BMF, Schreiben v. 23.4.2001, IV A 6 - S 2133 - 1/01
Zur Frage der Rückstellungen für die Verpflichtung zum Ausgleich wegen nicht zurückgegebenen Leerguts im Getränkefachgroßhandel wird nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wie folgt Stellung genommen:
Im BMF-Schreiben vom 14.3.2000 wurde zur Frage der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme als eine der Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ausführlich Stellung genommen. In diesem Zusammenhang wird nochmals aufR 31c Abs. 2 und 5 EStR verwiesen: Der Getränkefachgroßhändler muss ernsthaft damit rechnen, in Anspruch genommen zu werden.
Im Regelfall sehen die allgemeinen Lieferbedingungen vor, dass während der laufenden Geschäftsbeziehungen eine Rückgabepflicht besteht, die sich nur bei Leistungsstörungen in einem Schadensersatzanspruch umwandeln kann. Voraussetzung ist, dass ein Schadensersatzverlangen nach Fristsetzung auch tatsächlich geltend gemacht wird. Erst bei Ende der Geschäftsbeziehung ist das gesamte Leergut sofort zurückzuliefern.
Auch die Mehrzahl der zugesandten allgemeinen Lieferbedingungen sehen vor, dass die Brauereien berechtigt sind, bei Leergutrückständen statt der Rückgabe (Schadensersatz-)Zahlungen zu verlangen. Es handelt sich insoweit um eine Option der Gläubiger. Eine zwingende Inanspruchnahme ergibt sich nicht.
Bei der Rückstellungsfrage ist daher im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob der Getränkehersteller die Durchsetzung seiner Forderung tatsächlich beabsichtigt und somit eine ungewisse Verbindlichkeit vorliegt. Der Getränkefachgroßhändler als Schuldner hat dabei insbesondere auch die Erfahrungen der Vergangenheit zu beachten (vgl. hierzu auch § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe a EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002).
Ein Anhaltspunkt für die Absicht des Getränkeherstellers, seine Forderung geltend zu machen, kann – unter Berücksichtigung der Erfahrung der Vergangenheit – insbesondere die Anmahnung von überfälligem Leergut durch Zusendung oder Androhung einer Zwischenabrechnung bei gleichzeitiger Nichterfüllbarkeit des von der Brauerei für vertretbar gehaltenen Rückführungsvolumens sein.
Das BFH-Urteil vom 28.3.2000, VIII R 13/99 (BStBl 2000 II S. 612) betrifft die Frage, ob eine Rückstellung für eine privatrechtlich vereinbarte Auflage (z.B. die Entfernung eines auf dem Grundstück des Verpächters errichteten Gebäudes) auch dann zu bilden ist, wenn der Zeitpunkt der Erfüllung der Verpflichtung noch ungewiss ist. Bei der hier zu beurteilenden Rückstellungsproblematik für die Leergutrückgabe ist jedoch die Frage zu klären, ob mit einer Inanspruchnahme ernsthaft zu rechnen ist. Die obige BFH-Entscheidung ist daher nicht einschlägig.
Abschließend wird darauf hingewiesen, dass für die Beurteilung der jeweiligen steuerlichen Einzelfälle die Finanzbehörden der Länder zuständig sind. Diesen obliegt es, die im Einzelfall abgeschlossenen vertraglichen Vereinbarungen unter Berücksichtigung der oben dargestellten allgemeinen Grundsätze zu beurteilen.
Normenkette
EStG § 5