9.12.1.2.1 Zahlung der Versicherungssumme
Rz. 208
Die Versicherungssumme gibt an, welche Versicherungsleistung durch die Versicherung bei einem Versicherungsfall zu erbringen ist. Die Höhe des Betrages wird bei Vertragsschluss zwischen Versicherungsgesellschaft und Versicherungsnehmer festgelegt. Bei der kapitalbildenden Lebensversicherung wird die Versicherungssumme auch als Ablaufleistung bezeichnet, die dem Versicherungsnehmer am Ende der Laufzeit zur Verfügung steht. Bei der Lebensversicherung gibt es zwei Versicherungsfälle, in deren Rahmen es zu einer Auszahlung der Versicherungssumme kommt:
- Tod des Versicherungsnehmers: es wird die komplette vertraglich festgelegte Summe an die Hinterbliebenen ausgezahlt.
- Ablauf der Versicherung (Erlebensfall): die auszuzahlende Versicherungssumme setzt sich zusammen aus der Garantiesumme, die zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung festgeschrieben wurde und der Überschussbeteiligung.
Im Unterschied zur kapitalbildenden Lebensversicherung wird die Versicherungssumme bei einer Risikolebensversicherung nur im Todesfall des Versicherungsnehmers ausgezahlt. Es wird also kein Vermögen aufgebaut, auf das nach Ablauf der Laufzeit, beispielsweise zum Zwecke der Altersvorsorge, zurückgegriffen werden könnte.
9.12.1.2.2 Überschussbeteiligung
Rz. 209
Dem Versicherungsnehmer steht gem. § 153 VVG eine Beteiligung an dem Überschuss und an den Bewertungsreserven (Überschussbeteiligung) zu, es sei denn, die Überschussbeteiligung ist durch ausdrückliche Vereinbarung ausgeschlossen.
9.12.1.2.3 Rückkaufswert
Rz. 209a
Wird eine Versicherung, die Versicherungsschutz für ein Risiko bietet, bei dem der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers gewiss ist, durch Kündigung des Versicherungsnehmers, durch Rücktritt oder Anfechtung des Versicherers aufgehoben, hat der Versicherer den Rückkaufswert zu zahlen.
Rz. 209b
Zum Vermögen des Schuldners (Versicherungsnehmers) gehören die Ansprüche, wenn im Versicherungsvertrag ein begünstigter Dritter nicht benannt ist oder die Begünstigung eines Dritten widerrufen werden kann. Hat der Schuldner seine Rechte aus einer Lebensversicherung vor der Pfändungsmaßnahme wirksam an den Versicherer zur Sicherung eines von diesem gewährten Darlehens abgetreten, kann eine Pfändung den Anspruch nicht mehr erfassen und geht ins Leere (BGH, NJW 1987, 1703 = JR 1987, 415 m. Anm. Gerhardt; NJW 1988, 495; OLG Frankfurt/Main, InVo 2002, 114). Die Abtretung hat in diesen Fällen die Vereinigung von Forderung und Schuld zur Folge (Konfusion). Jedoch kann von einem Fortbestehen der Forderung trotz Konfusion ausgegangen werden, wenn dies der Interessenlage der Parteien entspricht. Dies wird regelmäßig der Fall sein, wenn die Lebensversicherung auch zur Altersvorsorge dient (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999, 1406). Die Pfändung wird auch nicht durch eine Rückabtretung der Forderung wirksam (OLG Frankfurt/Main, InVo 2002, 114). Die Pfändung eines Anspruchs auf den Rückkaufswert einer Lebensversicherung umfasst nicht den Anspruch des Versicherungsnehmers auf Rückabtretung seiner Forderung.
9.12.1.2.4 Widerrufsrecht
Rz. 209c
Gem. § 159 Abs. 1 VVG kann der Versicherungsnehmer ohne Zustimmung des Versicherers widerruflich einen Dritten als Bezugsberechtigten bezeichnen sowie an die Stelle des so bezeichneten Dritten einen anderen setzen. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auf Auszahlung einer Lebensversicherung und des Rechts zur Erklärung des Widerrufs einer Bezugsberechtigung enthält als staatlicher Hoheitsakt nicht die konkludente Erklärung des Widerrufs der Bezugsberechtigung. Auch mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner wird nicht zugleich schlüssig der Widerruf des bestehenden Bezugsrechts erklärt (BGH, FamRZ 2012, 444 = VersR 2012, 425 = ZfSch 2012, 340 = RuS 2012, 347; OLGR Dresden, 2007, 772; a. A OLG Köln, VersR 2002, 1544). Beim Widerruf handelt es sich um eine vom Versicherungsnehmer gegenüber dem Versicherer abzugebende empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie kann schon deshalb nicht im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss als einem vom Gericht vorgenommenen Hoheitsakt enthalten sein. Das Gericht nimmt selbst keine Ausübung derjenigen Gestaltungsrechte vor, die es pfändet und an den Gläubiger überweist. Weder gibt es Willenserklärungen für den Gläubiger ab noch übermittelt es mit seinem Beschluss im Pfändungsantrag enthaltene Willenserklärungen des Antragstellers als Bote, sondern es trifft eigenständige Anordnungen. Dabei bezieht sich die im Beschluss enthaltene Anordnung zur Überweisung gepfändeter Beträge auf ein bestimmtes Konto nur auf von der Pfändung erfasste Forderungen und betrifft ihrem Inhalt nach nicht die Ausübung sonstiger von der Pfändung erfasster und überwiesener Nebenrechte. Der dem Beschluss zugrunde liegende Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wiederum ist an das Gericht und nicht an den Versicherer gerichtet.
Wird der Anspruch auf die Versicherungsleistung gepfändet, dann geht eine bestehende Widerrufsberechtigung auf den Gläubiger als Nebenrecht aus dem Versicherungsvertragsverhältnis über. Das Widerrufs...