2.1 Krankmachendes Führungsverhalten

Wie das Wort schon sagt: Kränkungen können krank machen. Aber auch andere Verhaltensweisen von Führungskräften wirken belastend oder demotivierend auf die Mitarbeiter. Die Wirkungen sind subjektiver Natur und u. a. abhängig von der Persönlichkeitsstruktur der Beschäftigten und dem in der Vergangenheit vorherrschenden Verhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeiter.

Das Kränkungspotenzial einzelner Verhaltensweisen ist zwar sozialwissenschaftlich messbar (durch Befragung), aber nicht objektivierbar – im Gegensatz zu den Auswirkungen. Diese lassen sich z. B. erfassen in erhöhtem Blutdruck oder erhöhtem Cortisolspiegel. Allerdings lässt sich nie nachweisen, dass ein körperliches Symptom tatsächlich auf eine bestimmte Führungsverhaltensweise zurückzuführen ist. Solche Vorgänge sind multi-kausal. Abb. 3 zeigt beispielhaft psychische und körperliche Auswirkungen auf einen identischen Stimulus.

Abb. 3: Gesundheitliche Folgen des Gefühls, ignoriert zu werden[1]

 
Achtung

Vorsicht vor Vereinfachung

Im zwischenmenschlichen Bereich gibt es keine linearen Ursache-Wirkung-Zusammenhänge. Auswirkungen des Miteinanders unter Menschen sind komplexer und entziehen sich naturwissenschaftlicher Messbarkeit. Sie sind aber dennoch vorhanden.

Beispiele für – aus subjektiver Sicht der Mitarbeiter – krankmachendes Führungsverhalten sind:

  • Ignorieren (Person, Fortbildungswünsche, Berufsziele, Arbeitszeitwünsche),
  • Bloßstellen vor versammelter Mannschaft,
  • Aufgaben wieder an sich reißen, die zuvor delegiert wurden,
  • Mitarbeiterideen als eigene verkaufen,
  • negative Kritik in persönlich verletzender Form anbringen,
  • mit einem "motzigen" Gesichtsausdruck herumrennen,
  • fehlende Würdigung guter Leistungen,
  • Brechen von Versprechen, z. B. hinsichtlich Fortbildungsbewilligung,
  • Herumbrüllen,
  • ungleiche Behandlung hinsichtlich Einsatzzeiten, Arbeitsverteilung, Gehalt,
  • im Unklaren lassen (hinsichtlich Entwicklungen des Betriebs, des Arbeitsbereichs etc.).
[1] Quelle: Matyssek, Wenn der Chef krank macht, 2010, S. 27.

2.2 Gesundheitsgerechtes Führungsverhalten

Es lassen sich 6 Dimensionen gesunder Führung unterscheiden. Deren Basis ist der gesundheitsgerechte Umgang mit sich selbst ("self care"). Die Wurzeln für Fürsorglichkeit in beide Richtungen – sich selbst und den Mitarbeitern gegenüber – liegen in einer von Wertschätzung geprägten Grundhaltung. Zu erwartende Resultate sind erhöhte Produktivität, echte (statt nur physische) Anwesenheit, mehr Wohlbefinden und Gesundheit (Abb. 4).

Abb. 4: Dimensionen gesunder Führung, ihre Basis und ihre Früchte

2.2.1 Anerkennung geben

Mitarbeiterbefragungen ergeben branchen- und hierarchiestufenübergreifend, dass Beschäftigte ein Anerkennungsdefizit erleben. Führungskräfte scheinen mit anerkennenden Worten zu geizen. Das sorgt v. a. bei den Mitarbeitern für Frustration, die ihre Arbeitsinhalte als wenig motivierend erleben oder in ihrem Selbstwertgefühl stark von den Äußerungen anderer abhängig sind.

Lob durch die Führungskraft ist eine Form von Gratifikation – neben Sozialprestige, Aufstiegschancen, Qualifizierung, Verantwortung und Gehalt. Bleibt die erwartete Gratifikation aus, obwohl Menschen das Gefühl haben, sich bei der Arbeit zu verausgaben, erhöht dies u. a. ihr Risiko für die Entstehung von Herzkreislauf-Erkrankungen. Anerkennung ist folglich ein Gesundheitsfaktor.

Positives Feedback gibt Bestätigung und damit Sicherheit. Es ist also auch im Interesse der Führungskraft, dass Mitarbeiter ihre Leistung gewürdigt sehen. Neben der Anerkennung für die Leistung wollen Menschen sich aber auch als Person gesehen fühlen. Die Wertschätzung des Menschen im Mitarbeiter zeigt sich auch im Interesse, das die Führungskraft ihm entgegenbringt.

 
Praxis-Tipp

Wie man Anerkennung äußert, ohne sich anzubiedern

Führungskräfte wollen sich – genau wie Arbeitsschützer – nicht dem Verdacht aussetzen, dass sie sich beim Gegenüber einschleimen wollten. Falls das auch für Sie gilt, sollten Sie die folgenden Punkte beachten:

  • Bedanken Sie sich beim Einzelnen für seinen Einsatz! Danken ist leichter als loben.
  • Bedanken Sie sich beim gesamten Team (falls wirklich alle ihren Teil beigetragen haben).
  • Erinnern Sie den Einzelnen an Erfolge in der Vergangenheit.
  • Begründen Sie Ihre anerkennenden Worte: Warum hat die Leistung Sie beeindruckt?
  • Finden Sie positive Worte für die Leistung statt für den, der sie erbracht hat.
  • Finden Sie andere Ausdrücke als das fade "Haben Sie gut gemacht".

2.2.2 Interesse zeigen

Menschen brauchen das Gefühl, dass man sich für sie interessiert, und zwar nicht nur in ihrer Eigenschaft als Leistungserbringer, sondern als Mensch. Dies wird signalisiert durch Gespräche, die auch private Themen beinhalten können, wie z. B. Urlaub oder Freizeitaktivitäten. Falls Mitarbeiter dies nicht wünschen, kann die Führungskraft ihr Interesse zum Ausdruck bringen, indem sie sich nach dem Fortgang der Arbeit, nach besonderen Schwierigkeiten oder Erfolgserlebnissen erkundigt.

Führungskräfte sollten Überlastungssymptome bei Mitarbeitern erkennen können und bei Auffälligkeiten hinsichtlich Erscheinungsbild, Leistungs- oder Sozialverhalten das ...

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