Rz. 88
Für die Berechnung des besonderen Steuersatzes nach § 32b EStG sind nicht nur die positiven ausl. Einkünfte einzubeziehen, sondern auch negative ausl. Einkünfte, die sich wegen des DBA im Inland selbst nicht durch Verlustausgleich auswirken dürfen ("negativer Progressionsvorbehalt"). Damit wird der besondere, durchschnittliche Steuersatz, der auf die stpfl. Einkünfte angewendet wird, gemindert. Bei entsprechender Höhe der negativen ausl. Einkünfte kann der auf die stpfl. Einkünfte anzuwendende besondere Steuersatz dadurch auch 0 betragen.
Verluste i. d. S., die zur Anwendung des negativen Progressionsvorbehalts führen, sind auch vorab entstandene Werbungskosten oder Betriebsausgaben.
Die Nichtberücksichtigung von Vermietungsverlusten aus einer Ferienwohnung in Portugal im Rahmen des negativen Progressionvorbehalts verstößt nicht gegen EU-Recht.
Rz. 89
Erzielt der Stpfl. in den Folgejahren im Ausland Gewinne und werden, nach dem Recht des ausl. Staats, diese Gewinne durch die Verluste des Vorjahrs gemindert, die im Inland bereits dem negativen Progressionsvorbehalt unterlegen haben, so sind für den positiven Progressionsvorbehalt der Folgejahre die ausl. Einkünfte vor Abzug der Verluste zugrunde zu legen. Diese Verluste haben sich bei der Errechnung des besonderen Steuersatzes in Form des negativen Progressionsvorbehalts im Inland bereits ausgewirkt und dürfen sich daher im Folgejahr nicht nochmals durch eine Minderung des positiven Progressionsvorbehalts auswirken.
Negativer Progressionsvorbehalt bei Grundfreibetrag für Vz 2024
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Fall 1 |
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Fall 2 |
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EUR |
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EUR |
zu versteuerndes Einkommen |
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180.000 |
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180.000 |
nach einem DBA steuerfreie Einkünfte (Verlust) |
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./.100.000 |
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./. 180.000 |
der Ermittlung des besonderen Steuersatzes zugrunde zu legender Betrag |
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80.000 |
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0 |
80.000 × 0,42 = 33.600; 33.600 ./. 11.604 = 21.996 |
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Steuer hieraus |
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21.996 |
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0 |
Steuersatz |
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27,50 % |
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0 % |
zu versteuernder Einkommensbetrag |
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180.000 |
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180.000 |
Steuer unter Anwendung des besonderen Steuersatzes |
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49.500 |
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0 |
zum Vergleich: Steuer ohne Anwendung des negativen Progressionsvorbehalts |
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75.600 |
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75.600 |
Rz. 90 einstweilen frei
Rz. 91
Der Grundsatz, dass das Einkommen zu Zwecken des Progressionsvorbehalts so zu ermitteln ist, als ob die Einkünfte nicht steuerfrei wären, ist auch anzuwenden, wenn die ausl. Einkünfte im Inland unter ein Verlustabzugsverbot fallen. Da diese Verluste im Inland nicht von anderen Einkünften abgesetzt werden können, können sie auch die Progression im Wege des negativen Progressionsvorbehalts nicht mindern. Andererseits sind spätere Gewinne aus diesen Tätigkeiten solange nicht in den positiven Progressionsvorbehalt einzubeziehen, als sie mit den vorherigen negativen Einkünften nach den jeweiligen Vorschriften verrechnet werden können. Auch hinsichtlich Verlustausgleichsbeschränkung und späterer Verrechenbarkeit dieser Verluste ist das inländische Steuerrecht anzuwenden (§ 2a EStG Rz. 28).
Diese Einschränkung des negativen Progressionsvorbehalts verstößt nicht gegen das jeweilige DBA, in dem der Progressionsvorbehalt enthalten ist. Die DBA überlassen die Ausgestaltung des Progressionsvorbehalts dem nationalen Recht; der Ausschluss bestimmter (positiver oder negativer) Einkünfte berührt noch nicht den Kernbereich des Progressionsvorbehalts, sondern kann als Ausgestaltungsregelung im nationalen Recht geregelt werden.
Rz. 92
Bei den Lohn- und Einkommensersatzleistungen kann es auch zu einem "negativen" Progressionsvorbehalt kommen, wenn Leistungen, die dem positiven Progressionsvorbehalt unterlegen haben, später zurückgezahlt werden müssen. Es gilt das Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG, d. h., die Leistungen sind im Jahr des Zuflusses dem positiven, im Jahr des Abflusses dem negativen Progressionsvorbehalt zu unterwerfen (Rz. 13). Wie sich der Progressionsvorbehalt im Einzelfall auswirkt, ist dabei ohne Bedeutung. So kann der negative Progressionsvorbehalt zu einer erheblichen Steuerentlastung führen, während der positive Progressionsvorbehalt mangels stpfl. Einnahmen nicht zum Tragen gekommen war.
Im Fall der Rückzahlung der Leistungen sind sie als ersten Schritt von im gleichen Jahr zugeflossenen Leistungen der gleichen Art abzuziehen; ein sich dann ergebender positiver Saldo ist dem positiven, ein negativer Saldo dem negativen Progressionsvorbehalt zu unterwerfen.
Rz. 93
Treffen Einkünfte, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, mit negativen außerordentlichen Einkünften nach §§ 24, 34 EStG zusammen, so ist der negative Progressionsvorbehalt in vollem Umfang anzuwenden, d. h. diese negativen Einkünfte sind von den positiven besteuerten Einkünften abzuziehen und vermindern daher die Progression. Das gilt sowohl für inländische als auch für ausl. negative außerordentliche Einkünfte. Zwar werden positive ausl. außerordentliche Einkünfte nach § 32b Abs. 2 Nr. 2 EStG nur zu einem Fünftel in die Berechnung des Progressionsvorbehalts einbezogen (Rz. 61), sodass die Ansi...