3.2.1 Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt
3.2.1.1 Wohnsitz
Rz. 15
Abgrenzungsmerkmal für die verschiedenen Arten der persönlichen Steuerpflicht sind grundsätzlich die Belegenheit von Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt.
Nach § 8 AO hat eine Person ihren Wohnsitz dort, wo sie ihre Wohnung u. U. innehat, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen wird.
Ob ein Wohnsitz vorliegt, ist nach den tatsächlichen objektiven Verhältnissen und Umständen im jeweiligen Vz maßgeblich. Der Wohnsitz muss zudem vom Stpfl. zu einer entsprechenden Nutzung , d. h. für einen jederzeitigen Wohnaufenthalt bestimmt sein. Im Allgemeinen besteht eine widerlegbare Vermutung, dass ein nicht dauernd getrennt lebender Ehepartner seinen Wohnsitz dort hat, wo sich seine Familie befindet. Bei entsprechenden tatsächlichen Umständen sind hiervon im Einzelfall jedoch Ausnahmen möglich. Ein inländischer (Familien-)Wohnsitz des im Ausland arbeitenden und dort wohnenden Ehepartners besteht jedoch nicht fort, wenn der andere Ehepartner mit dem gemeinsamen Kind vor oder während des Auslandsaufenthalts in eine kleinere inländische Wohnung umzieht, in die der im Ausland arbeitende Ehepartner im Fall seiner Rückkehr mit seiner Familie nicht dauerhaft leben würde. Eine Person kann mehrere Wohnsitze haben, die im Inland und/oder Ausland belegen sein können. Der Wohnsitz muss nicht Mittelpunkt der Lebensinteressen sein. Es reicht aus, wenn dieser mit einer gewissen Regelmäßigkeit, wenn auch in größeren Zeitabständen, aufgesucht wird. D. h., die Wohnung muss dem Inhaber jederzeit als Aufenthalt zur Verfügung stehen und dazu subjektiv von ihm auch dazu bestimmt sein. Bei der Beurteilung darüber, ob der Wohnsitz für eine bestimmte Dauer zur Verfügung steht, kann auf § 9 S. 2 AO zurückgegriffen werden. Steht fest, dass der Stpfl. seinen Aufenthalt auf weniger als sechs Monate ausgerichtet hat, begründet er keinen Wohnsitz. Nicht ausreichend ist ein Innehaben allein zu Besuchs- oder Erholungszwecken, d. h. ein reines Aufenthaltnehmen.
Im Gegensatz zum Wohnsitzbegriff in §§ 7, 8 BGB stellt der steuerliche Wohnsitzbegriff nicht auf einen Willensakt, sondern auf die tatsächliche wirtschaftliche Gestaltung der Verhältnisse ab. Im Zweifelsfall sind allerdings auch die Absichten der Person für die Beurteilung heranzuziehen. Der Stpfl. muss jedenfalls ein Verfügungsrecht über die Wohnung in dem Sinne besitzen, dass er jederzeit tatsächlich über die Wohnung zu Wohnzwecken verfügen kann. Damit muss auch ein abgeleitetes Verfügungsrecht ausreichen. Ein angemietetes Zimmer kann nur dann der Wohnsitz einer natürlichen Person i. S. d. § 8 AO sein, wenn es sich hierbei um eine auf Dauer zum Bewohnen geeignete Räumlichkeit handelt, die der Betreffende – wenn auch in größeren Zeitabständen – mit einer gewissen Regelmäßigkeit tatsächlich zu Wohnzwecken nutzt.
Sind die Voraussetzungen des § 8 AO erfüllt, ist auch ein entgegenstehender rechtlicher oder natürlicher Wille des Stpfl. oder seines gesetzlichen Vertreters ohne Bedeutung; er hat dann einen Wohnsitz. Da ein natürlicher Wille genügt, kann auch ein Minderjähriger ohne oder gegen den Willen seines gesetzlichen Vertreters einen Wohnsitz begründen, während § 8 BGB dies ausschließt.
Der in Doppelbesteuerungsabkommen verwendete Begriff des Wohnsitzes ist nicht mit dem in § 8 AO identisch. Die Frage der persönlichen Steuerpflicht ist dabei aus § 8 AO zu beantworten; sind dann die Regeln eines DBA anzuwenden, gilt für die Abgrenzung der Besteuerungsrechte die Definition des Wohnsitzes nach dem jeweiligen DBA.
Rz. 16
Eine Wohnung sind Räumlichkeiten, die zum Wohnen auf Dauer geeignet sind. Größe und Ausstattung der Wohnung, Möblierung mit eigenen und fremden Möbeln sind ohne Bedeutung. Innehaben der Wohnung bedeutet, dass der Stpfl. die Verfügungsbefugnis über die Räume ausübt. Das Merkmal des Innehabens dient hierbei der Abgrenzung zu Gelegenheiten, in denen nur vorübergehend übernachtet wird.
Neben Einfamilienhäusern, Eigentums- und Mietwohnungen können auf Dauer gemietete möblierte Zimmer, auf Dauer gemietete Hotel- und Pensionswohnungen, Barackenunterkünfte, Wochenend- und Ferienhäuser Wohnungen sein. Bloße Übernachtungsmöglichkeiten, z. B. bei Bekannten und Verwandten, in Geschäftsräumen oder Hotelzimmern sowie die Zelle in einer Untersuchungs- oder Vollzugshaftanstalt, sind keine Wohnungen, ebenso nicht eine Schlafstelle im Betrieb, die ein Unternehmer gelegentlich zum Übernachten benutzt. Entsprechendes gilt für Räume, die nur für ungewisse Fälle (Notfälle, Durchreise) zur Benutzung bereitstehen oder sog. Standby-Wohnungen, die z. B. von Piloten zusammen mit anderen Berufsangehörigen für die Ausübung ihrer nichtselbstständigen Tätigkeit genutzt werden.
Rz. 17
Bei objektiver Betrachtung müssen die äußeren Umstände des Innehabens der Wohnung auf eine Beibehaltung und Nutzung durch den Inhaber der Wohnung schließen lassen; auf eine Absicht kommt es dabei nicht an. Die Nutzung durch Familie...