Zusammenfassung
Ein Gestellungsvertrag nach engem Verständnis ist ein Vertrag zwischen einer geistlichen Genossenschaft (Orden, Diakonissenhaus) und einem Dritten, der zum Gegenstand hat, dass ein Mitglied der geistlichen Genossenschaft im Betrieb dieses Dritten (Krankenhaus, Schulträger, Kirchengemeinde) Arbeiten verrichtet (als Krankenschwester, Arzt, Lehrer, Gemeindeschwester, Priester), ohne mit dem Dritten ein arbeitsvertragliches Verhältnis zu begründen. Der Gestellungsvertrag nach engem Verständnis sieht regelmäßig vor, dass die Person dem Direktionsrecht des Arbeitgebers bzw. der Dienststelle unterworfen ist, bei der sie tätig ist. Die gestellte Person ist somit vertragsrechtlich kein Arbeitnehmer hat aber typischerweise zum Betriebsinhaber arbeitsrechtliche Beziehungen.
Gestellungsverträge nach weitem Verständnis legen nur Rahmenbedingungen für die Beschäftigung fest. Die einzelnen Personen schließen einen (normalen) Arbeitsvertrag mit dem Betriebsinhaber ab. Gestellungsverträge treten häufiger im Zusammenhang mit einer Privatisierung öffentlicher Arbeitgeber auf. Arbeitnehmer oder Beamte des öffentlich-rechtlich organisierten Arbeitgebers werden an den neuen privatisierten Rechtsträger gestellt.
Der Gestellungsvertrag ist ein Rechtsinstitut des Arbeitsrechts, teilweise in Landeskultusgesetzen geregelt (z. B. Art. 61 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) vom 31.5.2000).
Arbeitsrecht
1 Gestellungsvertrag und Individualarbeitsrecht
Bei einem Gestellungsvertrag nach engem Verständnis besteht für die gestellte Person kein arbeitsvertragliches Verhältnis zu dem Betriebsinhaber, der den Gestellungsvertrag mit der Stelle, die diese Person stellt, abgeschlossen hat. Der Gestellungsvertrag nach engem Verständnis sieht aber regelmäßig vor, dass die Person dem Direktionsrecht des Betriebsinhabers unterworfen ist, bei dem sie tätig ist. Die gestellte Person ist somit vertragsrechtlich kein Arbeitnehmer, hat aber typischerweise zum Betriebsinhaber arbeitsrechtliche Beziehungen.
2 Betriebsverfassungsgesetz/Abgrenzung zur Arbeitnehmerüberlassung
In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass auch in Fällen eines Gestellungsvertrags nach engem Verständnis, bei denen zwischen der gestellten Person und dem Betriebsinhaber kein Arbeitsvertrag , aber ein arbeitsrechtliches Weisungsverhältnis besteht, eine Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes in Betracht kommt. Die Ausnahme in § 5 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG, nach der Personen, deren Beschäftigung in erster Linie nicht ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist, bleibt jedenfalls zu beachten.
Bei Gestellungsverträgen nach weitem Verständnis sind auch Beamte bei den organisatorischen Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes zu berücksichtigen.Während das BAG in ständiger Rechtsprechung eine Umgehung einer Stellung als Arbeitnehmer durch die Verpflichtung, abhängige Dienste als Mitgliedschaftsbeitrag eines Vereins (DRK Schwesternschaft) zu leisten, verneint hatte, stellte das BAG mit Beschluss vom 21.2.2017 klar, dass in Anwendung der Richtlinie 2008/104/EG über Leiharbeit ein Fall der Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, wenn ein Vereinsmitglied (im Rechtsstreit ein Mitglied der DRK Schwesternschaft) in einem Betrieb vom Dritten (Klinik, mit der ein Gestellungsvertrag abgeschlossen wurde) dort nach dessen Weisung gegen Entgelt tätig ist. Ein entscheidendes Kriterium im vorliegenden Fall war die Tatsache, dass den DRK-Schwestern aufgrund der Vereinssatzung ein arbeitnehmervergleichbarer Schutz in ihrem Rechtsverhältnis zum DRK zukommt. Das BAG hat sich in seinem Urteil ausschließlich auf die Anwendung der Richtlinie 2008/104/EG über Leiharbeit bezogen und anderen arbeitsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Gestellungsverträgen keine Aussagen getroffen. Insbesondere bezieht sich das Urteil nur auf die besonderen Verhältnisse bei der Deutschen Rotes Kreuz (DRK) Schwesternschaft, womit die Bestimmungen über die Arbeitnehmerüberlassung bei diesen Gestellungsverträgen anwendbar sind.
Mittlerweile hat der Gesetzgeber aber in § 2 Abs. 4 des DRK-Gesetzes mit Wirkung zum 25.7.2017 festgelegt, dass die Regelungen des AÜG zur Überlassungshöchstdauer ausgenommen werden (§ 1 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 1b AÜG).