Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
4.2.4.1 Begriff
Rz. 72
Unter Gütern in Geldeswert sind Wirtschaftsgüter aller Art zu verstehen. Anders als der Einlagebegriff gem. § 4 Abs. 1 EStG umfasst der Einnahmebegriff gem. § 8 Abs. 1 EStG aber nicht nur bilanzierungsfähige Wirtschaftsgüter, sondern darüber hinaus alle Sachleistungen und Vorteile, auch bloße Nutzungsvorteile, die einen in Geld bestimmbaren Wert (Geldeswert) besitzen.
Zu den Geldleistungen zählen auch zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten.
Rz. 72a
Schecks und Wechsel sind Güter in Geldeswert, da Forderungen gegen den Bezogenen (Angewiesenen) verbrieft werden, die nicht identisch mit Geldforderungen gegen den Aussteller sind. Schecks und Wechsel sind jedenfalls deshalb als Güter in Geldeswert i. S. v. § 8 Abs. 1 EStG anzusehen, sodass der Scheck- bzw. Wechselbetrag mit der Übergabe des Schecks bzw. Wechsels gem. § 11 Abs. 1 EStG zufließt, weil der Besitz der Scheck- bzw. Wechselurkunde für den Inhaber faktisch die Verfügungsmöglichkeit über die Summe bedeutet. Scheck und Wechsel haben mithin die Funktion von Zahlungsmitteln im bargeldlosen Zahlungsverkehr.
Rz. 73
§ 8 Abs. 2 S. 1 EStG erwähnt im Klammerzusatz als Beispiele geldwerter Güter Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge. Daraus ist jedoch nicht zu schließen, dass als geldwerte Güter nur die genannten Sachbezüge in Betracht kämen. Bereits aus § 19 Abs. 1 EStG ("Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile") und aus § 20 Abs. 3 EStG ("besondere Entgelte oder Vorteile") ergibt sich, dass der Begriff der geldwerten Güter nicht nur Sachbezüge i. e. S. umfasst, sondern dass darunter jeder Vorteil zu verstehen ist, dem im wirtschaftlichen Verkehr Geldeswert beigemessen wird (Rz. 57).
Rz. 74
Sachbezüge und sonstige Vorteile spielen insbesondere im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit eine wesentliche Rolle (§ 8 Abs. 2, 3 EStG). Wichtige Sachbezüge von Arbeitnehmern sind in den LStR ausführlich behandelt (R 8.1 LStR 2023; Rz. 250ff.).
Sachbezüge sind aber auch im Rahmen der anderen Überschuss-Einkunftsarten von Bedeutung.
Geldwerter Vorteil
- Ein Mieter führt Reparaturen an dem gemieteten Gebäude aus. Dem Vermieter fließt im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ein Vorteil zu. Hat er dem Mieter die entstandenen Aufwendungen zu ersetzen, wird die Erfassung des Zuflusses durch den Abzug entsprechender Werbungskosten ausgeglichen.
- Eine Kapitalgesellschaft überlässt ihrem beherrschenden Gesellschafter einen Pkw zur unentgeltlichen privaten Nutzung. Dem Gesellschafter fließt im Rahmen seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen ein geldwerter Vorteil zu.
- Überlässt eine AG ihren Aktionären Ferienwohnungen zur Nutzung, erzielt der Aktionär einen sonstigen Bezug i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Rz. 75 einstweilen frei
4.2.4.2 Ersparnis von Aufwendungen
Rz. 76
Einnahmen i. S. d. § 8 Abs. 1 EStG sind nur tatsächliche, nicht lediglich fiktive Wertzugänge. Die Einsparung von Ausgaben führt grundsätzlich nicht zu Einnahmen. Die Ersparnis von Aufwendungen durch eigene Leistung bleibt sowohl bei den Einnahmen als auch bei den Ausgaben unberücksichtigt. Einnahmen müssen von außen tatsächlich zufließen. Ersparte Aufwendungen können deshalb nicht zu – fiktiven – Einnahmen führen, wenn sie auf einem eigenen Verhalten des Stpfl. beruhen. Ist die Ersparnis dagegen Folge der Zuwendung von dritter Seite, liegt eine Einnahme vor; diese besteht dann nicht in den ersparten Aufwendungen, sondern im Wert des zugewandten Vorteils.
Rz. 77
Die Gewährung zinsloser Darlehen führt allerdings zu einem geldwerten (Nutzungs-)Vorteil, der als Einnahme zufließt. Die Beurteilung ist vergleichbar mit der kostenfreien Überlassung von körperlichen Gegenständen wie Wohnung oder Pkw.
Ersparte Aufwendungen
- Der Hauseigentümer führt Reparaturarbeiten an einem vermieteten Gebäude selbst aus; der Arzt behandelt sich selbst. Es liegen weder Einnahmen noch Werbungskosten vor.
- Ein Schuldner nimmt ein Darlehen auf, ohne Zinsen bezahlen zu müssen. Der Vorteil der Zinsersparnis stellt allein noch keine Einnahme dar. Anders ist dies nur, wenn die Unverzinslichkeit eine Gegenleistung des Darlehensgebers ist, die als objektive Bereicherung zu stpfl. Einkünften führt, z. B. zu Arbeitslohn, wenn die Unverzinslichkeit einen Lohnanspruch abgilt oder als zusätzlicher Arbeitslohn erscheint,...