |
S-Strasse 24-26 Grundstückverw. GmbH & Co KG |
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- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung |
971,44 |
1.176,76 |
1.255,65 |
- nach Anwendung des § 15a EStG anzusetzende steuerpflichtige Einkünfte |
0,00 |
0,00 |
0,00 |
Der Kläger trug vor, die gesetzlichen Voraussetzungen einer Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG lägen vor. Für die Streitjahre ergebe sich eine Pflichtveranlagung wegen Überschreitens der genannten Grenze von 800.- DM nach den vorgelegten Einkommensteuererklärungen dadurch, dass er hinsichtlich seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Appartements in der Seniorenanlage N gegenüber dem Beklagten erklärt habe, es werde kein Nachweis von Schuldzinsen erfolgen. Eine solche Erklärung, mit der auf die Geltendmachung von Schuldzinsen verzichtet werde, könne sich nach der Rechtsprechung des BFH einkommenserhöhend auswirken, um eine Einkommensteuererklärung zu erreichen. Eine solche Verzichtserklärung sei beachtlich, soweit sie sich auf antragsgebundene Aufwendungen des Steuerpflichtigen beziehe und der Verzicht als Antragsrücknahme auszulegen sei. Sie sei demgegenüber unbeachtlich, soweit sie Aufwendungen betreffe, die die Finanzämter von Amts wegen einkommensmindernd berücksichtigen müssten, falls sie nachgewiesen seien. Dies treffe zwar grundsätzlich au...