Rz. 11

Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf nur auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von 6 Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Der Arbeitgeber hat also darauf zu achten, dass längere Arbeitszeiten an einzelnen Werktagen durch entsprechend kürzere Arbeitszeiten an anderen Werktagen ausgeglichen werden, und zwar konkret für jeden einzelnen Arbeitnehmer.[1]

Nach § 7 Abs. 2a ArbZG kann jedoch in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung Abweichendes vereinbart werden. Zu Recht wird in der Literatur[2] darauf hingewiesen, dass es für die Unternehmen wesentlich praktikabler gewesen wäre, bei der Entstehung der Ausgleichspflicht nicht auf die werktägliche Arbeitszeit abzustellen, sondern vielmehr von der wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden auszugehen, weil bei den tariflichen Wochenarbeitszeiten in diesem Fall viele Ausgleichspflichten von vornherein gar nicht entstehen würden.[3] Den Tarifpartnern sollten über die derzeit eng definierten Ausnahmen hinaus größere Spielräume gegeben werden, die Arbeitszeit nach den Erfordernissen im Betrieb, aber auch nach den Wünschen der Arbeitnehmer flexibel zu gestalten.

[1] Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, 4. Aufl. 2020, § 3 ArbZG, Rz. 26.
[2] Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, 4. Aufl. 2020, § 3 ArbZG, Rz. 26.
[3] Vgl. zu tariflichen Ausgleichszeiträumen auch Buschmann/Ulber, ArbZG, 8. Aufl. 2015, § 3 ArbZG, Rz. 14.

3.2.1 Mögliche Ausgleichszeiträume

 

Rz. 12

Der Arbeitgeber hat ein Wahlrecht, ob er im Rahmen individual- bzw. kollektivrechtlicher Regelungen und aufgrund seines Weisungsrechts einen Ausgleichszeitraum von 6 Kalendermonaten oder von 24 Wochen festlegen will.[1]

 

Rz. 13

Im Hinblick auf den Ausgleichszeitraum von 6 Kalendermonaten ist umstritten, ob es sich um Kalendermonate handelt[2] oder um Zeitmonate i. S. d. § 188 BGB.[3] Letztere Auffassung argumentiert, dass dem Gesetzgeber ein Formulierungsfehler unterlaufen sei und im Gesetzgebungsverfahren die Begriffe "Kalendermonat" und "Monat" synonym verwendet worden seien. Angesichts des klaren Wortlauts der Norm ist jedoch der Auffassung zu folgen, wonach es sich um Kalendermonate handelt. Somit beginnt der Ausgleichszeitraum immer mit dem Ersten eines Kalendermonats und endet 6 Monate später.[4] Die Kalendermonate müssen zusammenliegen (vgl. den Wortlaut "innerhalb von 6 Kalendermonaten"), weitere Vorgaben sind nicht zu beachten.

 

Rz. 14

Der Ausgleichszeitraum von 24 Wochen stellt nach dem Wortlaut nicht auf Kalenderwochen ab, sodass eine solche Woche auch ein anderer Zeitraum von 7 aufeinanderfolgenden Tagen sein kann.[5] Auch die 24 Wochen müssen nach dem Wortlaut der Norm zusammenhängend sein, für die Berechnung des Ausgleichszeitraums gilt § 188 Abs. 2 BGB.

 

Rz. 15

Der Arbeitgeber ist nicht an den höchstzulässigen Ausgleichszeitraum gebunden, sondern kann auch einen kürzeren Zeitraum wählen.[6] Ein längerer Ausgleichszeitraum ist nur im Rahmen des § 7 Abs. 1 Nr. 1b i. V. m. Abs. 8 ArbZG möglich.

 

Rz. 16

Ein Wechsel von einem Ausgleichszeitraum zu einem anderen ist möglich und setzt nicht voraus, dass der erste Ausgleichszeitraum bereits abgelaufen ist.[7] Erforderlich ist nur, dass die Verlängerung der Arbeitszeit vor dem Wechsel zu einem anderen Ausgleichszeitraum voll ausgeglichen wurde. Auch wird das in einem Ausgleichszeitraum nicht verbrauchte gesetzlich zulässige Arbeitszeitvolumen (vorbehaltlich der Möglichkeit nach § 7 Abs. 1 Nr. 1b ArbZG) nicht auf den nächsten Ausgleichszeitraum übertragen.[8]

[1] Schliemann, ArbZG, 4. Aufl. 2020, § 3 ArbZG, Rz. 76; vgl. zu der Frage, ob die Ausgleichszeiträume des ArbZG im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie (RL 2003/88/EG v. 4.11.2003) stehen, ausführlich (und dies wie Schliemann, aaO., Rz. 32 ff., verneinend) ErfK/Roloff, 23. Aufl. 2023, § 3 ArbZG, Rz. 4; ebenso Buschmann/Ulber, ArbZG, 8. Aufl. 2015, § 3 ArbZG, Rz. 16; a. A. Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, 4. Aufl. 2020, § 3 ArbZG, Rz. 8.
[2] So etwa ErfK/Roloff, 23. Aufl. 2023, § 3 ArbZG, Rz. 3; Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, 4. Aufl. 2020, § 3 ArbZG, Rz. 28.
[3] So Schliemann, ArbZG, 4. Aufl. 2020, § 3 ArbZG, Rz. 34 ff.
[4] Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, 4. Aufl. 2020, § 3 ArbZG, Rz. 29.
[5] Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, 4. Aufl. 2020, § 3 ArbZG, Rz. 30.
[6] ErfK/Roloff, 23. Aufl. 2023, § 3 ArbZG, Rz. 5.
[7] Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, 4. Aufl. 2020, § 3 ArbZG, Rz. 32.
[8] Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, 4. Aufl. 2020, § 3 ArbZG, Rz. 46.

3.2.2 Durchführung des Arbeitszeitausgleichs

 

Rz. 17

Nach dem Wortlaut des Gesetzes darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer von 8 Stunden innerhalb des Ausgleichszeitraums von 6 Kalendermonaten bzw. 24 Wochen im Durchschnitt nicht überschritten werden. Weitere Vorgaben im Hinblick darauf, wie dieser Durchschnittswert erreicht wird, enthält das Gesetz nicht.

Umstritten ist gleichwohl, ob der Ausgleich der längeren Arbeitszeit immer nur im Nachhinein erfolgen darf[1] oder ob ein Ausgleich auch dadurch erfolgen dar...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge