7.1 Allgemeines

 

Rz. 83

§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 bis 7 EStG sowie ergänzend hierzu Abs. 2 bis 6 enthalten Regelungen für einzelne Werbungskostenarten, die grundsätzlich bei jeder Einkunftsart des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 bis 7 EStG auftreten können, z. T. aber auch ihrer Natur nach auf einzelne Einkunftsarten beschränkt sind. Z. T. enthält diese Vorschrift Regelungen, die sich schon aus dem Begriff der Werbungskosten ergeben und die daher nur klarstellende Funktion haben, z. T. sogar überflüssig sind; andererseits sind in dieser Vorschrift jedoch auch Erweiterungen oder Einschränkungen gegenüber dem allg. Begriff der Werbungskosten und damit konstitutive Regelungen enthalten. Nr. 1 bis 7 enthalten, wie das Wort "auch" in Abs. 1 S. 3 besagt, keine abschließende Aufzählung von Werbungskosten, sondern lediglich eine Aufzählung besonders wichtiger oder besonders regelungsbedürftiger Werbungskosten. Neben den in Nr. 1 bis 7 aufgezählten Arten von Werbungskosten sind daher noch weitere Arten denkbar. Im Folgenden werden die Nr. 1 bis 7 kommentiert, während andere wichtige Werbungskostenarten im ABC in Rz. 265 dargestellt sind.

7.2 Schuldzinsen, Renten, dauernde Lasten, Nr. 1

7.2.1 Schuldzinsen

7.2.1.1 Begriff der Schuldzinsen

 

Rz. 84

Schuldzinsen sind alle Leistungen, die für die zeitliche Überlassung des Kapitals gezahlt werden, die also nicht Tilgung der Kapitalschuld darstellen. Zinsen aufgrund der Steuergesetze (z. B. Nachzahlungs-, Aussetzungs- und Hinterziehungszinsen) können daher keine "Zinsen" i. d. S. sein, da insoweit kein "Kapital überlassen" wird.[1] Die Zinsen teilen stattdessen das Schicksal der Steuer, zu der sie erhoben werden; als Zinsen auf die ESt sind sie also nach § 12 Nr. 3 EStG nicht abzugsfähig.

Es ist ohne Bedeutung, ob die Zinszahlungen einmalig oder laufend erbracht werden.[2] Unter § 9 Abs. 1 Nr. 1 EStG fallen daher alle Leistungen, die ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach den Charakter eines Entgelts für die zeitweise Überlassung des Kapitals haben, unabhängig davon, wie die Parteien diese Leistung bezeichnen. Der Begriff der Schuldzinsen ist nicht in einem zivilrechtlichen (engen) Sinn zu verstehen, sondern weit auszulegen. Hierunter fallen sämtliche Aufwendungen zur Erlangung oder Sicherung eines Kredits. Dazu gehören auch die Nebenkosten für die Aufnahme des Darlehens, einschließlich der Geldbeschaffungskosten. Die Zweckbestimmung der Aufwendung, ein Darlehen zu erlangen oder zu sichern, ist das maßgebliche Auslegungskriterium.[3]

Nicht sofort als Werbungskosten abziehbar sind dagegen Anschaffungskosten. Zinsen sind Werbungskosten, wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise gezahlt werden, um dem Erwerber die für die Begleichung des Anschaffungspreises erforderlichen Geldmittel zu beschaffen. Dabei ist es unbeachtlich, ob der Kreditgeber ein am Anschaffungsgeschäft unbeteiligter Dritter (Bank) oder der Veräußerer ist. Zinsen sind dagegen Anschaffungskosten, wenn sie nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise dazu dienen, dem Veräußerer seine eigenen Finanzierungskosten (z. B. Baufinanzierungskosten) zu ersetzen.[4]

Zu den Schuldzinsen gehören auch:

  • Provisionen und Gebühren für ein Aval (eine Bürgschaft) zählen jedenfalls dann zu den Schuldzinsen, wenn hierdurch die Rückzahlung von Fremdkapital, das dem Schuldner zeitweise zur Nutzung überlassen wurde, gesichert wird.[5]
  • Damnum; vgl. Rz. 265 "Damnum".[6]
  • Geldbeschaffungskosten; d. h. Vermittlungsgebühren, Bereitstellungszinsen und -gebühren; Notarkosten für die Besicherung des Darlehens.[7]
  • Verwaltungskostenbeiträge an den Darlehensgeber.[8]
  • Kosten für ein sog. Projektcontrolling, wenn diese als Finanzierungskosten zu beurteilen sind, weil die Auszahlung der Darlehensraten durch die Bank davon abhängt, dass im Rahmen des Controllings für die Bank relevante Unterlagen vorbereitet und Controlling-Reports erstellt werden.[9]
  • Abschlussgebühren eines Bausparvertrags, der bestimmungsgemäß der Ablösung eines Darlehens dient, das zur Finanzierung eines der Einkunftserzielung dienenden Vermögensgegenstands eingesetzt worden ist.[10]
  • Zahlungen aufgrund einer Wertsicherungsklausel bei Kaufpreisraten.
  • Vorfälligkeitsentschädigungen können Werbungskosten sein. Vgl. Rz. 265 "Vorfälligkeitsentschädigung", wenn es sich um eine zinsgünstige Umschuldung bei Fortführung der Erwerbsgrundlage handelt.[11]
  • Ebenfalls zu den Werbungskosten können Verzugszinsen gehören. Der Schadensersatzcharakter der Verzugszinsen hindert nicht, diese als Werbungskosten einzuordnen.[12]
  • Werbungskosten können auch Zinsen für ein Darlehen sein, mit denen als Werbungskosten abziehbare Zinsen finanziert werden.[13]

Keinen Zinscharakter haben dagegen:

  • Zahlungen, die wirtschaftlich mit der Rückzahlung des Darlehensbetrags in Zusammenhang stehen. Prämien für eine Lebensversicherung, durch die der Darlehensbetrag abgelöst werden soll, sind daher auch dann keine Werbungskosten, wenn der Abschluss des Lebensversicherungsvertrags Voraussetzung für die Gewährung des Darlehens war.[14] Schuldzinsen können Werbungskosten sein, wenn der Erwerber eines Grundstücks zur Sicherung des Kaufpreises eine Risikolebensversic...

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