2.9.1 Begünstigung gemäß § 34 EStG nur bei Zusammenballung

 

Rz. 52

Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b HGB sind keine Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 Buchst. a und b EStG. Sie gehören zum laufenden, der GewSt unterliegenden Gewinn, und zwar auch dann, wenn sie mit der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs zusammenfallen.[1] Die Begünstigung der Ausgleichszahlung erfolgt also auch bei Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs nicht über §§ 16, 34 EStG, sondern nach §§ 24 Nr. 1 Buchst. c, 34 EStG, wenn sie in einem Vz – zusammengeballt – zu erfassen ist.[2] Denn das Vorliegen einer Entschädigung i. S. v. § 24 Nr. 1 EStG genügt für die Tarifbegünstigung nicht; die Außerordentlichkeit von Einkünften i. S. d. § 34 Abs. 1 und 2 EStG setzt voraus, dass diese steuerlich jeweils in einem Vz zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einnahmen eine erhöhte steuerliche Belastung entsteht, dies gilt auch für Entschädigungen i. S. d. § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG.[3] Die Zusammenballung wird jedoch praktisch meist vorliegen, weil Ausgleichszahlungen nach § 89b HGB häufig durch die Beendigung des Betriebs veranlasst sind, der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn gem. § 16 Abs. 2 EStG zwingend durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln und dabei die Ausgleichsforderung in der Schlussbilanz zu aktivieren ist. An der Zusammenballung kann es mithin nur fehlen bei Fortführung der Handelsvertretung, d. h. mehreren Zahlungen aufgrund eines Wechsels des Geschäftsherren oder einer Verkleinerung des Vertretungsbezirks, oder bei "laufenden Vorauszahlungen" auf einen künftigen Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB oder die künftige Wettbewerbsentschädigung gem. § 90a HGB.[4]

Wurde in einem Versicherungsvertretervertrag vereinbart, dass eine mit Beiträgen des Versicherungsunternehmens aufgebaute Alters- und Hinterbliebenenversorgung (Lebensversicherung) auf den Ausgleichsanspruch nach § 89b Abs. 1 und 5 HGB angerechnet werden soll, richtet sich die steuerrechtliche Behandlung einer Kapitalzahlung, die aufgrund des Lebensversicherungsvertrags nach Erreichen der Altersgrenze geleistet wird, nach den für die Einkünfte aus Kapitalvermögen geltenden Vorschriften. Der Umstand, dass die Kapitalzahlung an die Stelle des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB tritt, rechtfertigt es nicht, sie den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzuordnen.[5]

[1] BFH v. 14.6.2000, X B 97/99, BFH/NV 2001, 65; BFH v. 11.4.20212, X B 56/11, BFH/NV 2012, 1331; Daragan, DStR 2021, 1735.
[2] BFH v. 27.10.2015, X R 12/13, BFH/NV 2016, 898; Wacker, in Schmidt, EStG, 2022, § 24 EStG Rz. 44; H 24 EStH 2021.

2.9.2 Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich

 

Rz. 53

Als Sonderregelung ist § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG eng auszulegen. Die Entschädigung muss unbeschadet ihrer Bezeichnung auf § 89b HGB beruhen. Der Anspruch nach § 89b HGB setzt voraus, dass der Unternehmer nach Beendigung des Vertretervertrags aus der Geschäftsverbindung mit vom Handelsvertreter geworbenen Kunden erhebliche Vorteile hat und dem Handelsvertreter infolge der Vertragsauflösung Provisionen dieser Kunden entgehen. Tatsächlich ist die Rspr. jedoch großzügiger.

 

Rz. 54

Unter § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG fallen auch Zahlungen des Unternehmers in analoger Anwendung des § 89b HGB, z. B. Ausgleichszahlungen an Kommissionsagenten und Franchisenehmer oder Kfz-Vertragshändler[1] sowie an Versicherungsvertreter (§ 89 Buchst. b Abs. 5 HGB) und Bausparkassenvertreter (§ 92 Abs. 2 HGB). Begünstigt sind auch Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter aufgrund einer dem § 89 b HGB entsprechenden Norm ausländischen Rechts.[2] Darüber hinaus prüft die Rspr. nicht, ob ein Ausgleichsanspruch nicht gem. § 89b Abs. 3 HGB ausgeschlossen war und wendet § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG auch an, wenn das Vertragsverhältnis mit dem Geschäftsherrn auf Betreiben des Handelsvertreters beendet wurde; darüber hinaus wird auch die einvernehmliche Auswechslung des Bezirks als Beendigung des Vertragsverhältnisses angesehen.[3] Entfällt der Ausgleichsanspruch aber wegen Versorgungsleistungen des Geschäftsherrn, z. B. aus einer betrieblichen Altersversorgung, so fallen die Versorgungsleistungen nicht unter § Nr. 1 Buchst. c, sondern sind nachträgliche Einkünfte nach § 24 Nr. 2 EStG.[4]

 

Rz. 55

Schuldner des Ausgleichsanspruchs ist nur der Unternehmer. Deshalb fallen Zahlungen Dritter nicht unter § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG. Tritt ein Dritter aufgrund einer Vereinbarung zwischen Unternehmer und Handelsvertreter in das Vertragsverhältnis ein, so schließt dies gem. § 89b Abs. 3 HGB einen Ausgleichsanspruch aus. Die Zahlung des Nachfolgers fällt daher auch nicht unter § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG, soweit sie wirtschaftlich das Surrogat des ansonsten entstehenden Abfindungsanspruchs ist, stattdessen ist § 16 EStG zu prüfen. Besteht jedoch ein Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB, dann kann auch die Zahlung durch den Nachfolger des Handelsvertreters die Voraussetzungen des § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG erfüllen, wenn dieser die ...

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