4.1 Bedeutung

 

Rz. 71

Nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG kommt eine Veranlagung nur in Betracht, wenn die positive Summe der um Freibeträge gekürzten einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, die nicht der LSt zu unterwerfen waren, oder die positive Summe der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte und Leistungen jeweils mehr als 410 EUR betragen haben. Liegen sie nicht über 410 EUR und ist eine Veranlagung auch aus anderen Gründen nicht durchzuführen, so bleiben die genannten Einkünfte unbesteuert. Bei einer Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 2 bis 8 EStG sind hingegen alle Einkünfte zu erfassen, auch wenn die Einkünfte, die nicht der LSt zu unterwerfen waren, nicht mehr als 410 EUR betragen. Durch den Härteausgleich nach § 46 Abs. 3 EStG soll diese Unausgewogenheit beseitigt werden.

 

Rz. 72

Bei dem für eine Amtsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG maßgeblichen Mindestbetrag von 411 EUR für die nicht der LSt zu unterwerfenden Einkünfte handelt es sich um eine Freigrenze, keinen Freibetrag.[1] Das bedeutet, dass diese Einkünfte in vollem Umfang erfasst werden, wenn sie mehr als 410 EUR betragen, während sie nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG oder § 46 Abs. 3 EStG unbesteuert bleiben, solange sie diesen Betrag nicht übersteigen. Zum Ausgleich dieses Sprungs wird durch den erweiterten Härteausgleich nach § 46 Abs. 5 EStG i. V. m. § 70 EStDV ein stufenloser Übergang zur vollen Besteuerung der nicht lohnversteuerten Einkünfte geschaffen.

 

Rz. 73

Aus Gleichbehandlungsgründen steht die Vergünstigung des § 46 Abs. 3 und 5 EStG auch Grenzgängern zu, die mit den von einem ausl. Arbeitgeber bezogenen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit im Inland unbeschränkt stpfl. sind.[2] Da die Einnahmen der Grenzgänger nicht dem LSt-Abzug unterliegen (§ 38 Abs. 1 EStG), ist eine Veranlagung in diesen Fällen nicht nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG, sondern nach § 25 Abs. 1 EStG vorzunehmen (Rz. 10). Zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung gegenüber Arbeitnehmern mit inländischen Arbeitgebern ist § 46 Abs. 3 und 5 EStG entsprechend auf Grenzgänger anzuwenden, indem die nicht dem LSt-Abzug unterliegenden Einkünfte wie lohnversteuerte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit behandelt werden.[3]

4.2 Anwendungsbereiche und Umfang des Härteausgleichs

4.2.1 Härteausgleich gem. § 46 Abs. 3 EStG

 

Rz. 74

Nach § 46 Abs. 3 EStG ist in allen Fällen der Veranlagungen nach § 46 Abs. 2 EStG ein Betrag in Höhe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, von denen ein LSt-Abzug nicht vorgenommen worden ist und die nicht nach § 32d Abs. 6 EStG der tariflichen ESt unterworfen wurden, vom Einkommen abzuziehen, wenn diese Einkünfte insgesamt nicht mehr als 410 EUR betragen. § 46 Abs. 3 EStG ist damit sowohl bei den Amtsveranlagungen (Nr. 1 bis 7) als auch bei der Antragsveranlagung (Nr. 8) anzuwenden.

4.2.2 Härteausgleich gem. § 46 Abs. 5 EStG (§ 70 EStDV)

 

Rz. 75

Der Härteausgleich gem. § 46 Abs. 5 EStG gilt lediglich für die Fälle, in denen eine Amtsveranlagung gem. § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG durchzuführen ist. Demgegenüber kommt in den Fällen, in denen der Stpfl. nur nach § 46 Abs. 2 Nr. 2 bis 8 EStG zu veranlagen ist, nur ein Härteausgleich gem. § 46 Abs. 3 EStG in Betracht. Denn in diesen Fällen belaufen sich die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, die nicht der LSt zu unterwerfen waren und die nicht nach § 32d Abs. 6 EStG der tariflichen ESt unterworfen wurden, auf höchstens 410 EUR.

 

Rz. 76

§ 46 Abs. 5 EStG verweist zur Durchführung des Härteausgleichs auf § 70 EStDV. Dieser sieht eine stufenlose Minderung des Abzugsbetrags von 409 EUR bis auf 0 EUR in dem Bereich vor, in dem sich die Einkünfte, von denen ein LSt-Abzug nicht vorgenommen worden ist und die nicht nach § 32d Abs. 6 EStG der tariflichen ESt unterworfen wurden, insgesamt auf einen Betrag zwischen 411 EUR und 820 EUR belaufen. Die Einkünfte müssen aber zur Bemessungsgrundlage für den Härteausgleich gehören (Rz. 78ff.).

4.2.3 Kein Härteausgleich beim Progressionsvorbehalt

 

Rz. 77

Ein Härteausgleich durch Abzug eines Betrags von den Einkünften oder Leistungen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, kommt nicht in Betracht (Rz. 78).

4.3 Ermittlung des Abzugsbetrags

 

Rz. 78

Der Betrag, der als Härteausgleich vom Einkommen abzuziehen ist, bemisst sich gem. § 46 Abs. 3 und 5 EStG nach den einkommensteuerpflichtigen Einkünften, von denen ein LSt-Abzug nicht vorgenommen worden ist und die nicht nach § 32d Abs. 6 EStG der tariflichen ESt unterworfen wurden. Zu diesen Einkünften gehören weder die steuerfreien Einkünfte noch die Einkünfte, die aufgrund eines DBA von der deutschen ESt freigestellt sind. Der Härteausgleich[1] ist auch nicht insoweit auf diese Einkünfte anzuwenden, als diese dem Progressionsvorbehalt unterliegen.[2]

 

Rz. 78a

Nach dem Wortlaut des § 46 Abs. 3 und 5 EStG ist für die Ermittlung des Abzugsbetrags auf die Einkünfte abzustellen, von denen ein LSt-Abzug nicht vorgenommen worden ist. Aus dem engen Zusammenhang dieser Vorschriften zu § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG ergibt sich jedoch, dass in die Bem...

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