9.10.5.7.1 Alters-,Erwerbsunfähigkeitsrenten
Rz. 194
Rentenansprüche unterliegen als Sozialleistungen der Pfändbarkeit (Forderung aus Anspruch B (an Agentur für Arbeit bzw. Versicherungsträger). Dies setzt voraus, dass sich eine Rechtsbeziehung zw. dem Schuldner und dem Drittschuldner herausgebildet hat, die nach ihrem Inhalt und der Person des Drittschuldners bestimmt werden kann (BGH, NJW 2003, 3774 = Vollstreckung effektiv 2004, 62; OLG Celle, InVo 1999, 320; LG Stuttgart, InVo 2002, 514; LG Marburg, Rpfleger 1999, 33; LG Heilbronn, JurBüro 2000, 104; LG Osnabrück, InVo 1999, 24 = Rpfleger 1999, 31 = FamRZ 1999, 527; LG Bochum, JurBüro 1998, 160; LG Ravensburg, JurBüro 1998, 102; LG Dortmund, JurBüro 1998, 101; LG Wuppertal, JurBüro 1998, 100; LG Aschaffenburg, InVo 2001, 105 = JurBüro, 2001, 108; JurBüro 1997, 609; LG Heilbronn, JurBüro 1996, 157 = InVo 1996, 51; LG Bremen, Rpfleger 1996, 210; LG Köln, JurBüro 1996, 51; LG Essen, JurBüro 1995, 46; LG Bielefeld, JurBüro 1995, 47; AG Auerbach, InVo 1996, 335 m. Anm. B. Schmidt). Die Angabe der Versicherungsnummer ist zur hinreichend genauen Bestimmung der zu pfändenden Forderung nicht erforderlich (LG Heilbronn, JurBüro 2001, 268). Hat der Schuldner bei der Drittschuldnerin überhaupt kein Versicherungskonto, geht die Pfändung ins Leere. Sie ist aber deshalb nicht fehlerhaft, weil – wie auch sonst – lediglich die angebliche Forderung gepfändet wird (BGH, NJW 2006, 849; BayVGH, KKZ 2018, 154; LG Heilbronn, JurBüro 2001, 268). Ein Rechtsverhältnis liegt bereits mit der Begründung von Rentenanwartschaften vor. Auf die Anzahl der Beitragsmonate kommt es nicht an (BGH, NJW 2003, 3774), so dass Rentenansprüche grds. pfändbar sind (OLG Celle, InVo 1999, 320). Bei Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses darf die Frage, wie viele Beitragsmonate bereits entrichtet sind, nicht geprüft werden. Es wird allein die "angebliche" Forderung gepfändet. Unerheblich ist auch das Alter des Schuldners (BGH, Vollstreckung effektiv 2003, 130 = ZVI 2003, 110 = WM 2003, 548 = ZInsO 2003, 330 = MDR 2003, 525 = NJW 2003, 1457 = Rpfleger 2003, 305 = KKZ 2003, 121 = FamRZ 2003, 1010 = DGVZ 2003, 118 = JurBüro 2003, 438). Ob es später tatsächlich zur Auszahlung der Rente kommt, liegt allein in der Risikosphäre des Gläubigers.
Rz. 195
Pfändungsmuster
Forderung aus Anspruch B (an Agentur für Arbeit bzw. Versicherungsträger)
Art der Sozialleistung: Altersruhegeld/Rente
9.10.5.7.2 Rentenanwartschaften
Rz. 196
Pfändbar ist ein zukünftiger Anspruch auf Rente, d. h. die Rentenanwartschaft (Anspruch G – nicht Anspruch B!). Die Rentenanwartschaft als Stammrecht ist stets unpfändbar (BGH, Vollstreckung effektiv 2003, 130 = ZVI 2003, 110 = WM 2003, 548 = ZInsO 2003, 330 = MDR 2003, 525 = NJW 2003, 1457 = Rpfleger 2003, 305 = KKZ 2003, 121 = FamRZ 2003, 1010 = DGVZ 2003, 118 = JurBüro 2003, 438), da diese gerade keine Sozialleistung darstellt. Zahlt der Schuldner seine Rentenversicherungsbeiträge, entsteht vielmehr eine nicht pfändbare Aussicht auf ein Recht. Die Pfändung erstreckt sich daher lediglich auf den Auszahlungsbetrag als Anspruch. Hingegen wird das sozialrechtliche Grundverhältnis, aus dem sich der Einzelanspruch ergibt (sog. Stammrecht), nicht gepfändet. Da die gepfändete Forderung dem Gläubiger nur zur Einziehung überwiesen wird (§ 835 Abs. 1 ZPO), ist der Schuldner weiterhin befugt, die sich aus dem Stammrecht ergebenden Rechte auszuüben. Dazu gehört z. B., dass der Rentenantrag noch zurückgenommen werden kann, nachdem er gepfändet wurde. Damit entfallen die Ansprüche auf die Einzelleistungen und die Pfändungswirkungen. Wenn und soweit ein Antrag nur formalrechtliche (verwaltungs-verfahrensauslösende) Bedeutung hat, soll dieser mit der Pfändung übergehen, sodass auch der Pfändungsgläubiger diesen Antrag stellen kann.
Rz. 197
Gleichwohl zeigt sich in der Instanzenrechtsprechung, dass gewisse Einschränkungen in der Pfändung von zukünftigen Renten gemacht werden: Wird neben der Pfändung des zukünftigen Rentenanspruchs zugleich die Pfändung einer Rentenanwartschaft – bzgl. derselben Drittschuldner – beantragt, besteht für die letztere kein Rechtsschutzinteresse, da die Pfändung der Rentenanwartschaft ein Synonym für die Pfändung zukünftiger Rentenansprüche ist (LG Osnabrück, InVo 1999, 24). Der Auffassung, die Pfändbarkeit einer Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrente sei ausgeschlossen, wenn der Schuldner erkennbar weder erwerbs- noch berufsunfähig ist (LG Koblenz, Rpfleger 1998, 119 = JurBüro 1998, 161 m. Anm. Behr; a. A. AG Münster, JurBüro 1999, 105), ist der BGH (Vollstreckung effektiv 2004, 62) entgegengetreten. Die Pfändung unterliegt (ebenfalls) den pauschalierten Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO und zwar ohne Abschläge für Minderbedarf auch bei nicht erwerbstätigen Schuldnern wie z. B. den Kosten für die Fahrt zur Arbeit und dergleichen (BGH, InVo 2004, 151 = Rpfleger 2004, 232 = MDR 2004, 471 = KKZ 2006, 65 = NJW-RR 2004, 1439 = FamRZ 2004, 439 = WM 2004, 398 = ZVI 2004, 44). Das gilt auch für Ansprüche auf Rentenzahlungen gegen das Versorgungswerk v...