Rz. 6
Unter Urlaubsgeld ist eine Sonderzuwendung mit Gratifikationscharakter zu verstehen, die der Arbeitnehmer über sein sonstiges Einkommen hinaus vom Arbeitgeber als Zuschuss zur Ermöglichung der Erholung erhält (LAG Hamm, EzTöD 130 § 18.4 TVöD-S Nr 4; Musielak/Voit/Flockenhaus, § 850a Rn. 3 m.w.N.). Der Zweck und damit die Unpfändbarkeit aus sozialen Gründen der Leistung ist, anlässlich des Urlaubs entstehende Mehraufwendungen ganz oder teilweise abzudecken (LAG Nürnberg, ArbuR 2007, 107). Es wird aus besonderem Anlass gewährt, daher soll es auch dem Arbeitnehmer zukommen (BGH, WM 2012, 1040 = ZIP 2012, 1086 = ZInsO 2012, 970 = EBE/BGH 2012, 178 = NZI 2012, 457 = ZVI 2012, 240 = NJW-RR 2012, 825 = MDR 2012, 805 = Rpfleger 2012, 554). § 850a Nr. 2 ZPO erfasst das Urlaubsgeld, ohne dass es darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer das Geld tatsächlich in entsprechender Höhe für urlaubsbedingte Mehraufwendungen ausgibt. Die Norm grenzt Leistungen mit dieser Zwecksetzung von anderen Zwecksetzungen ab. Nur Leistungen, die zur Abdeckung von Urlaubsaufwendungen gedacht sind, sind privilegiert, nicht jedoch wegen anderer Zwecke geleistete Bezüge (es sei denn, eine andere spezielle Regelung der §§ 850a bis 850i ZPO sieht eine Unpfändbarkeit vor). Dem Tatbestandsmerkmal "Dauer" des Urlaubs kommt angesichts des eindeutigen Zwecks nur eine konkretisierende Funktion zu. Wenn Urlaubsaufwendungen (teilweise) abgedeckt werden sollen, dann ist selbstverständlich, dass diese nur für die Dauer des Urlaubs anfallen können (und nicht für einen längeren Zeitraum). Dies will Nr. 2 klarstellen. Die entscheidungserhebliche Frage, ob "Urlaubsgeld", das als fester Betrag zu einem bestimmten Fälligkeitstag bezahlt wird, unter Nr. 2 fällt, ist nicht ausdrücklich geregelt. Die Vorschrift bedarf damit der Auslegung.
Rz. 7
Die Norm ist auch dann erfüllt, wenn das Urlaubsgeld jährlich mit der Junivergütung in einer Summe bezahlt wird (LAG Nürnberg, ArbuR 2007, 107). Sie setzt keine Darlegung konkreter urlaubsbedingter Mehraufwendungen voraus. Vielmehr wird als Urlaubsgeld ein Pauschalbetrag ausgezahlt.
Rz. 8
Das zusätzlich zum Lohn gezahlte Bruttourlaubsgeld ist unpfändbar, solange es den Rahmen des "Üblichen" nicht übersteigt.Der Betrag darüber kann daher gepfändet werden. Durch die Beschränkung auf den Rahmen des Üblichen soll eine Lohnverschleierung verhindert werden (BGH, WM 2012, 1040 = ZIP 2012, 1086 = ZInsO 2012, 970 = EBE/BGH 2012, 178 = NZI 2012, 457 = ZVI 2012, 240 = NJW-RR 2012, 825 = MDR 2012, 805 = Rpfleger 2012, 554), also eine Umgehung des § 850c ZPO auf dem Weg, dass das pfändbare Einkommen zugunsten unpfändbaren Einkommens vermindert wird. Die Üblichkeit ist anhand der Verhältnisse in gleichartigen Unternehmen zu prüfen (Stöber, Rn. 986, 990; Musielak/Voit/Flockenhaus, Rn. 3). Herangezogen werden kann auch § 11 Abs. 1 BUrlG. Hiernach bemisst sich die Urlaubsvergütung nach dem durchschnittlichen Verdienst des Arbeitnehmers, den dieser in den letzten 13 Wochen vor Urlaubsantritt erzielt hat. Liegt das Urlaubsgeld über diesem durchschnittlichen Einkommen, ist der das Übliche übersteigende Betrag pfändbar. Die Grenze (von ursprünglich 500 EUR, derzeit 630 EUR; vgl. RZ 17ff.), die nach § 850a Nr. 4 ZPO gilt, ist nach der klaren gesetzlichen Beschränkung dieser Grenze auf den Sonderfall von Weihnachtsvergütungen nicht auf das Urlaubsgeld nach Nr. 2 übertragbar (BGH, WM 2012, 1040 = ZIP 2012, 1086 = ZInsO 2012, 970 = EBE/BGH 2012, 178 = NZI 2012, 457 = ZVI 2012, 240 = NJW-RR 2012, 825 = MDR 2012, 805 = Rpfleger 2012, 554). Wird wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche vollstreckt, gilt die Beschränkung nach § 850c ZPO nicht. Dem Schuldner hat jedoch mindestens die Hälfte des unpfändbaren Urlaubsgeldes zu verbleiben (§ 850d Abs. 1 ZPO).
Rz. 8a
Zu unterscheiden vom Urlaubsgeld ist der Urlaubsabgeltungsanspruch. Dieser entsteht, wenn der Urlaub aus irgendwelchen Gründen nicht genommen werden kann und deswegen als reiner Geldanspruch besteht. Der Anspruch ist vererbbar (BAG, NJW 2016, 1837; Musielak/Voit/Flockenhaus, § 850a Rn. 3). Nach h. M. unterliegt der Anspruch der vollen Pfändbarkeit (LAG Hessen, 7.9.2007 – 10 Sa 149/07 – juris; BAG, InVo 2002, 155; LG Leipzig, JurBüro 2003, 215; LG Münster, JurBüro 1999, 551). Dies gilt auch für Entgelt, das ein ArbG bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Abgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG zahlt (BAG, Beschluss vom 28.8.2001, 9 AZR 611/99, BAGE 99, 5-10).
Der Anspruch ist allerdings nur insoweit pfändbar, als er die Pfändungsfreigrenzen für den Zeitraum übersteigt, für den das Entgelt gezahlt wird. Maßgebend ist somit der Zeitraum, für den der Urlaub abgegolten wird. Dieser liegt stets nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Insofern ist der Anspruch wie eine Nachzahlung zu behandeln.
Rz. 8b
Urlaubsentgelt, d.h. der weiterbezahlte Lohn, ist gewöhnliches Arbeitseinkommen und damit pfändbar (BAG, BB 2001, 2378).