Dipl.-Psych. Julia Scharnhorst
Wenn die Resilienz in einer Organisation nachhaltig gefördert werden soll, lohnt es sich, alle Ebenen zu betrachten und jeweils passende Maßnahmen zu entwickeln. Eine resiliente Organisation braucht bestimmte Merkmale, Werte und Strukturen. Wie oben beschrieben muss also auf jeden Fall das Ganze betrachtet werden. Innerhalb dieser Strukturen bewegen sich aber einzelne Menschen – entweder mit oder ohne Führungsauftrag. Diese Menschen wiederum arbeiten innerhalb der Organisation in verschiedenen Gruppen, z. B. Abteilungen oder Projektteams. Für alle 4 Ebenen muss überlegt werden, wie die Resilienz gefördert werden kann (Abb. 4).
Abb. 4: Förderung der Resilienz auf verschiedenen Ebenen
Motive der Resilienzförderung klären
Bevor Sie Maßnahmen zur Resilienzförderung in Ihrem Unternehmen oder einer öffentlichen Einrichtung starten, sollten Sie sich über die Beweggründe klarwerden. Eine Haltung, die besagt: "Jetzt machen wir unsere Mitarbeiter ganz belastbar und dann können wir noch einmal den Druck erhöhen!", wäre sicherlich nicht zielführend. Solche tieferliegenden Motive werden von der Belegschaft schnell erspürt und Angebote werden dann nicht angenommen.
Resilienzförderung ist nur dann glaubwürdig und erfolgreich, wenn sie wirklich sowohl im Interesse des Unternehmens, als auch der Mitarbeiterschaft erfolgt. Das demonstrieren Sie am besten, wenn Sie sowohl die Widerstandskräfte der Beschäftigten fördern, als auch gleichzeitig die Arbeitsbedingungen so günstig wie möglich gestalten.
5.1 Resilienzförderung für Beschäftigte
Das wichtigste Instrument, das Unternehmen für die Resilienzförderung der Beschäftigten zur Verfügung steht, ist das Seminar oder Training. Seminare können entweder intern oder extern, als offenes Angebot oder für bestimmte Zielgruppen, z. B. Mitarbeiter auf besonders belastenden Arbeitsplätzen, angeboten werden.
Resilienz lässt sich nicht lehren. Sie beruht vielmehr auf der Entwicklung recht unterschiedlicher Fähigkeiten und Einstellungen. Daher sind eher Seminare geeignet, die Workshop- oder Trainingscharakter haben. Es muss viel Raum für das Reflektieren von Erfahrungen und eigenen Verhaltensweisen und für Diskussionen bleiben.
Neben den klassischen Fortbildungsangeboten gibt es aber noch andere Möglichkeiten, das Thema Resilienz im Unternehmen bekanntzumachen und zu fördern. Dazu kann z. B. E-Learning gehören oder das Einsetzen von "Resilienz-Botschaftern", die das Thema weiter in die Teams tragen.
Zu den Inhalten eines Resilienz-Trainings auf der Grundstufe könnten z. B. folgende Themen zählen:
- Konzept der Resilienz und Resilienzfaktoren kennenlernen;
- Bewertungen hinterfragen – Krisen als Chancen sehen;
- eigene Stressbewältigungskompetenz stärken;
- eigene Kräfte und Energien erhalten und stärken;
- bestehende Netzwerke analysieren und deren Weiterentwicklung planen;
- Problemlösungstechniken kennenlernen und Lösungsorientierung als Einstellung und Handlungsmaxime fördern;
- Handlungsplan zur Förderung der eigenen Resilienz in der Zeit nach dem Training entwickeln.
5.2 Resilienzförderung für Führungskräfte
Wie immer haben natürlich auch beim Thema Resilienz die Führungskräfte eine Schlüsselrolle. Sie sollten nicht nur möglichst selbst über eine ausgeprägte Widerstandsfähigkeit verfügen, sondern diese auch bei den Beschäftigten erkennen und fördern können. Außerdem können sie i. S. der organisationalen Resilienz auch die Resilienz ganzer Teams und des gesamten Unternehmens mit stärken.
Mitfühlendes Führen
Gerade in Krisensituationen und in Notfällen ist das praktische Führungshandeln von großer Wichtigkeit. Ein wirklich mitfühlendes Führen kann sowohl für die einzelnen Mitarbeiter, als auch für die Organisation als Ganzes die Bewältigung von schwierigen Zeiten erleichtern. Dazu gehört besonders die persönliche Anwesenheit, das Zeigen der eigenen Betroffenheit, das echte Interesse am Befinden der Belegschaft. Sehr wichtig können auch symbolische Gesten und öffentliche Stellungnahmen sein, z. B. das Einlegen einer Schweigeminute nach einem Todesfall.
5.3 Resilienzförderung für Teams
Auch Teams können gemeinsam an ihrer kollektiven Resilienz arbeiten. Dazu eignen sich Workshops, an denen alle Team-Mitglieder teilnehmen. Je nach Bedarf können z. B. die Stärken und Schwächen des gesamten Teams (nicht der einzelnen Mitarbeiter!) bewusst gemacht werden, um danach mögliche Risiken zu reduzieren und gemeinsame Kraftquellen aufzubauen. Es können für die erarbeiteten Krisenszenarien, die das Team betreffen und schwächen könnten, Aktionspläne entwickelt werden. Ganz wichtig ist hier auch die Stärkung der Kontakte und des Zusammenhalts untereinander (Abb. 5). Gerade in Krisenzeiten muss man sich aufeinander verlassen können und füreinander einstehen.
Abb. 5: Förderung des Zusammenhalts im Team
Auch zur gemeinsamen Verarbeitung der Corona-Krise bieten sich Workshops für das gesamte Team an. Alle Teammitglieder wird die Pandemie sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich ...