9.8.1.1 Hausgeld
Rz. 156
Unter Hausgeld (§ 47 StVollzG) versteht man alle Einkünfte, die der Gefangene nach den im Strafvollzugsgesetz geregelten Möglichkeiten bezieht, z. B. Arbeitsentgelt für Arbeitsleistungen in der JVA, Ausbildungsbeihilfe sowie Taschengeld. Geht er in einem freien Beschäftigungsverhältnis außerhalb der JVA seiner Berufstätigkeit nach, wird aus diesen Bezügen ein angemessenes Hausgeld festgesetzt.
Rz. 157
Die Streitfrage, ob das Hausgeld nur nach Maßgabe des entspr. anzuwendenden § 811 Abs. 1 Nr. 8 ZPO oder ob es – was wegen seiner Zweckbindung als Beitrag zum notwendigen Unterhalt des Gefangenen nahe liegt – insgesamt unpfändbar ist (OLG Schleswig, Rpfleger 1995, 29; OLG Hamm, MDR 2001, 235, jew. m. w. N.), hat der BGH (BGHZ 160, 112 = InVo 2005, 16 = Vollstreckung effektiv 2006, 79 = WM 2004, 1928 = Rpfleger 2004, 711 = NJW 2004, 3714 = JurBüro 2004, 671 = MDR 2005, 48 = ZVI 2004, 735 = KKZ 2005, 104 = FA 2004, 346 = ProzRB 2004, 324 = ZAP EN-Nr 827/2004) offengelassen. Man dürfte mit dem LG Münster (InVo 2001, 69; Rpfleger 1992, 129) von der Unpfändbarkeit des Hausgeldes ausgehen (so auch OLG Hamm, MDR 2001, 1260 = InVo 2002, 65). Auch die Auffassung, die von grundsätzlicher Pfändbarkeit unter Anwendung der Schutzbestimmungen der §§ 850 ff. ZPO ausgeht, dürfte – im Ergebnis – ebenfalls zu einer Unpfändbarkeit kommen (vgl. auch AG Freiburg i. Br., NStZ 1993, 150 mit einer ausführlichen Anmerkung von Ullenbruch, sowie Stöber, Rn. 140 m. w. N. und Behr, JurBüro 1996, 514).
9.8.1.2 Eigengeld
Rz. 157a
3/7 des Hausgeldes bildet das Eigengeld. Dieses wird einem Eigengeldkonto gutgeschrieben. Hierüber kann der Gefangene grds. frei verfügen und Einkäufe in der JVA tätigen. Das Eigengeld, das durch Gutschriften von Arbeitsentgelt gebildet wird, das der arbeitspflichtige Strafgefangene für die Ausübung der ihm zugewiesenen Arbeit erhält, ist pfändbar. Soweit das Eigengeld aus Arbeitsentgelt für eine zugewiesene Beschäftigung gebildet worden ist, finden allerdings die Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO keine Anwendung (BGH, InVo 2005, 16 = Vollstreckung effektiv 2006, 79 = WM 2004, 1928 = Rpfleger 2004, 711 = NJW 2004, 3714 = JurBüro 2004, 671 = MDR 2005, 48 = ZVI 2004, 735 = KKZ 2005, 104 = FA 2004, 346 = ProzRB 2004, 324 = ZAP EN-Nr. 827/2004; BGH, Vollstreckung effektiv 2013, 186 = WM 2013, 1752 = ZInsO 2013, 1845 = MDR 2013, 1248 = NJW 2013, 3312 = NZI 2013, 940 = ZVI 2013, 430 = Rpfleger 2014, 39 = DGVZ 2014, 14 = KKZ 2014, 60; SchlHOLG, Rpfleger 1995, 29; LG Kassel, JurBüro 2003, 217; LG Weiden, JurBüro 2000, 103; LG Detmold, Rpfleger 1999, 34; LG Hannover, Rpfleger 1995, 264; LG Berlin, Rpfleger 1992, 128).
9.8.1.3 Überbrückungsgeld
Rz. 157b
Das Überbrückungsgeld (§ 51 StVollzG des Bundes) soll den notwendigen Lebensunterhalt des inhaftierten Schuldners und den seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern. Es wird zum Zeitpunkt der Entlassung in Freiheit in bar ausbezahlt. Der Gesetzgeber will dadurch – auch zur Prävention erneuter Straffälligkeit – erreichen, dass dem Gefangenen für eine Übergangszeit, bis er Arbeitseinkommen erzielt oder ihm Sozialleistungen bewilligt werden, über die zum Leben erforderlichen Geldmittel verfügt (OLG Bamberg FS 2019, 80). Das Überbrückungsgeld wird aus den restlichen 4/7 des Arbeitsentgelts (Hausgeld) gebildet. Die Höhe des anzusparenden Überbrückungsgeldes ist festgelegt und variiert in den Ländern (zum Teil erheblich). Nach § 51 Abs. 4 Satz 1 StVollzG (Bund) ist der Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgeldes unpfändbar, um seine besondere Zweckbestimmung nicht zu vereiteln. Ausnahmen sind in § 51 Abs. 5 StVollzG (des Bundes) geregelt. Danach ist die Pfändung im Rahmen des § 850d Abs. 1 Satz 1 ZPO nur für Unterhaltsgläubiger (nicht Deliktsgläubiger) zugelassen. Dem entlassenen Strafgefangenen ist jedoch so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner sonstigen gesetzlichen Unterhaltspflichten für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf von vier Wochen seit der Entlassung benötigt. Diesen Freibetrag hat das Vollstreckungsgericht festzusetzen.
Die in den Ländern Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Berlin geltenden Landesjustizvollzugsgesetze sehen hingegen kein Überbrückungsgeld vor. Somit gilt die Pfändungsschutzregelung des § 51 StVollzG (Bund) nicht (vgl. OLG Thüringen FS 2016, 73).
9.8.1.4 Sondergeld
Rz. 157c
Nachdem die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug die Länder übertragen worden war (vgl. Rz 155), schafften einige Bundesländer die bis dahin für Gefangene bestehende Möglichkeit zum Empfang von Paketen mit Nahrungs- und Genussmitteln vor allem aus Sicherheitsgründen ab. Um diese Änderung sowie eine erweiterte Kostenbeteiligung der Gefangenen bei ihrer Gesundheitsversorgung (vgl. VerfGHE 62, 45/59 f.) zu kompensieren und Einzahlungen Dritter insoweit vor Pfändungen zu schützen, wurde länderseits das Sondergeld eingeführt (vgl. z. B. Art. 53 BayStVollzG). Damit soll Gefangenen, deren Eigengeld gepfändet wird, einerseits...