1 Allgemeines
Rz. 1
Die Norm wurde durch das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge vom 26.3.2007 (BGBl. I, S. 368) mit Wirkung zum 31.3.2007 eingefügt. § 851c ZPO steht neben der Vorschrift des § 850i ZPO (BGH, NZI 2018, 326 = ZIP 2018, 737 = NJW-RR 2018, 625 = Rpfleger 2018, 482 = NZM 2018, 867 = NJW-Spezial 2018, 311 = FoVo 2018, 114 = Vollstreckung effektiv 2018, 112). Grund dafür ist, dass § 850i ZPO durch das Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 7.7.2009 mit Wirkung ab 1.7.2010 geändert worden ist (BGBl. I 2009, S. 1707). Danach hat der Gesetzgeber den Pfändungsschutz auf "sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind", erweitert. Entgegen der alten Fassung von § 850i in der Fassung bis zum 30.6.2010 (vgl. dazu BGH, ZIP 2008, 1944) wird von der Regelung des § 850i in der fassung vom 1.7.2017 nunmehr auch jegliche nicht wiederkehrende Vergütung für persönliche Arbeiten und Dienste erfasst. Der Schuldner kann sich daher sowohl darauf berufen, dass die Einkünfte nach § 851c ZPO geschützt sind, als auch darauf, dass ihm nach § 850i ZPO so viel verbleiben muss, wie ihm bei der Pfändung fortlaufender Einkünfte aus Arbeitseinkommen verbliebe (BGH, DB 2014, 1737 = WM 2014, 1485 = ZIP 2014, 1542 = ZInsO 2014, 1609; Ahrens, ZInsO 2010, 2357, 2359). Es ist daher im Einzelfall zu prüfen, ob es sich bei § 851c ZPO im Verhältnis zu § 850i ZPO um eine abschließende Sonderregelung handelt oder ob sie einen ergänzenden Pfändungsschutz für bestimmte Einkünfte gewährt.
2 Normzweck
Rz. 2
Die durch § 850 Abs. 3b ZPO gegebene Ungleichbehandlung zwischen Selbständigen und Angestellten hat der Gesetzgeber beendet und den Pfändungsschutz auf private Vorsorgeverträge auch auf Selbständige erweitert (Stöber, NJW 2007, 1242 ff.). Durch § 851c ZPO wird eine Schutzlücke geschlossen, da bislang zwar Rentenansprüche (ehemals) abhängig Beschäftigter aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 54 Abs. 4 SGB I i. V. m. §§ 850 Abs. 1, 850c ZPO vor Pfändung geschützt, die Altersvorsorge Selbstständiger – etwa durch Versicherungsverträge – dagegen einem unbeschränkten Gläubigerzugriff ausgesetzt waren. Die Norm bezweckt somit den Schutz von Einkünften bzw. Vermögen Selbstständiger hinsichtlich deren Altersvorsorge. Somit wird das Existenzminimum des Schuldners gesichertund die Gemeinschaft von Sozialkosten entlastet. Ein uneingeschränkter Gläubigerzugriff bei Selbstständigen kann andernfalls im Einzelfall dazu führen, dass diese Personen im Alter auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind.
3 Anwendungsbereich
Rz. 3
Wegen des Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Sozialstaatsprinzip (vgl. Art 3 GG) ist der Schutzzweck auch schon für die Zeit vor In-Kraft-Treten am 31.3.2007 gegeben (AG Lemgo, ZVI 2007, 183). Der Schutz besteht für private Vorsorgeverträge (BGH, Vollstreckung effektiv 2018, 59 = DGVZ 2018, 60 = NJW 2018, 1166 = Rpfleger 2018, 278) Selbständiger, es sei denn, es werden durch eine Abtretung die Bezugsrechte der Lebensversicherung widerrufen und somit im Weiteren der versorgungsrechtliche Charakter aufgehoben (LG Dortmund, 20.1.2009, 2 O 153/08 – juris). Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten und nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes, der Alterssicherung Selbständiger dienende Vermögenswerte gegen einen schrankenlosen Vollstreckungszugriff abzuschirmen (vgl. BT-Drucks. 16/866 S. 7; BT-Drucks. 16/3844 S. 11; vgl. auch Rz. 2), ist es gerechtfertigt, § 851c Abs. 1 ZPO auch zugunsten eines Pfandgläubigers jedenfalls dann anzuwenden, wenn er im Versicherungsvertrag als versicherte Person benannt ist und die Rentenversicherung der Rückdeckung einer ihm als Gesellschafter-Geschäftsführer gegebenen Pensionszusage dient (BGH WM 2012, 1870 = ZIP 2012, 1933).
Rz. 3a
Bei der Anwendung der Regelung ist allein darauf abzustellen, ab welchem Zeitpunkt der Altervorsorgecharakter des Vertrages gesichert ist, nämlich dann, wenn die Vertragslage so gestaltet wurde, dass der Schuldner Vermögenswerte nicht mehr zweckwidrig dem Gläubigerzugriff entziehen kann (BGH, Vollstreckung effektiv 2011, 74 = MDR 2011, 128 = NJW-RR 2011, 493; OLG Stuttgart, ZInsO 2012, 281 = NZI 2012, 250 = ZVI 2012, 68 = DB 2012, 174 = Verbraucherinsolvenz aktuell 2012, 21; OLG Köln ZVI 2012, 68 = ZInsO 2012, 281 = NZI 2012, 250). Die Sicherung eines bereits angesparten Deckungskapitals für die Zwecke der Altersversorgung des Schuldners einerseits und der effektiven Unterbindung von Möglichkeiten, diese Mittel zweckwidrig dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen, ist gerade bei einem bereits angesparten erheblichen Deckungskapitals von weit größerer Bedeutung als die Sicherung des erst künftig anzusparenden Kapitalstocks. Dies gilt umso mehr, als der BGH (Vollstreckung effektiv 2011, 130 = FamRZ 2011, 1224 = ZBB 2011, 292 = VuR 2011, 316 = DB 2011, 1390 = WM 2011, 1180 = ZIP 2011, 1235 = ZInsO 2011, 1153 = MDR 2011, 813 = BetrAV 2011, 485 = VersR 2011, 1160 = Rpfleger 2011, 534 = DZWIR 2011, 388; vgl. auch Rz. 13 f.) ausdrücklich klargestellt hat, nur das angesammelte Kapital unterl...