Rz. 97

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 16 können Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden, wenn die Produktionsunterbrechung zu einer Zerstörung oder erheblichen Beschädigung der Produktionseinrichtungen führen würde. Der Ausnahmetatbestand gilt sowohl für die diskontinuierliche als auch die kontinuierliche Sonntagsarbeit.

Es handelt sich dabei um eine Auffangregelung, mit der die technisch bedingten Ausnahmen abgedeckt werden sollen, die früher aufgrund des § 105d GewO in der zwischenzeitlich aufgehobenen Bekanntmachung betreffend Ausnahmen von dem Verbot der Sonntagsarbeit in Gewerbebetrieben vom 5. 2. 1895 zugelassen waren oder in der Zukunft noch erforderlich werden und nicht von der Ausnahme der Nr. 15 erfasst werden.

 

Rz. 98

Unter Produktionseinrichtungen versteht man alle Produktionsmittel oder Produktionsanlagen, mit denen Produkte aller Art hergestellt werden. Hierzu zählen z. B. Maschinen, Fertigungsstraßen, Werkzeuge oder Öfen.

 

Rz. 99

Eine Zerstörung ist gegeben, wenn die Anlage aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht mehr wiederhergestellt werden kann. Das ist sowohl der Fall, wenn diese wegen der Arbeitsunterbrechung an Sonn- und Feiertagen sofort unbrauchbar wird, als auch, wenn erst im Laufe der Zeit eine erhebliche Beschädigung hierdurch verursacht wird. Kann die Beschädigung etwa durch eine vorübergehende Absenkung der Betriebstemperatur vermieden werden, liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 16 dagegen nicht vor.

 

Rz. 100

Eine Beschädigung von Produktionseinrichtungen ist erheblich, wenn sie beim Arbeitgeber einen nicht mehr zumutbaren Reparaturaufwand auslöst, etwa aufgrund der entstehenden Kosten für die Schadensbeseitigung[1] oder die hierdurch ausgelösten Stillstandskosten. Dabei genügt der übliche Verschleiß nicht. Maßgeblich ist wieder der jeweilige Einzelfall.

 
Praxis-Beispiel

Beispiele für drohende Zerstörung/erhebliche Beschädigung[2]:

  • Zerstören der Düsen bei Ab- und Wiederanfahren der Produktionsanlagen für Glasfasern,
  • Erstarren von Flüssigglas, das zu einer Beschädigung der Fertigungsautomaten führt,
  • Ofenschäden durch Abkühlen und Aufheizen,
  • Korrosion bei einer Betriebsunterbrechung von Ölmühlen.
 

Rz. 101

Gestattet sind alle Tätigkeiten der Arbeitnehmer, um die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens zu minimieren. Dabei dürfen nur so viele Arbeitnehmer beschäftigt werden, wie dies zur Vermeidung drohender Schäden erforderlich ist.

 

Rz. 102

 
Hinweis

Für die Eisen- und Stahlindustrie[3] sowie für die Papierindustrie[4] gelten weiterhin die besonderen Verordnungen über die Ausnahmen vom Verbot der Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen.

 

Rz. 103

In Zweifelsfällen ist dem Arbeitgeber dringend anzuraten, eine verbindliche Entscheidung der Aufsichtsbehörde nach § 13 Abs. 3 Nr. 1 herbeiführen zu lassen, um das Risiko einer Fehlinterpretation mit den entsprechenden bußgeldrechtlichen Folgen zu vermeiden.

[1] MüArbR/Anzinger § 301 Rz. 38.
[2] Vgl. Anzinger/Koberski § 10 ArbZG Rz. 224 ff.
[3] VO v. 31.7.1968, BGBl. I, S. 885.
[4] VO v. 20.7.1963, BGBl. I, S. 491.

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