Dr. Stephan Pötters, Dr. Nikolaos Gazeas
Das GeschGehG wirkt sich auf den Recruitment-Prozess dahingehend aus, dass der Arbeitgeber bei nach GeschGehG unzulässigen Handlungen des "Know-how-Trägers" einer Gefahr der Mithaftung nach dem GeschGehG ausgesetzt ist, soweit die Mitteilung der Information an den Arbeitgeber nicht aufgrund arbeitsrechtlicher Rechtsprechung zu nachvertraglichen Tätigkeitsbeschränkungen zulässig ist (vgl. Nr. 3.1). Das Verhältnis zwischen nachvertraglichen Wettbewerbsverboten bzw. Verschwiegenheitsverpflichtungen einerseits und dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers an "Know-how"-Nutzung muss in einen Ausgleich gebracht werden. Dabei stellt sich die konkrete Frage, ob der Arbeitnehmer nach seinem Ausscheiden das bei seinem früheren Arbeitgeber erlangte "Know-how" nutzen darf. Zudem ist auch für den Arbeitgeber interessant, ob er über Bewerber Know-how nutzen bzw. sich verschaffen kann.
Laut § 4 Abs. 3 GeschGehG ist es verboten, dass eine Person ein Geschäftsgeheimnis erlangt, nutzt oder offenlegt, wenn sie das Geschäftsgeheimnis über eine andere Person erlangt hat und sie zum Zeitpunkt der Erlangung, Nutzung oder Offenlegung weiß oder wissen müsste, dass die andere Person das Geschäftsgeheimnis entgegen Absatz 2 genutzt oder offengelegt hat. Das OLG Frankfurt a. M. entschied, dass der bloße Empfang einer E-Mail eines Arbeitnehmers von dem neuen Arbeitgeber, die Geschäftsgeheimnisse des alten Arbeitgebers beinhaltete, noch kein "Erlangen" i. S. d. § 4 Abs. 3 GeschGehG darstelle, da ein aktives Element aufseiten des Empfängers hinzutreten müsse. Auch wenn der betreffende Arbeitnehmer später abgeworben werde, sei nicht auszuschließen, dass er die Information damals aus eigenem Antrieb an den neuen Arbeitgeber weitergeleitet habe.
Dabei ergibt sich aus § 12 GeschGehG, dass der Arbeitgeber als der Inhaber eines Unternehmens für den Verstoß gegen das Handlungsverbot durch einen Mitarbeiter verschuldensunabhängig haften kann.
Haftungsregelung für Arbeitgeber
Die Haftung des Arbeitgebers nach § 12 GeschGehG tritt verschuldensunabhängig ein, die Haftung nach § 4 Abs. 3 GeschGehG schon bei leichter (!) Fahrlässigkeit.
Da jedoch Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis vom GeschGehG unberührt bleiben, gilt weiterhin, dass alle bisher zulässigen Fragerechte des Arbeitgebers auch weiterhin zulässig sind. Eine Haftung entsteht lediglich dann, wenn gegen das GeschGehG verstoßen wird und die Handlung auch nicht nach der bisherigen arbeitsrechtlichen Rechtsprechung zulässig ist. Aus der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung lässt sich insofern die Faustregel ableiten, dass besondere Vorsicht insbesondere dann angebracht ist, wenn ein Mitarbeiter einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterliegt oder auf Unterlagen / Daten seines bisherigen Arbeitgebers zugreift. Ansonsten wurde die (Wieder-)Ansprache von Geschäftskontakten, die beim alten Arbeitgeber gepflegt wurden, als solche dagegen vom BAG für zulässig gehalten.
Bestätigung von Know-how-Trägern einholen
Vor diesem Hintergrund gilt vor allem: Lassen Sie sich bei der Einstellung insbesondere von Know-how-Trägern bestätigen, dass diese keinen (relevanten) nachvertraglichen Wettbewerbsverboten unterliegen. Weisen Sie diese im Zweifel auf Beschränkungen der Verwertung von Kenntnissen aus früheren Tätigkeiten hin.