5.2.1 Allgemeines

 

Rz. 84

Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ergibt sich aus seiner Überschrift, dem Adressaten und dem Tenor. Das sind hier die Bezeichnung als LSt-Haftungsbescheid, der Arbeitgeber als Haftungsschuldner, die zu entrichtende LSt-Haftungsschuld und der betreffende Zeitraum. Die erfassten Sachverhalte pflegt die Finanzverwaltung in eine Anlage zum Haftungsbescheid aufzunehmen, oder sie verweist zu diesem Zweck auf den LSt-Außenprüfungsbericht. Letzteres erscheint im Hinblick auf die Sachverhaltsbezogenheit eines LSt-Haftungsbescheids (Rz. 82) bedenklich[1], aber unschädlich. Denn zur Bestimmung des Regelungsgehalts eines Verwaltungsakts können auch seine Gründe herangezogen werden.

 

Rz. 84a

Nach einem ersten Haftungsbescheid kann das FA einen weiteren, ergänzenden Haftungsbescheid erlassen, wenn es aufgrund einer LSt-Außenprüfung einen neuen, zu einer LSt-Nachforderung führenden Lebenssachverhalt feststellt, der noch nicht Gegenstand des vorausgegangenen ersten Haftungsbescheids gewesen ist. Der Arbeitgeber kann dem nicht entgegenhalten, dass die LSt-Schuld bereits beim Erlass des ersten Haftungsbescheids bestanden habe. Denn in Bestandskraft erwächst nur der jeweilige, dem Haftungsbescheid zugrunde liegende Lebenssachverhalt (vgl. auch die nachfolgende Rz. 85).[2]

[1] Thomas, DStR 1992, 896.

5.2.2 Inhaltliche Bestimmtheit des LSt-Haftungsbescheids

 

Rz. 85

Wie jeder Verwaltungsakt muss auch ein LSt-Haftungsbescheid nach § 119 Abs. 1 AO inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Anderenfalls ist er nichtig (§ 125 Abs. 1 AO) und damit unwirksam (§ 124 Abs. 3 AO). Für die inhaltliche Bestimmtheit eines LSt-Haftungsbescheids, der nach § 191 Abs. 1 S. 2 AO schriftlich zu erteilen ist, reicht es aus, dass der Haftungsbescheid die erlassende Behörde, den Haftungsschuldner und/oder die Art der Steuer ergibt, für die der Haftungsschuldner haften soll[1], außerdem als Sammelbescheid die konkreten Sachverhalte, die zu Lohnzuflüssen geführt haben, die betroffenen Arbeitnehmer und den Zeitraum der Lohnzuflüsse bezeichnet. Es muss der zugrunde liegende Lebenssachverhalt und damit der Besteuerungstatbestand angegeben werden. Dies ist zur Bestimmung der Grenzen der Bestandskraft unabdingbare Voraussetzung.[2] Der Haftungsbescheid ist sachverhalts- und nicht wie der ESt-Bescheid zeitraumbezogen. Er berichtigt einen bestimmten Ausschnitt aus dem Regelungsinhalt der LSt-Anmeldung.[3] Hingegen ist es für seine inhaltliche Bestimmtheit nicht erforderlich, dass aus ihm hervorgeht, in welcher Höhe die nachgeforderte LSt einem bestimmten Arbeitnehmer zuzuordnen ist. Von dieser Angabe hängt die materiell-rechtliche Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids ab.[4] Sie gehört zur Begründung des Haftungsbescheids.

5.2.3 Begründung des LSt-Haftungsbescheids

 

Rz. 86

Von der inhaltlichen Bestimmtheit eines LSt-Haftungsbescheids ist seine Begründung zu unterscheiden, die spätestens in der Einspruchsentscheidung enthalten sein muss, damit der Bescheid nicht als fehlerhaft aufzuheben ist. In der Begründung muss grundsätzlich eine Aufgliederung der Haftungsschuld auf die einzelnen Arbeitnehmer erfolgen. Dies hat seinen Grund in der Akzessorietät der Haftungsschuld[1] (zur Akzessorietät Rz. 17ff.). Hingegen hat der BFH auf eine Aufgliederung des Haftungsbetrags nach LSt-Anmeldungszeiträumen verzichtet.[2] Denn es kommt maßgeblich darauf an, dass in dem LSt-Haftungsbescheid die einzelnen Sachverhalte bezeichnet werden, derentwegen der Arbeitgeber in Anspruch genommen wird[3] (zur Sachverhaltsbezogenheit eines LSt-Haftungsbescheids s. Rz. 82).

 

Rz. 87

Von dem Erfordernis der Aufgliederung des Haftungsbetrags auf die einzelnen Arbeitnehmer hat der BFH zahlreiche Ausnahmen gemacht: Er hält dies nur dann für notwendig, wenn dies möglich und für das FA zumutbar ist.[4] Das FA kann von einer Aufgliederung absehen, wenn sich aufgrund einer LSt-Außenprüfung bei vielen Arbeitnehmern meist kleine LSt-Nachforderungsbeträge infolge von im Wesentlichen gleich liegenden Sachverhalten ergeben haben.[5] Weiter hat der BFH die Ermittlung der LSt nach einem Durchschnittssatz ohne eine Aufgliederung auf die einzelnen Arbeitnehmer zugelassen, wenn der Arbeitgeber gegen die Höhe des durchschnittlichen Steuersatzes keine Einwendungen erhoben hat und von vornherein nicht beabsichtigt, bei den Arbeitnehmern Rückgriff zu nehmen.[6] Schließlich hat er auf eine Aufgliederung verzichtet, wenn ein Arbeitgeber dem FA die Namen seiner Arbeitnehmer vorenthalten hat, für deren LSt-Schulden er in Anspruch genommen worden ist.[7]

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