Rz. 111b
§ 19 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 EStG stellt klar, dass freiwillige Beiträge und laufende Zuwendungen des Arbeitgebers aus einem bestehenden Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung Arbeitslohn sind. Das sagt jedoch noch nichts über ihre Steuerpflicht aus. § 3 Nr. 63 und Nr. 66 EStG sehen Steuerfreistellungen für freiwillige betriebliche Versorgungsleistungen vor. Mit der Einführung der nachgelagerten Besteuerung von Versicherungsleistungen wird die Besteuerung der Beiträge als Lohnzufluss durch die Besteuerung der Versicherungsleistungen ersetzt. Als Ausnahme von § 3 Nr. 63 EStG unterliegen jedoch umlagefinanzierte Versorgungsbeiträge (z. B. die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst) der vorgelagerten Besteuerung und sind pauschalierbar. Um hier eine von der Verwaltung angenommene Besteuerungslücke zu schließen, hat der Gesetzgeber eine Fiktion von Sonderzahlungen an umlagefinanzierte Versorgungssysteme als Arbeitslohn in § 19 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 EStG und deren Pauschalierung durch den Arbeitgeber in § 40b Abs. 4 und 5 EStG eingefügt. Die Finanzverwaltung hat den Begriff der nicht stpfl. Sonderzahlungen des Arbeitgebers hinsichtlich ihrer Zweckrichtung weiter konkretisiert, z. B. hinsichtlich Sonderzahlungen aufgrund von Kapitalmarkteinbrüchen, des Anstiegs von Invaliditätsfällen, unvorhersehbare Verlusten, gestiegener Lebenserwartung sowie eines Niedrigzinsumfelds. Die Leistungen, die auf pauschal oder individuell besteuerten Beiträgen beruhen, werden wie bisher mit dem niedrigen Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) und Nr. 5 Buchst. a) EStG besteuert.
Rz. 111c
Der durch das Jahressteuergesetz 2007 mit Wirkung v. 23.8.2006 eingefügte § 19 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 EStG enthält eine gesetzliche Fiktion eines Arbeitslohns. Der Arbeitgeber hat die ESt hierauf nach § 40b Abs. 4 und 5 EStG mit 15 % zu pauschalieren und selbst zu tragen. Als Arbeitslohn gelten Sonderzahlungen des Arbeitgebers an eine Pensionskasse anlässlich seines Ausscheidens aus einer nicht kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung oder anlässlich seines Wechsels von einer umlagefinanzierte Versorgungseinrichtung in eine andere umlagefinanzierte Versorgungseinrichtung. Derartige Sonderzahlungen gelten jedoch nur insoweit als Arbeitslohn, als die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach dem Wechsel die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt des Wechsels übersteigt.
Rz. 111d
Zweck der fiktiven Ausweitung des Begriffs des Arbeitslohns ist es, bei einem umlagefinanzierten Versorgungssystem – als Ausnahme von dem Prinzip der nachgelagerten Besteuerung – alle Leistungen in der Ansparphase zu besteuern und Versorgungsleistungen nur mit dem Ertragsanteil zu besteuern. Da der Arbeitgeber die Sonderzahlung letztlich selbst ausgelöst habe, werden ihm die Pauschalsteuern von 15 % auferlegt. § 19 Abs. 1 Nr. 3 EStG ist eine gesetzgeberische Reaktion auf ein Nichtanwendungsgesetz auf die bisherige Rspr. des BFH, der derartige Sonderzahlungen nicht als Arbeitslohn beurteilt hatte. Der BFH hat die Sonderzahlungen als Arbeitslohn beurteilt. Ein Arbeitnehmer könne sie als Frucht seiner Arbeitsleitung ansehen; denn ihm werde dadurch nichts zugewendet, was er sich nicht schon zuvor erdient hätte und für dessen Sicherung der Arbeitgeber die eigenverantwortliche Verantwortung trage.
Rz. 111e
Dementsprechend wird der neue § 19 Abs. 1 Nr. 3 EStG in der Literatur als verfassungswidrig kritisiert. Es handele sich um eine verdeckte Verkehrsteuer, die den Arbeitgeber mit 15 % für den von ihm in seinem eigenen Interesse veranlassten Wechsel des Versorgungssystems belaste. Der Gesetzgeber habe diese Verkehrsteuer als pauschale ESt getarnt. § 19 Abs. 1 Nr. 3 EStG ist nicht nur wegen seiner Systemwidrigkeit verfassungswidrig, sondern verstößt auch steuerverschärfend gegen das Rückwirkungsverbot, soweit er auch vor dem 23.8.2006 vereinbarte, aber auch danach geleistete Sonderzahlungen erfasst. Der BFH hat die Frage der Verfassungswidrigkeit dem BVerfG vorgelegt.
Rz. 111f
Der Gesetzgeber hat von der gesetzlichen Arbeitslohnfiktion ausgenommen und es bei der bisherigen Rspr. des BFH belassen, soweit der Arbeitgeber Zahlungen zur Erfüllung von Solvabilitätsvorschriften leistet, außerdem soweit der Arbeitgeber Sanierungsgelder anlässlich der Systemumstellung von einer umlagefinanzierten zu einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung leistet. Sanierungsgelder sind in § 19 Abs. 1 Nr. 3 S. 4 EStG definiert. Der Gesetzgeber hat die Ausnahmen im Hinblick auf die finanziellen Mehrbelastungen vorgesehen, die ausschließlich öffentliche und kirchliche Haushalte zu tragen gehabt hätten.
Leistungen des Arbeitgebers zur Erfüllung der Solvabilitätsvorschriften nach §§ 53c und 114 VAG haben nach § 19 Abs. S. 1 Nr. 3 S. 2 EStG a. F. bisher generell nicht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehört. Diese LSt-B...