Entscheidungsstichwort (Thema)
Lohnsteuerrechtliche Behandlung der Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwalts-GbR
Leitsatz (amtlich)
Die Zahlung der Beiträge zur eigenen Berufshaftpflichtversicherung des Arbeitgebers (Rechtsanwalts-GbR) für seine "Tätigkeit als Rechtsanwalt", bei der sich der Versicherungsschutz auf die in der Anlage zum Versicherungsschein namentlich aufgeführten angestellten Rechtsanwälte erstreckt, ist für seine angestellten Rechtsanwälte Arbeitslohn. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber einen die Mindestversicherungssumme übersteigenden Versicherungsschutz wählt (gegen FG Thüringen, Urteil vom 08.11.2017 - 3 K 337/17, EFG 2018, 954, Revision VI R 12/18).
Eine Gleichbehandlung mit der eigenen Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwalts-GmbH ist nicht geboten.
Normenkette
AO § 191 Abs. 1; EStG § 42 Abs. 1 Nr. 1, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; BRAO § 51
Nachgehend
Tatbestand
Strittig ist, ob die Beitragszahlungen einer Partnerschaftsgesellschaft für angestellte Rechtsanwälte zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung als Arbeitslohn zu behandeln sind.
Die Klägerin, eine Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Haftung, wurde bis Januar 2014 in der Rechtsform einer Partnerschaftsgesellschaft geführt.
Nach den Feststellungen einer im Jahr 2014 durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung hatte die Klägerin als Versicherungsnehmerin im Anmeldungszeitraum 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2013 eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Ausweislich des Versicherungsscheins wurde neben den in der Anlage 1 genannten mitversicherten Gesellschaften die "gesetzliche Haftpflicht" der in der Anlage 2 aufgelisteten 38 Rechtsanwälte/Rechtsanwältinnen bis zu einer Versicherungssumme in Höhe von 10.000.000 € versichert. Laut Versicherungsschein entfielen davon 250.000 € 4-fach maximiert je Rechtsanwalt und weitere 750.000 € 1-fach maximiert je Rechtsanwalt, weitere 4.000.000 € 1-fach maximiert für die Sozietät und weitere 5.000.000 € 2-fach maximiert für die Sozietät. Der Umfang der Versicherung richtete sich nach den Allgemeinen und Besonderen Versicherungsbedingungen sowie Risikobeschreibungen zur Vermögens-Haftpflichtversicherung für Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte und Patentanwälte sowie nach den Versicherungsbedingungen zur Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden. Die Höhe der Versicherungsprämie war an die Funktion der Tätigkeit der von der Klägerin beschäftigten Rechtsanwälte ausgerichtet. Die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für die angestellten Rechtsanwälte wurde nach Einlassung der Klägerin von ihr getragen. Lohnsteuer führte sie hierfür nicht ab.
Die Übernahme in Höhe derjenigen Prämienbeiträge, die auf die angestellten Rechtsanwälte/Rechtsanwältinnen für deren Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung im Anmeldezeitraum 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2013 entfielen, wertete die Lohnsteuer-Außenprüfung in ihrem Prüfungsbericht vom 21. November 2014 - auch über die Mindestversicherungssumme von 250.000 € hinaus - in vollem Umfang als lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn. Der Beklagte machte sich die Ansicht der Lohnsteuer-Außenprüfung zu Eigen. Unter dem Datum vom 18. Dezember 2014 erließ er gegen die Klägerin einen Haftungsbescheid über Lohnsteuer sowie sonstige Lohnsteuerabzugsbeträge für den Streitzeitraum Januar 2010 bis Dezember 2013 über insgesamt 61.932,83 € (= 55.253,00 € Lohn + 3.038,77 € Solidaritätszuschlag + 1.229,24 € ev. Kirchensteuer + 2.411,82 € rk. Kirchensteuer) ohne Leistungsgebot verbunden mit folgendem Bemerken:
"… Ein Leistungsgebot (Zahlungsaufforderung) ergeht derzeit nicht, weil für den oben angegebenen Gesamtbetrag vorrangig die Arbeitnehmer in Anspruch genommen werden. Der Erlass eines Leistungsgebots bleibt für den Fall vorbehalten, dass die Steuererhebung bei den Arbeitnehmern nicht möglich ist. Es wird darauf hingewiesen, dass das Leistungsgebot nicht mehr mit Einwendungen angegriffen werden kann, die sich gegen den Haftungsbescheid richten. Gleiche oder ähnliche Berechnungsfehler sind bei einer größeren Zahl von Arbeitnehmern gemacht worden. …"
Gegen den so ergangenen Haftungsbescheid erhob die Klägerin am 2. Januar 2015 Einspruch. Im Kern wandte sie ein, dass zwar jeder angestellte Rechtsanwalt verpflichtet sei, eine Haftpflicht zu unterhalten. Dies gelte aber nur im Rahmen einer Mindestdeckungssumme von 250.000 €. Die höhere eigene Berufshaftpflichtversicherung einer Partnerschaftsgesellschaft diene überwiegend eigenbetrieblichen Interessen, da nach § 8 PartGG nur die Partner als Gesamtschuldner haften würden, weshalb eine persönliche Haftung des angestellten Rechtsanwalts nicht in Betracht komme. Dadurch reduziere sich das Interesse des Arbeitnehmers im Hinblick auf den Abschluss einer Haftpflichtversicherung auf die Mindestversicherungssumme, die benötigt werde, um die Zulassung als Rechtsanwalt zu erlangen. Ein Interesse an einer höhe...