Rz. 84

Schuldzinsen sind alle Leistungen, die für die zeitliche Überlassung des Kapitals gezahlt werden, die also nicht Tilgung der Kapitalschuld darstellen. Zinsen aufgrund der Steuergesetze (z. B. Nachzahlungs-, Aussetzungs- und Hinterziehungszinsen) können daher keine "Zinsen" i. d. S. sein, da insoweit kein "Kapital überlassen" wird.[1] Die Zinsen teilen stattdessen das Schicksal der Steuer, zu der sie erhoben werden; als Zinsen auf die ESt sind sie also nach § 12 Nr. 3 EStG nicht abzugsfähig.

Es ist ohne Bedeutung, ob die Zinszahlungen einmalig oder laufend erbracht werden.[2] Unter § 9 Abs. 1 Nr. 1 EStG fallen daher alle Leistungen, die ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach den Charakter eines Entgelts für die zeitweise Überlassung des Kapitals haben, unabhängig davon, wie die Parteien diese Leistung bezeichnen. Der Begriff der Schuldzinsen ist nicht in einem zivilrechtlichen (engen) Sinn zu verstehen, sondern weit auszulegen. Hierunter fallen sämtliche Aufwendungen zur Erlangung oder Sicherung eines Kredits. Dazu gehören auch die Nebenkosten für die Aufnahme des Darlehens, einschließlich der Geldbeschaffungskosten. Die Zweckbestimmung der Aufwendung, ein Darlehen zu erlangen oder zu sichern, ist das maßgebliche Auslegungskriterium.[3]

Nicht sofort als Werbungskosten abziehbar sind dagegen Anschaffungskosten. Zinsen sind Werbungskosten, wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise gezahlt werden, um dem Erwerber die für die Begleichung des Anschaffungspreises erforderlichen Geldmittel zu beschaffen. Dabei ist es unbeachtlich, ob der Kreditgeber ein am Anschaffungsgeschäft unbeteiligter Dritter (Bank) oder der Veräußerer ist. Zinsen sind dagegen Anschaffungskosten, wenn sie nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise dazu dienen, dem Veräußerer seine eigenen Finanzierungskosten (z. B. Baufinanzierungskosten) zu ersetzen.[4]

Zu den Schuldzinsen gehören auch:

  • Provisionen und Gebühren für ein Aval (eine Bürgschaft) zählen jedenfalls dann zu den Schuldzinsen, wenn hierdurch die Rückzahlung von Fremdkapital, das dem Schuldner zeitweise zur Nutzung überlassen wurde, gesichert wird.[5]
  • Damnum; vgl. Rz. 265 "Damnum".[6]
  • Geldbeschaffungskosten; d. h. Vermittlungsgebühren, Bereitstellungszinsen und -gebühren; Notarkosten für die Besicherung des Darlehens.[7]
  • Verwaltungskostenbeiträge an den Darlehensgeber.[8]
  • Kosten für ein sog. Projektcontrolling, wenn diese als Finanzierungskosten zu beurteilen sind, weil die Auszahlung der Darlehensraten durch die Bank davon abhängt, dass im Rahmen des Controllings für die Bank relevante Unterlagen vorbereitet und Controlling-Reports erstellt werden.[9]
  • Abschlussgebühren eines Bausparvertrags, der bestimmungsgemäß der Ablösung eines Darlehens dient, das zur Finanzierung eines der Einkunftserzielung dienenden Vermögensgegenstands eingesetzt worden ist.[10]
  • Zahlungen aufgrund einer Wertsicherungsklausel bei Kaufpreisraten.
  • Vorfälligkeitsentschädigungen können Werbungskosten sein. Vgl. Rz. 265 "Vorfälligkeitsentschädigung", wenn es sich um eine zinsgünstige Umschuldung bei Fortführung der Erwerbsgrundlage handelt.[11]
  • Ebenfalls zu den Werbungskosten können Verzugszinsen gehören. Der Schadensersatzcharakter der Verzugszinsen hindert nicht, diese als Werbungskosten einzuordnen.[12]
  • Werbungskosten können auch Zinsen für ein Darlehen sein, mit denen als Werbungskosten abziehbare Zinsen finanziert werden.[13]

Keinen Zinscharakter haben dagegen:

  • Zahlungen, die wirtschaftlich mit der Rückzahlung des Darlehensbetrags in Zusammenhang stehen. Prämien für eine Lebensversicherung, durch die der Darlehensbetrag abgelöst werden soll, sind daher auch dann keine Werbungskosten, wenn der Abschluss des Lebensversicherungsvertrags Voraussetzung für die Gewährung des Darlehens war.[14] Schuldzinsen können Werbungskosten sein, wenn der Erwerber eines Grundstücks zur Sicherung des Kaufpreises eine Risikolebensversicherung abschließt und die Prämienzahlungen durch ein Darlehen finanziert.[15]
  • Leistungen, die für Zeiträume vor Einräumung des Besitzes und Übergang der Nutzungen und Lasten erbracht werden. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Finanzierung Aufgabe des Veräußerers; Zinszahlungen des Erwerbers haben daher den Charakter von Erstattung von Zinsaufwand des Veräußerers und sind daher Anschaffungskosten. Dagegen ist die Fälligkeit des Kaufpreises nicht maßgebend, da Zinsen regelmäßig für nicht fällige Verbindlichkeiten gezahlt werden (sonst wären nur Verzugszinsen Werbungskosten). Von dem Zeitpunkt an, zu dem die Nutzungen und Lasten des Gegenstands auf den Käufer übergehen, ist dieser veranlasst, den Kaufpreis zu finanzieren; das kann auch durch ein Hinausschieben der Fälligkeit des Kaufpreises (z. B. bis zur grundbuchrechtlichen Sicherung des Käufers) geschehen.[16] Vgl. auch Rz. 265 "Bauzeitzinsen".
  • Verluste in der Vermögenssphäre, z. B. Kursverluste bei Fremdwährungsdarlehen, Rz. 48ff.
 

Rz. 85

Zinsen und zinsähnliche Aufwendungen sind regelmäßig sofort abziehbare Werbungskosten; ein Wahlrecht, sie als Hers...

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