2.2.3.1 Hoheitliche Zwangsverhältnisse

 

Rz. 38

Die Norm des § 19 EStG setzt weder den Begriff des Arbeitnehmers noch die Freiwilligkeit der Tätigkeit voraus. Strafgefangene können daher Einkünfte gem. § 19 EStG erzielen, wenn sie in einem freien Beschäftigungsverhältnis arbeiten (§ 39 StVollzG) oder ihnen Arbeit zugewiesen wird (§ 37 StVollzG). Bezüge von Wehr- und Zivildienstpflichtigen sind nach § 3 Nr. 5 EStG steuerbefreit (§ 3 Nr. 5 EStG Rz. 5). Ehemalige Zwangsarbeiter erhalten ihre Entschädigung außerhalb des Einkommensteuerrechts.[1]

2.2.3.2 Auszubildende

 

Rz. 39

Auszubildende, die in einem Dienstverhältnis zu ihrem Ausbilder stehen, beziehen ihre Ausbildungsvergütungen oder Unterhaltszuschüsse als lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn und sind auch berechtigt, Werbungskosten abzuziehen, ohne auf einen Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG angewiesen zu sein. Hierzu zählen insbesondere Lehrlinge[1], Rechtsreferendare[2], Studenten bzw. Rechtspraktikanten der einstufigen Juristenausbildung[3] sowie Offiziersanwärter.[4]

2.2.3.3 Nebentätigkeit

 

Rz. 40

Ein Arbeitnehmer kann mehrere Arbeitsverhältnisse mit verschiedenen Arbeitgebern unterhalten. Mehrfacharbeitsverhältnisse sind jeweils für sich zu beurteilen. Ein Arbeitnehmer kann aber auch für ein und denselben Arbeitgeber neben seiner Haupttätigkeit noch weitere Arbeitsleistungen als Nebenleistungen erbringen. Auch in einem solchen Fall gilt der Grundsatz der selbstständigen Beurteilung jeder Tätigkeit. Eine Nebentätigkeit kann selbstständig oder unselbstständig ausgeübt werden. Es gelten auch hier die allgemeinen Abgrenzungsmerkmale des § 1 Abs. 1 und 2 LStDV, wie sie in Rz. 23ff. im Einzelnen aufgeführt worden sind (R 19.2 LStR 20159; H 19.2 LStH 2019). Eine nebenberufliche Tätigkeit als Übungsleiter, Ausbilder oder Erzieher kann nach § 3 Nr. 26 EStG steuerfrei sein, gleichgültig, ob sie unselbstständig oder selbstständig ausgeübt wird (§ 3 Nr. 26 EStG Rz. 15ff.). Für die Qualifizierung einer Nebentätigkeit als selbstständige oder als unselbstständige ist davon auszugehen, dass jede einzelne Tätigkeit für sich und nach ihrer Eigenart zu beurteilen ist, gleichgültig, ob dabei im Rahmen der Haupttätigkeit erworbenes Wissen und Können eingesetzt wird (H 19.2 LStR 2019).[1] Der BFH hat die Abfärbe- oder Ausflusstheorie aufgegeben.[2] Ein Arbeitnehmer kann auch für seinen Arbeitgeber eine Nebentätigkeit selbstständig erbringen. Eine Ausnahme hiervon hat die Rspr. dann gemacht, wenn die Haupt- und die Nebentätigkeit unmittelbar miteinander zusammenhängen, etwa wenn die Art der Tätigkeit und die organisatorischen Bedingungen gleichartig sind.[3]

 

Rz. 41

Eine Ausnahme von dem Grundsatz der getrennten Betrachtungsweise gilt, wenn die Einkünfte aus der Nebentätigkeit ebenfalls vom Arbeitgeber der Haupttätigkeit stammen und beide Tätigkeiten unmittelbar miteinander zusammenhängen. Ein solcher Zusammenhang liegt z. B. vor, wenn ein Lehrer neben seinem Pflichtunterricht auch noch freiwillig Unterrichtsstunden an derselben Schule oder einer benachbarten Schule gleicher Art erteilt.[4] Hingegen kann eine selbstständige Tätigkeit gegeben sein, wenn der Arbeitnehmer seine während seiner nichtselbstständigen Arbeit erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten außerhalb der vereinbarten Dienstzeit und frei von Weisungen des Arbeitgebers verwertet.[5]

 

Rz. 42

Als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit hat die Rspr. Vergütungen eingeordnet, die ein unselbstständig tätiger Oberarzt vom Klinikdirektor für die Mitarbeit bei der Behandlung von Privatpatienten erhält.[6] Ein Chefarzt wird insoweit selbstständig tätig, als er mit eigenem Liquidationsrecht Privatpatienten ambulant behandelt, hingegen insoweit unselbstständig, als er wahlärztliche Leistungen im Rahmen einer stationären Behandlung erbringt.[7] Als freiberufliche Tätigkeit wird hingegen die Erstellung von Gutachten in Nebentätigkeit durch angestellte Ärzte im eigenen Namen in OFD Stuttgart v. 30.7.1982, StEK EStG, § 18 Nr. 117 angesehen (anders bei der Erstattung der Gutachten im Namen der Klinik). Bei hauptberuflichen Kreditsachbearbeitern, Anlageberatern und Kundenberatern mit direktem Kundenkontakt sind sämtliche Provisionszahlungen Arbeitslohn, gleichgültig, ob sie Vertragsabschlüsse während der Arbeits- oder der Freizeit vermitteln.[8]

 

Rz. 43

Bei der Beurteilung der Tätigkeit eines Schwarzarbeiters hat der BFH nach dem Grundsatz, dass eine Nebentätigkeit grundsätzlich nach ihrer Art und unabhängig von der Art der Haupttätigkeit zu qualifizieren ist, auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt.[9] Im Urteilsfall waren die schwarz arbeitenden Bauhandwerker – vergleichbar einem Bauunternehmer – nicht in den Organismus des Auftraggebers eingegliedert, trugen ein Unternehmerrisiko und waren infolgedessen selbstständig tätig.

 

Rz. 44

Nebenberuflich...

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