Dipl.-Psych. Julia Scharnhorst
Führungskräfte benötigen für die Auseinandersetzung mit Resilienz ein weiteres Themenspektrum als Mitarbeiter. In Trainings für Führungskräfte ist natürlich auch die persönliche Resilienz ein wichtiges Thema. Vorgesetzte haben aber auch Verantwortlichkeiten für ihr Team und das gesamte Unternehmen. Daher brauchen Trainings für Führungskräfte eine Erweiterung, um auch auf Elemente der organisationalen Resilienz eingehen zu können.
So kann z. B. eine Einschätzung darüber stattfinden, wie hoch das Resilienzlevel des eigenen Teams zurzeit ist. Auch eine Einschätzung, welche Arbeitsplätze im eigenen Bereich ein besonders hohes Maß an Resilienz benötigen, z. B. in der Beschwerdeabteilung oder auf der Intensivstation, ist hilfreich. Daraus können sich Maßnahmen zur Personalauswahl und -entwicklung ableiten. In Führungskräftetrainings zur Resilienz sollte die Resilienzentwicklung des Teams ausreichend Raum bekommen.
Es reicht aber nicht, den Blick nur auf die eigene Resilienz oder die des Teams zu richten. Jede Führungskraft hat auch eine Verantwortung gegenüber dem gesamten Unternehmen. Daher sollte die Gelegenheit genützt werden, um gemeinsam darüber zu diskutieren, welche Arten von Krisen auf das Unternehmen zukommen könnten. Falls Krisen mit schwerwiegenden Auswirkungen identifiziert werden, kann über Maßnahmen nachgedacht werden, die mit den eigenen Mitteln und Befugnissen und mit dem eigenen Bereich umgesetzt werden können. Vorschläge, die auf höheren Hierarchieebenen umgesetzt werden müssten, können an die entsprechenden Stellen weitergeleitet werden.
In Angeboten für Führungskräfte sollte also auch immer die organisationale Resilienz zum Thema gemacht werden. Hier wird deutlich, dass es bei solchen Trainingskonzepten sinnvoll ist, vorab ein umfassendes Konzept zum Umgang mit dem Thema Resilienz im Unternehmen zu erstellen. Sollen alle Führungskräfte an diesen Maßnahmen teilnehmen? Oder bleibt die Teilnahme freiwillig? Wird die Teilnahme an diesen Maßnahmen von der Geschäftsführung oder Leitung gefördert? Werden vorab Kommunikationswege geklärt, um die Ergebnisse und Vorschläge aus den Trainings an höhere Hierarchieebenen weiterzuleiten?
Wenn das Thema im Unternehmen wirklich ernst genommen wird, sollte ein Gesamtkonzept entwickelt werden. Es ist dann auch sinnvoll, möglichst alle Führungsebenen und -kräfte einzubeziehen. Je mehr Menschen sich an einem Resilienzförderungsprozess im Unternehmen beteiligen, desto wirkungsvoller wird er. Falls Führungskräftetrainings zum Thema nur auf freiwilliger Basis angeboten und wenig genützt werden, ist auch kein durchschlagender Effekt zu erwarten.